Als der Bundesligist aufs Dorf kam: Erinnerungen an ein unvergessliches Spiel

Vor 35 Jahren gastierte Mönchengladbach in Rohrbach/S.

Für den SV Rohrbach/S. war heute vor exakt 35 Jahren ein ganz besonderer Tag: Anlässlich der Clubhauseinweihung empfing der damalige Meister der Kreisklasse B den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach.

Hinweisschild an den Rohrbacher Ortseingängen

Der fünffache Deutsche Meister und zweifache UEFA-Pokalsieger vom Niederrhein legte mit seinem gesamten Spielerkader für die Saison 1990/91 auf der Heimreise vom Trainingslager in der Sportschule Karlsruhe-Schöneck einen Zwischenstopp im Sinsheimer Stadtteil ein.

Gruppenfoto kurz vor Spielbeginn

Dies war jedoch nur möglich durch die tatkräftige Unterstützung des damaligen VfL-Managers und SV-Vereinsmitglieds Helmut Grashoff in Verbindung mit den damaligen Verantwortlichen der SV-Vereinszeitung SV-Magazin.

Wimpeltausch zwischen Rohrbachs Jochen Elsässer (li.) und Gladbachs Christian Hochstätter – im Hintergrund (Mitte) FIFA-Schiri Manfred Neuner und Linienrichter Peter Olbort (li.) vom SVR

Die Fußballbegeisterung an diesem denkwürdigen 10. Juli 1990 war riesen groß, zumal die deutsche Fußball-Nationalmannschaft unter Teamchef Franz Beckenbauer zwei Tage zuvor in Rom durch einen 1:0-Sieg über Argentinien ihren dritten Weltmeisterschaftstitel feierte und das Land im Fußballfieber war.

Thomas Irro versucht per Grätsche Gladbachs russischem Nationalstürmer Igor Belanow den Ball abzunehmen. Im Hintergrund (Mitte) Silvio Neitzner.

Über 2.200 Zuschauer waren zum Duell zwischen dem Fußballzwerg SV Rohrbach/S. und dem renommierten und damals neben den Bayern beliebtesten deutschen Profiverein ins Bruchstadion in der Theodor-Heuss-Straße 2 gekommen.

SV-Stürmer Jürgen Karolus im Sprint in Richtung Gladbacher Tor. Im Hintergrund ist die große Zuschauerkulisse erkennbar.

Ein heftiger Regenguss kurz vor dem Anpfiff konnte der Begeisterung nichts anhaben. Die Zuschauer auf der eigens in mühevoller Handarbeit errichteten Zuschauertribüne an der kleinen Böschung drängten sich dicht aneinander.

Ein Freistoß von Jürgen Bauer war einer der wenigen gefährlichen Bälle, die auf das Tor von VfL-Keeper Uwe Kamps kamen

Es wurde zwar ein äußerst einseitiges, aber auch ein außergewöhnliches und unvergessliches Spiel, das der damalige FIFA-Schiedsrichter Manfred Neuner aus Leimen leitete. Die Torschützen sollen hier nicht unbedingt erwähnt werden, wenngleich der Rohrbacher Ehrentreffer durch Ralf Olbert dem Gastgeber eine Kiste Champagner eines Sponsors einbrachte. 

Jubel nach dem Ehrentreffer zum 1:16: Von links Jürgen Bauer, Jürgen Karolus, Timo Dippel und Torschütze Ralf Olbert

Am Ende stand ein klarer 16:1-Erfolg des Erstligisten, was aber für die Truppe von Spielertrainer Jürgen Habich eher zweitrangigen Charakter hatte. Das sportliche Erlebnis, sich mit einem Bundesligisten zu duellieren stand vielmehr im Vordergrund.

Eine ganz besonders Duell entwickelte sich zwischen Rohrbachs Markus Hönig (Bildmitte) und Gladbachs Top-Stürmer Hans-Jörg Criens, links Timo Dippel

Das Rahmenprogramm mit Cheerleadern, Blaskapelle, Autogrammstunde und Pressekonferenz rundete diesen tollen Tag für den SVR ab. Die Zuschauer kamen trotz des ungleichen Kräftsvergleichs bei 17 Toren auf ihre Kosten.

Gladbacher Fanclub „Neidensteiner Fohlen“

Aus Neidenstein kam der Borussen-Fanclub angereist und positionierte sich frühzeitig mit seinen aufgehängten Bannern. Nach dem Abpfiff stürmten die Zuschauer den Platz und die Profis erfüllten bereitwillig die zahlreichen Autogrammwünsche.

Gladbachs Nationalspieler Norbert Meier musste reichlich Autogrammwünsche erfüllen

Zum Abschluss gab es im Festzelt noch eine Pressekonferenz mit dem damaligen Borussen-Trainer Gerd vom Bruch und Torhüter Uwe Kamps. Mit zahlreichen Lunchpaketen im Gepäck machten sich die Gäste kurz vor 22 Uhr wieder auf die Heimreise an den Niederhein.

Pressegespräch im Festzeit: Von links Torhüter Uwe Kamps, Moderator Rainer Ohlheiser und Trainer Gerd vom Bruch

35 Jahre danach hat sich vieles verändert. Die Gladbacher spielen weiterhin in der höchsten deutschen Spielklasse und genießen immer noch einen hohen Kultstatus.

Die jungen Rohrbacher Cheerleader inmitten der Bundesligaprofis

Der SV Rohrbach/S. spielt aktuell in der Kreisliga Sinsheim auf einem neuen Sportgelände in 500 Meter nördlicher Entfernung. Der alte Sportplatz an der Bruchstraße ist inzwischen bebaut und vollständiges Wohngebiet. Was noch an die legendäre Spielstätte erinnert, ist die Straßenbezeichnung „Alter Sportplatz“.

Der Gladbacher Mannschaftsbus kurz vor der Heimreise am späten Abend an den Niederrhein

Aus dem damaligen runderneuerten Clubhausgebäude mit Anbau ist eine Tagesstätte für pflegebedürftige ältere Menschen geworden. Vieles hat sich inzwischen verändert, doch was immer bleiben wird, sind die Erinnerungen aller damals fußballbegeisterten Beteiligten.

Fotos: Jürgen Bauer, Burkhardt Stork und Privat

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