„Bin kein Filigrantechniker, dafür schnell und zweikampfstark“

Interview mit Sandhausens José Pierre Vunguidica

Fußball-Profi José Pierre Vunguidica steht seit 2015 beim SV Sandhausen unter Vertrag. Aufgrund verschiedener Verletzungen kam der Offensivspieler auf bislang erst zwölf Zweitligaeinsätze. Beim Interview mit dem sympathischen 27-jährigen Angolaner, der auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ging es vor allem um seine aktuelle Situation im Verein und sein Engagement bei „Refugee 11“. Beim 2:0-Heimsieg gegen Jahn Regensburg feierte er ein gelungenes Startelf-Comeback.
Sie haben eine lange Verletzungsmisere hinter sich gebracht und stehen wieder im Kader. Wie fühlen Sie sich?
José Pierre
Vunguidica: Das letzte halbe Jahr war für mich keine gute Zeit. Nach einer positiven Wintervorbereitung stand ich im Februar gegen Aue erstmals in der Startformation. Im darauffolgenden DFB-Pokalspiel gegen den FC Schalke 04 habe ich mich leider früh verletzt, und die Diagnose wechselte zunächst von einer Zerrung des Bindegewebes bis hin zu einem Knochenödem – letztendlich stellte es sich als Riss des Knorpels heraus. Dies kostete mich die komplette Rückrunde und die Sommervorbereitung. Inzwischen ist alles gut verheilt, und ich bin topfit. Ich habe nach der verpassten Vorbereitung einiges an Kondition aufgeholt und schon einige Spiele bei der Zweiten Mannschaft bestritten. Darüber und über das Training versuche ich, mich nun weiter für die Profimannschaft anzubieten.

„Hauptsache wir haben gewonnen“

Gegen Jahn Regensburg feierten Sie ihr Startelf-Comeback nach vielen Monaten. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Leistung und der Ihres Teams?
Vunguidica: In erster Linie geht es darum, dass wir gewonnen haben, worüber ich überaus glücklich bin. Wir wollten unbedingt mit einem Sieg in die Länderspielpause und die Niederlage in Aue so weit es geht gutmachen. Zu meiner Leistung: Es ist nicht so einfach, nach einem halben Jahr wieder zu spielen, und heute trafen wir auf einen Gegner, der aggressiv gespielt hat. Aber ich denke, ich habe ein ordentliches Spiel gemacht, habe zum Sieg beigetragen und bin einfach froh darüber. Darauf kann man aufbauen, und alles andere kommt mit der Zeit.

Vunguidica gilt als schneller, robuster Offensivspieler

Mit guten Leistungen fürs Team empfehlen

Vor dem Wechsel zum SVS glänzten Sie beim Drittligisten Wehen-Wiesbaden mit zehn Saisontoren und elf Vorlagen. Können Sie sich vorstellen, wieder zu alter Form zurück zu finden?
Vunguidica:
Die offensive Spielweise in Wehen kam mir dabei sehr entgegen, und ich konnte meine Qualitäten dort mehrfach unter Beweis stellen. Als Offensivspieler ist man natürlich auch von seinen Mitspielern abhängig. Es ist wichtig topfit zu bleiben und mich mit guten Leistungen zu empfehlen. Für mich zählt, jeden Tag zufrieden mit meiner Trainingsleistung zu sein. Wenn ich irgendwann mal mein Ziel nicht erreicht haben sollte, aber mir keinen Vorwurf machen kann, bin ich absolut im Reinen mit mir. Das ist für mich das Wichtigste, denn Entscheidungen von anderen kann ich nur durch meine Leistungen beeinflussen.

Flexible Spielweise, je nach Spielausrichtung

Man kann Sie als Offensiv-Allrounder umschreiben. Wie sehen Sie sich als Spielertyp?
Vunguidica:
Ich habe in Wehen vorne links oder in der Spitze gespielt, sei es als alleiniger Stürmer oder mit zwei Spitzen. Es kommt natürlich immer darauf an, was sich der Trainer für den Spieltag ausdenkt und welche Räume er bespielen will. Ich denke, dass ich eher von der Physis komme und ein schneller, robuster Spieler bin. Offensiv wie defensiv würde ich mich als zweikampfstark bezeichnen - ein Filigrantechniker bin ich nicht. Wenn ich über die Außen spiele, komme ich eher gradliniger über die Flanken, und wenn ich vorne agiere, kann man mich gut anspielen. Beim Umschaltspiel bin ich durch die Schnelligkeit gut einsetzbar für die Läufe in die Tiefe.

Vunguidica feierte gegen Regensburg sein Startelf-Comeback beim 2:0-Heimsieg des SVS

Bundesliga ist und bleibt das Ziel

Im Jahr 2010 feierten Sie als Einwechselspieler in der Partie 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach Ihr Erstligadebüt.
Vunguidica:
Für jeden Fußballer ist es ein Traum in der Bundesliga zu spielen, was ich auch in absehbarer Zeit wieder erreichen möchte. Wenn es der liebe Gott will, wird es klappen, wenn nicht, dann eben nicht.  Ein weiteres Highlight war die Teilnahme mit der Nationalelf Angolas am Afrika-Cup und gegen Spieler wie Drogba oder Kolo Touré zu spielen. Diese Highlights kann man mir nicht mehr nehmen, und die anderen folgen noch (lacht).

Nationalelf wäre ein Bonus

Womöglich auch die WM-Teilnahme.
Vunguidica:
Zur Zeit ist die Nationalmannschaft nicht so stark besetzt, aber alles ist möglich. 2006 nahm Angola bei der WM in Deutschland teil. Vorrangiges Ziel ist, jetzt erst mal beim SVS wieder Fuß zu fassen, und was mit der Nationalelf passiert, ist ein Bonus.

„Refugee 11 ist eine super Sache"

Sie sind ein Befürworter von „Refugee 11“, einem Projekt für junge, geflüchtete Amateurfußballer.
Vunguidica:
Der Verein wurde wegen meiner Person angeschrieben, und ich habe mich gleich bereiterklärt, da ich es eine super Sache finde. Ich wurde gleich daran erinnert, welche anfänglichen Schwierigkeiten meine eigene Familie hatte, als wir aus Angola hierher kamen. Ich bin als Zweijähriger nach Deutschland gekommen und hatte später anfangs in der Schule mit Sprachbarrieren zu kämpfen. Zuhause wurde portugiesisch gesprochen und im Kindergarten und später der Schule deutsch. „Refugee 11“ ist eine super Sache, um den Leuten in der heutigen Zeit zu zeigen, dass die meisten Flüchtlinge nicht freiwillig hierher kommen, sondern vor irgendwas flüchten. Das vergessen die meisten leider. Damit es mehr Aufmerksamkeit bekommt, kann man die Homepage „Refugee11.de“ gern posten oder liken.

Liebe zum Klavier und Glaube an die Bibel

Haben Sie ein spezielles Hobby?
Vunguidica:
Ich spiele gerne Klavier, was ich in letzter Zeit vernachlässigt habe, aber sicher auch wieder anfange.

Haben Sie Vorbilder?
Vunguidica:
König David aus der Bibel, der den großen Goliath geschlagen hat. Und Hiob aus der Bibel, der seinen Glauben an Gott nie verloren hat trotz seiner Qualen.

Fotos: BWA

José Pierre Vunguidica im Zweikampf mit einem Regensburger Gegenspieler und José Pierre Vunguidica im Zweikampf

Artikel teilen

WERBUNG