Wie immer bei der jährlichen Mitgliederversammlung der TSG Hoffenheim e. V. wurde auch in diesem Jahr am 21. Mai in der Sinsheimer PreZero-Arena die Rede von Dietmar Hopp zur aktuellen Situation des Vereins mit großer Spannung erwartet. Auch wenn dieses Jahr mit 250 Mitgliedern deutlich weniger am Samstagvormittag in der Heimspielstätte des Kraichgauer Bundesligisten anwesend waren – darunter 110 Stimmberechtigte – so vernahmen sie die deutliche Kritik des Mehrheitsgesellschafters in einer zwölfminütigen Rede über die abgelaufene Saison 2021/22. Hopp nahm dabei kein Blatt vor den Mund und übte scharfe Kritik an der Mannschaft. Dabei machte er auch deutlich, dass es keinen Zweifel an der Entscheidung gab, sich von Trainer Sebastian Hoeneß zu trennen.
Für Hopp war es unentschuldbar, inakzeptabel und peinlich
Letztes Saisondrittel war unakzeptabel
Vor allem das letzte Saisondrittel war es, das Hopp inakzeptabel fand: „Nach dem großartigen Spiel gegen die Bayern und dem zwischenzeitlichen 4. Tabellenplatz kam der Einbruch mit neun sieglosen Spielen. Besonders geschmerzt hat die 0:3-Niederlage beim Abstiegskandidaten Hertha BSC. Das war ein deutliches Warnzeichen, die Heimniederlage gegen Bochum hat den Trend bestätigt. Die Niederlage in Leipzig konnte man zwar verschmerzen, aber das folgende 0:0 gegen Schlusslicht Fürth war unentschuldbar. So verspielten wir in vier Partien acht Punkte, die am Ende zu einer Europapokalteilnahme gereicht hätten. Es hat nicht sein sollen, der Traum war zu Ende. Und die letzten drei Spiele waren inakzeptabel, das 1:5 in Mönchengladbach sogar peinlich." Platz 13 in der Rückrundentabelle, dazu mit 60 Gegentoren die viertmeisten aller Mannschaften, ist nicht der Anspruch den Hopp und der Verein haben.
Es gab keinen Zweifel, Konsequenzen mussten gezogen werden
Anstatt sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren, landeten die Kraichgauer nach neun sieglosen Partien in Folge nur auf einem enttäuschenden neunten Platz. Statt einer durchaus möglichen Champions-League-Teilnahme dürfen sich die Nordbadener jetzt die Spiele in der Königsklasse nur noch beim Bezahlsender DAZN anschauen. Laut Hopp entgehen dem Verein durch die verpasste Europa League-Qualifikation rund 20 Millionen Euro, der verpasste Sprung in die Champions League finanziell „noch viel, viel mehr“. Dass man am Saisonende reagieren musste, war für den 82-Jährigen Alternativlos: „Ich glaube, es gibt keinen Zweifel, dass wir Konsequenzen ziehen mussten auf der Trainerposition und darüber hinaus.“ Das bei der letztjährigen Mitgliederversammlung ausgerufene ehrgeizige Ziel, dauerhaft zu den besten Sechs der Bundesliga zu gehören, verteidigte Hopp aufs Neue: „Ich bleibe dabei, dass wir das Potenzial haben, zu den sechs besten Mannschaften der Liga zu gehören. Das ist nicht aus der Luft gegriffen.“
Auch der Nachwuchsbereich blieb hinter den Erwartungen zurück
Da auch das Abschneiden der Nachwuchsmannschaften nicht den Vereinsansprüchen entspricht, soll es laut Hopp eine neue Offensive bei der Talentsuche geben. „Die U23 - der Unterbau der Profis -, die eigentlich in die 3. Liga aufsteigen wollte, konnte gerade noch den Abstieg in die Oberliga verhindern. Die U19 hat viele Jahre den A-Jugendfußball in Deutschland dominiert und hat jetzt die Saison mit Platz 6 abgeschlossen. Die U17 war auch schon Deutscher Meister und liegt 14 Punkte hinter dem VfB Stuttgart. Bei der U23, U 19 und U17 sehe in großen Handlungsbedarf“, machte der Mehrheitsgesellschafter seinem Unmut freien Lauf. Trotz optimaler Voraussetzungen kann man laut Hopp nicht zufrieden sein: „Die Infrastruktur ist bei uns so gut wie bei keinem anderen Verein in Deutschland. Wir müssen künftig ehrgeiziger werden, die Ansprüche höher sein." Auch bei den Frauen blickte der SAP-Mitbegründer im sportlichen Bereich auf ein "nicht mehr so erfolgreiches Abschneiden, wie es noch im Vorjahr der Fall war".
Talentsichtung sollen sich baldmöglichst auszahlen
Damit es künftig wieder über erfolgreicheren Spitzenfußball im Profiteam und in der Akademie zu berichten gibt, ging Hopp noch einmal auf seine privaten Investitionen in die TSG-Akademien in Brasilien und Portugal ein. Zudem verwies er auf ein neues Software-Analyse-Tool für Talente: "Der kombinierte Ansatz von Video-Spiel-Erkennung, künstlicher Intelligenz und Analyse von vergleichbaren Übungen verschafft uns zum heutigen Zeitpunkt ein Alleinstellungsmerkmal." Auf weitere Details hierzu wollte Hopp jedoch nicht eingehen.
Fotos: Kraichgaufoto