Bis vor zwei Monaten sah es um den SV Sandhausen im Abstiegskampf der Zweiten Liga noch sehr besorgniserregend aus. Negativer Höhepunkt: Nach der 0:3-Heimpleite gegen Erzgebirge Aue war der sportliche Tiefpunkt im siebten Zweitligajahr erreicht. Am 24. Spieltag wanderte die Rote Laterne an den Hardtwald. Bei nur 17 Punkten wurde der Trainerwechsel von Kenan Kocak zu Uwe Koschinat von einigen bereits in Frage gestellt. Dem nicht genug, es folgte der Abschied von Otmar Schork als verantwortlicher Geschäftsführer Sport. Völlig überraschend dann am 10. März die sportliche Wende mit einem Sieg in Magdeburg. Von da an ging es steil aufwärts. Nach sieben ungeschlagenen Spielen und 22 Zählern in der zweiten Saisonhälfte haben sich die Schwarz-Weißen zur drittbesten Rückrunden-Mannschaft entwickelt. Doch das Abstiegsgespenst ist noch längst nicht aus dem Hardtwald vertrieben. Mit 34 Punkten und dem besseren Torverhältnis rangiert der SVS drei Spieltage vor Saisonende vier Zähler vor dem Relegationsplatz. Am Samstag geht es zu Angstgegner Heidenheim, dann kommt Bielefeld und am letzten Spieltag geht es nach Regensburg. Die Spannung bleibt bis zum Abpfif am 19. Mai, kurz nach 17.15 Uhr.
Es ist an der Zeit, in Heidenheim endlich etwas zu holen
"Die Überraschung am letzten Spieltag waren wir"
In einer super Form präsentiert sich seit Wochen Torhüter Marcel Schuhen. Er hat großen Anteil an der Erfolgsserie der Kurpfälzer. Sandhausens Nummer 1 hat sich inzwischen auch außerhalb des Hardtwalds einen Namen gemacht und wird von einigen Vereinen umworben. Der Schlussmann zur aktuellen Erfolgsserie seiner Mannschaft: "Die Serie, die wir momentan haben, auch nach Rückständen noch Siege zu holen, spricht für sich. Es ist immer gut, wenn man in so eine Art Flow reinkommt. Wichtig ist, dass wir uns etwas am Gegner orientieren aber trotzdem unsere eigene Philosophie durchziehen. Es sieht nicht immer schön aus was wir spielen, aber wir spielen mit ungeheurer Wucht und Kraft." Zur Lage im Abstiegskampf sagt der 26-Jährige: "Am vergangenen Spieltag konnte man damit rechnen, dass die Konkurrenten punkten. Für mich waren es eher wir, die für eine Überraschung mit einem Heimsieg über Kiel sorgten. "
"Auch wenn die Brust breiter wird, sollte die Nase immer unten bleiben"
Schuhen sieht den SVS aber noch längst nicht gerettet: "Die Karten sind jetzt drei Spieltage vor Saisonende wieder neu gemischt und es gibt immer weniger Punkte zu holen. Von daher ist unser kleiner Vorsprung ganz gut. Wichtig ist dabei dennoch, dass jetzt keine Überheblichkeit einkehrt, das hat man aus meiner Sicht am vorletzten Spieltag beim 2:2 in Duisburg gesehen. Nach der 2:0-Führung taten wir weniger, dann drehte sich das Spiel." Vor dem nächsten wichtigen Spiel in Heidenheim lautet seine Devise: "Klar, die Brust wird immer breiter, aber die Nase sollte immer unten bleiben. In Heidenheim wird es Zeit, dort endlich mal etwas zu holen."
"Jeder Sieg gibt mehr Selbstvertrauen"
Auch an Stürmer Andrew Wooten ist das wiedergewonnene Selbstvertrauen festzumachen. Der Deutsch-Amerikaner, der mit seinen 15 Saisontreffern einen Rekord aufstellte, sieht einen großen Unterschied zur Hinrunde: "Durch die Serie von sieben ungeschlagenen Spielen ist bei uns das Selbstvertrauen deutlich erkennbar. Wenn ich an die Hinrunde denke haben wir da bei einem 0:1-Rückstand nicht mehr so viele Punkte geholt. Wir wissen, dass wir es können, jeder Sieg uns mehr Selbstvertrauen. Während wir in der ersten Saisonhälfte des Öfteren auch etwas Pech hatten, ist jetzt das Glück auf unserer Seite. Wenn es läuft, dann läuft es."
Mit Heidenheim noch eine Rechnung offen
Auf dem Weg zum Klassenerhalt hat der 29-jährige gebürtige Bamberger noch ein weiteres persönliches Ziel: "Auch wenn wir noch nichts erreicht haben und drei Spiele zu absolvieren sind, wollen wir in Heidenheim am Samstag drei Punkte mitnehmen. Dorthin habe ich keine guten Erinnerungen. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, dass wir jemals dort gewonnen hätten. Nach dem letzten Pokalaus haben wir auf alle Fälle noch eine Rechnung offen. Auch wenn die Statistik vor dem Duell am Samstag eindeutig gegen uns spricht, wollen wir diese brechen und dort was mitnehmen."
"Für die Anderen wird es immer schwerer gegen uns zu punkten"
Mannschaftskollege Philipp Förster blickt nicht auf die nächsten Gegner, sondern ist ausschließlich auf die eigene Stärken fixiert: "Die anderen Ergebnisse auf den anderen Plätzen interessieren mich nicht, wir fokussieren uns auf uns. Wir haben es selbst in der Hand. Wenn wir unsere Spiele gewinnen, erhalten wir auch die Klasse. Für die anderen Mannschaften wird es immer schwerer gegen uns zu punkten." Für den 24-jährigen Mittelfeldspieler hat sich die Situation nach dem 3:2-Heimsieg über Kiel zwar etwas verbessert, dennoch appeliert er "bis zum Ende voll konzentriert zu bleiben".
"Hätte Heidenheim gerne einen eingeschenkt"
Försters Blick auf die nächste Aufgabe auf der Ostalb ist zwiespältig: "In Heidenheim versuchen wir erneut den Matchplan des Trainers umzusetzen, was uns zuletzt immer gut gelungen ist. Für mich selbst ist es sehr schade, dass ich aufgrund meiner zehnten gelben Karte nicht dabei sein kann. Ich würde der Mannschaft gerne weiterhelfen, da ich zum einen in einer guten Verfassung bin und anderseits dort noch nie gewinnen konnte. Zu gerne hätte ich denen einen eingeschenkt. Ich werde auf alle Fälle beide Daumen auf der Couch drücken."
Verletzungspech hält weiter an - Kister erlitt erneut einen Mittelfußbruch
Unterdessen hält das Verletzungspech beim SVS weiter an. Innenverteidiger Tim Kister zog sich im Heimspiel gegen Holstein Kiel erneut einen Mittelfußbruch zu. „Meine Befürchtungen, die ich bereits auf dem Spielfeld hatte, haben sich leider bestätigt“, sagte der 32-Jährige nach der Untersuchung am Montag. „Der Mittelfuß ist gebrochen und muss - anders als noch beim letzten Mal - operiert werden.“ Am Donnerstag wird dem gebürtigen Frankfurter bei einem Spezialisten in Berlin eine Titanplatte auf den Knochen gesetzt. Derzeit muss von einer Ausfallzeit von zehn bis zwölf Wochen ausgegangen werden.
Knipping und Verlaat gelten als Alternativen
Kister, bei dem die Art der Verletzung bereits zum dritten Mal aufgetreten ist, zeigt sich dennoch kämpferisch: „Das ist natürlich ein schwerer Rückschlag für mich, zumal die Brüche alle innerhalb dieser kurzen Zeitspanne passiert sind. Wer mich kennt, der weiß, dass ich immer spielen will und immer alles gebe.“ Auch für die Mannschaft ist der erneute Ausfall von Kister ein schwerer Schlag in der Endphase der Saison, wie Cheftrainer Koschinat bestätigt: „Die Verletzung bedeutet für uns eine erhebliche Schwächung. Tim hat in den letzten Wochen auf einem starken Niveau gespielt und seine Robustheit und Erfahrung werden uns im Kampf um den Klassenerhalt enorm fehlen.“ Mit Tim Knipping und Jesper Verlaat bieten sich zwei Alternativen in der Innenverteidigung neben dem gesetzten Aleksandr Zhirov an. Koschinat wird in dieser Trainingswoche genau beobachten, wer von den beiden in der stärkeren Verfassung ist.
Fotos: BWA und Kraichgausport