Vogt hat Spaß daran, seine Gegner im Spiel und beim Pokern auszugucken

Es dreht sich nicht immer alles nur um Fußball

Hoffenheims Innenverteidiger Kevin Vogt ist 1,94 Meter groß – genau das richtige Gardemaß für den Abwehrchef. Ein weiterer Vorteil ist seine Schnelligkeit. Mit 34,6 km/h zählt der 25-Jährige zu den schnellsten Spielern der Bundesliga. Nach einem enttäuschenden letzten halben Jahr in Köln wechselte der in Witten geborene Vogt im Sommer zur TSG, wo ihn Trainer Julian Nagelsmann zuvor beim ersten Treffen gleich überzeugen konnte. Vogt wuchs im Bochumer Stadtteil Langendreer auf, wo er auch seine fußballerische Laufbahn im Alter von drei Jahren beim VfB Langendreerholz begann. Von 2004 bis 2012 spielte er für den VfL Bochum, ehe er über die Stationen Augsburg und Köln nach Hoffenheim kam. Im Gespräch mit bwa-sport.de macht der souverän und sympathisch wirkende Profi deutlich, dass der Wechsel in den Kraichgau für ihn genau die richtige Entscheidung war.

Herr Vogt, was unterscheidet Ihre bisherigen Vereine Bochum, Augsburg, Köln von Ihrem neuen Verein Hoffenheim im Wesentlichen voneinander?
Kevin Vogt:
Ohne meinen alten Klubs zu nahe treten zu wollen, ist die Professionalität sehr hoch, hinzukommen die vielseitigen Möglichkeiten hier auf dem Trainingsgelände. Damit braucht sich die TSG in der Bundesliga nicht zu verstecken. Ein weiterer großer Unterschied ist die Intensität des Trainings, das war ich vorher in dem Ausmaß so nicht gewohnt.

Was unterscheidet das ruhige, beschauliche Leben im Kraichgau mit dem pulsierenden Leben im Ruhrpott?
Vogt:
Im Vergleich zu meinem letzten Wohnort Köln und auch dem Ruhrpott ist es hier natürlich viel ruhiger. Mir persönlich gefällt das sehr gut. Vieles erinnert mich an meine beiden Jahre in Augsburg, dort hatte ich ein ähnlich ruhiges Umfeld. Ich fühle mich hier sehr wohl und habe hier optimale Bedingungen zum Leben.

"Hallo - hier bin ich!" - Kevin Vogt macht auf sich aufmerksam!

"Habe in meiner Vergangenheit schon gezeigt, dass ich kicken kann"

Wie ist es zu erklären, dass Spieler wie Sie oder Kerem Demirbay, bei ihren bisherigen Vereinen sportlich nicht zum Zug kamen und nun innerhalb kürzester Zeit in Hoffenheim zu Leistungsträger avancieren?
Vogt:
Ich war zwei Jahre in Köln und habe eineinhalb Jahre lang immer gespielt. Kerem hat hier in der Bundesliga von Anhieb an Fuß gefasst und sich toll entwickelt. Er hat ja eindrucksvoll bewiesen, was er fußballerisch drauf hat. Auch ich habe in meiner Vergangenheit schon gezeigt, dass ich kicken kann. Dass es nun für uns beide bislang so gut läuft und wir unseren Teil dazu beitragen können, ist umso schöner. Dabei geht es aber nicht darum, speziell auf Kerem oder mich zu sehen, sondern die gesamte Mannschaft zu sehen.

"Der Verein tut meiner Entwicklung sehr gut"

Hoffenheim wurde in seinen ersten Bundesligajahren als „Plastikklub ohne Tradition“ beschimpft.
Vogt:
Das Thema war zwar schon immer präsent, aber ich beschäftige mich damit überhaupt nicht. Ich spiele jetzt in Hoffenheim und bin sehr glücklich darüber in einem Verein zu spielen, der so professionell geführt wird. Anhand meiner Entwicklung kann ich sagen, dass mir der Verein sehr gut tut und ich mich der negativen Kritik nicht anschließen kann.

Seitdem Julian Nagelsmann vor einem Jahr das Traineramt übernommen hat, hat sich die öffentliche Darstellung und Wahrnehmung des Vereins stark zum Positiven verändert.
Vogt:
Der Trainer trägt natürlich einen großen Teil dazu bei, aber ebenso das Trainerteam, das Team hinter dem Team, wir als Spieler. Diese Entwicklung der Mannschaft und der Saisonverlauf ist nicht selbstverständlich. Ich kann nur für das halbe Jahr sprechen, das ich hier bin. Dass Julian Nagelsmann ein großes fachliches Wissen hat, uns anhand eines Matchplanes Woche für Woche detailliert auf den nächsten Gegner vorbereitet ist ja kein Geheimnis. Seine detaillierte Arbeit ist für mich etwas völlig Neues und macht viele Situationen im Spiel leichter. Dennoch müssen wir Spieler das Ganze auf dem Platz auch erst einmal erfolgreich umsetzen.

Kevin Vogt beim Interview mit dem bwa-sport.de-Flyer

"Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht"

Was waren die entscheidenden Faktoren für sie zum Wechsel nach Hoffenheim?
Vogt:
Das selbstbewusste Auftreten der Verantwortlichen hat mich überzeugt. Ich mag selbstbewusste Typen, die gewissen Ziele vor Augen haben, sich nicht scheuen diese auszusprechen und wissen was sie wollen. Ich habe meine persönlichen Ziele in unserem Gespräch wiedererkannt. Deshalb war für mich relativ schnell klar, dass nach Hoffenheim kommen möchte. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht.

In der Defensive kommt die Schnelligkeit besser zum Tragen

Der Trainer hat Sie vom defensiven Mittelfeldspieler zum zentralen Abwehrspieler in der Dreierkette beordert. Anscheinend verlief dies einfach und ohne Anpassungsprobleme.
Vogt:
Anfangs war es natürlich eine Umstellung, da ich mein Spiel dementsprechend anpassen musste. In der Abwehr werden Fehler schneller bestraft, als auf der Sechs. Ich konnte mich doch relativ schnell an die neue Situation gewöhnen und fühle mich sehr wohl auf dieser Position.

Sie sind Hoffenheims schnellster Spieler. Woher haben Sie diese Sprintereigenschaften?
Vogt:
(lacht) Das kann ich nicht genau sagen. Im Mittelfeld kam die Schnelligkeit gar nicht so zum Tragen, die langen Laufwege hat man da eher nicht. In der Abwehr kann ich meine Schnelligkeit jedenfalls besser einsetzen.

"Ich hatte immer schon ein Faible für Mode"

Sie sind ein sehr modebewusster Mann. Sie kleiden sich sehr auffällig, tragen gerne Hut. Woher kommt dieses Modebewusstsein?
Vogt:
Für mich persönlich ist es ein interessantes Thema. Es dreht sich ja nicht immer alles nur um Fußball. Mode interessiert mich, ich habe ein Freunde, die in der Modebrache arbeiten. Ich hatte einfach immer schon ein Faible für Mode.

Wie viel Hüte haben Sie aktuell im Schrank?
Vogt:
Das weiß ich auswendig nicht genau, um die zehn Hüte werden es inzwischen schon sein.

Poker-Spiele und Tattoos gehören einfach dazu

Zu Ihren weiteren Vorlieben gehören leidenschaftliche Poker-Spiele und Tattoos.
Vogt:
Das stimmt, ich pokere sehr gerne. Ich spiele gerne mit Freunden am Tisch und habe Spaß daran, den Gegner auszugucken. Zum Thema Tattoos: Pauschal kann ich das schlecht beantworten, sondern nur für mich sprechen. Meine Tattoos haben eine persönliche Bedeutung.

Sie gelten auch als besonders gläubig, gehen in die Kirche um zu beten.
Vogt:
Für mich ist dies ein Ausgleich, ein Ruhepol. Ich sehe das auch nicht als großes Bekenntnis oder Outing, sondern stehe dazu, dass mich das Thema interessiert.

"Freue mich auf jeden Fan der uns unterstützt und den ich glücklich mache"

Dass die erfolgreichen und sehr unterhaltsamen Heimspiel-Auftritte nicht die erhoffte Zuschauerresonanz erfährt, stößt allgemein für viel Unverständnis. Woran liegt es Ihrer Meinung, dass bislang nur ein Saisonheimspiel ausverkauft war?
Vogt:
Was den erfolgreichen Fußball anbelangt bringen wir genügend Argumente für einen Stadionbesuch. Als Spieler freue ich mich über jeden Fan der uns am Wochenende im Stadion unterstützt, aber auch über jeden neuen Fan, der in den nächsten Wochen noch hinzukommt. Die Stimmung im Stadion kann eine Mannschaft tragen und zum Erfolg führen.

Mit Niklas Süle und Sebastian Rudy verlassen im Sommer weitere Sympathieträger den Verein. Könnten Sie sich vorstellen, in naher Zukunft auch in der Gunst der Fans hierarchisch aufzusteigen, zu einem Publikumsliebling zu werden? 
Vogt:
Mein persönliches Ziel ist es mit der Mannschaft erfolgreichen Fußball zu spielen. Ich versuche meinen Job so gut wie möglich zu machen und wenn die Fans im Stadion damit glücklich sind, freue ich mich umso mehr. 

Fotos: BWA und Kraichgaufoto

Zielsicher beim Kopfball, Enge Ballführung, Austausch mit Mannschaftskollege Fabian Schär, Trainingseinheit, und Vogt erhält Anweisungen von Trainer Julian Nagelsmann

Artikel teilen

WERBUNG