Bayern Münchens Traum vom Champions-League Finale am 24. Mai im Estadio da Luz in Lissabon wurde zum Albtraum. Vorbei die Hoffnungen auf den zweiten Triple-Erfolg, der erstmaligen Titelverteidigung in der Champions-League Geschichte. Mit einer deutlichen und brutalen 0:4 Heimniederlage flog der 24-fache Deutsche Meister niederschmetternd aus dem Wettbewerb.
Seitdem die Bayern als frühester Deutscher Meister (27. Spieltag) feststehen, seitdem ständig in der Aufstellung rotierten und so völlig aus dem Rhythmus kamen, kam unübersehbar Sand ins Getriebe des Bayern-Motors. Das bis dahin flotte, dominante und torgefährliche Bayern-Spiel erlitt einen Knacks, der nicht mehr reparierbar war.
Die Voraussetzungen an einem milden Dienstagabend waren gegeben. Alles ist angerichtet für eine große Aufholjagd nach dem 0:1 im Hinspiel. Ein mit 68.000 ausverkauftes Stadion, tolle Stimmung, eine beeindruckende Choreografie der Fans über alle Ränge sorgten für Gänsehaut-Atmosphäre.Was dann jedoch auf dem Spielfeld kam war aus Bayern-Sicht schockierend und vernichtend. Zwei Kopfbälle, ein Konter und ein Freistoß sorgen für den Halbfinal-K.o.!
16. Minute: Ecke von Modric, Innenverteidiger Ramos wuchtet die Kugel mit dem Kopf ins Tor zum 1:0.
20. Minute: Freistoß von di Maria, Pepe verlängert und wieder ist Ramos mit dem Kopf zur Stelle zum 2:0.
34. Minute: Einen schneller Konter über Benzema und Bale vollendet Ronaldo zum 3:0 Halbzeitstand.
90. Minute: Ronaldo schießt aus 18 Meter einen Freistoß unter der Mauer durch zum 4:0 Endstand. Der 51. Treffer des Weltfußballers im 50. Champions-League-Einsatz für Real.
Bayern-Stürmer Robben: „Das ist eine Riesen-Enttäuschung, so ein Spiel zu Hause. Das ist knallhart.“
Kapitän Philipp Lahm: „Wir haben es taktisch in der ersten Halbzeit nicht gut gemacht. Wir waren viel zu offen und müssen uns nun alle hinterfragen. Wir hatten uns so viel vorgenommen und dann steht es nach 20 Minuten nach zwei Standardsituationen 0:2. Das ist schon enorm bitter.“
Was dem Titelverteidiger in diesem Halbfinalrückspiel fehlte war schlichtweg Stabilität. Mit viel zu wenig Durchschlagskraft, eklatante Schwächen beim Umschaltspiel und fehlender Dominanz im Mittelfeld kann man gegen ein Klasseteam wie Madrid nicht bestehen. Es war das Gegenteil vom Hinspiel, wo die Bayern das Spiel kontrollierten.
Anders als in Madrid vor einer Woche griffen die Königlichen deutlich früher an und beteiligten sich intensiv am Spiel. Bei Abstößen der Münchner, die wieder knapp 70 Prozent Ballbesitz, aber kaum zwingende Torchance hatten, verhinderten Reals Stürmer mit extremem Pressing kurze Anspiele von Torhüter Manuel Neuer auf seine Vorderleute und zwangen die Hausherren so zu langen Bällen.
Und obwohl die Bayern 90 Minuten lang Zeit gehabt hätten, um das Ergebnis aus dem Hinspiel mit einem einzigen Treffer zu egalisieren, machten sie den Fehler, diesen einen Treffer unbedingt in den Anfangsminuten erzielen zu wollten. Es entwickelte sich ein völlig unnötiger, offener Schlagabtausch, der den Spaniern in die Karten spielte.
Kurioserweise führten ausgerechnet zwei Standardsituationen für die richtungsweisende, vernichtende 2:0-Führung der Gäste aus der spanischen Hauptstadt. Bayern ließ sich ohne Absicherung in der Mittelfeldzentrale auf ein direktes Duell mit der aktuell besten Offensivmannschaft der Welt ein. Ein folgenschwerer Fehler.
Trainer Pep Guardiola hatte den taktischen Fehler gemacht, sein Team ins offene Messer laufen zu lassen. Der Bayern-Coach: „Wir haben schlecht gespielt. Das ist meine Verantwortung, da habe ich mich vertan. Wir sind auf dem höchsten Niveau in Europa, da werden solche Fehler bestraft.“
Der FC Bayern, der erstmals überhaupt vor eigenem Publikum gegen Real Madrid verlor und dann gleich die höchste Europokal-Heimniederlage der Vereinsgeschichte einstecken musste, hat eine Super-Saison der Rekorde, zumindest national, vergessen lassen.
Matthias Sammer versuchte den Blick auf das große Ganze zu lenken. „Wir sind heute an einer großen Mannschaft gescheitert. Aber wir sind der früheste Deutsche Meister der Geschichte, waren unter den besten vier Mannschaften in Europa und haben im Pokalfinale immer noch die Chance aus einer guten Saison eine sehr gute zu machen.“ Wohltunende Worte nach dem Real-Debakel, die die Beteiligten unmittelbar nach der Schmach des 0:4 wenig hinwegtrösteten.
Thomas Müller: „Natürlich ist der Anspruch extrem gestiegen. Wir können jetzt nicht sagen: Hurra, wir waren im Halbfinale. Schön, dass wir dabei waren. „Wir müssen jetzt einfach wieder den Arsch hochkriegen, nächste Woche haben wir noch dieses Finale in Berlin.“