Es wurde im Vorfeld viel diskutiert, viel spekuliert und reichlich Gründe für ein Für und Wider aufgeführt. Die unterschiedlichsten Meinungsmacher, Skeptiker und Fachleute äußerten sich tagtäglich, um Wasserstandmeldungen abzugeben. Auch in Fankreisen gab es Befürworter und Gegner. Dabei war es zu keinem Zeitpunkt richtig klar und deutlich, ob und wie es weitergehen könnte. Letztendlich kam man trotz berechtigter Bedenken zu dem Entschluss, den Spielbetrieb im Profifußball, der nach dem 25. Spieltag Anfang März aufgrund der Corona-Pandemie zum Erliegen kam, jetzt unter strengen gesundheitlichen Vorgaben wieder fortzusetzen.
Der Ball rollt wieder mit vielen offenen Fragen
Fragwürdiger Re-Start unter strengen Vorgaben
Ob die Entscheidung für eine Spielbetriebs-Fortsetzung richtig ist oder nicht, wird sich womöglich erst im Nachhinein herausstellen. Fakt ist: Jetzt geht es wieder los, wenn auch unter völlig ungewohnten Begleiterscheinungen in Form von Geisterspielen. Fußball ohne Zuschauer, ohne Emotionen, Begeisterung und Atmosphäre auf den Rängen - ein Szenario, das man sich nur schwer vorstellen kkonnte - ist auf unbestimmte Zeit zur Realität geworden. Am Samstagnachmittag wird um 15.30 Uhr da fortgesetzt, wo man am 8. März gezwungenermaßen geendet hatte.
Die einen schielen nach oben, die anderen nach unten
Die TSG Hoffenheim empfängt dabei in der Sinsheimer Arena die Berliner Hertha. Während die Gastgeber als Tabellenneunter bei nur zwei Punkten Rückstand auf einen Europa League-Platz sich noch Hoffnungen aufs lukrative internationale Geschäft machen können, kämpft die „Alte Dame“ aus der Bundeshauptstadt als Dreizehnter noch um den Klassenerhalt. Auch wenn ein dünnes Sechs-Punkte-Polster auf den Relegationsplatz in den noch ausstehenden neun Partien keine schlaflosen Nächte hervorrufen, kann man sich bei der Hertha noch nicht sicher fühlen. Während die Berliner eine ausgeglichene Auswärtsbilanz aufweisen und in der Ferne seit fünf Bundesligaspielen ungeschlagen sind, haben die Kraichgauer bereits sieben ihrer 13 Heimspiele verloren. Bei den drei Niederlagen in den letzten vier Heimpartien kassierte das Team von Trainer Schreuder elf Gegentore.
Hoffenheimer Offensivsorgen
Die TSG plagen nach wie vor Offensivsorgen. Gegen die Berliner werden die beiden bislang erfolgreichsten Torschützen Andrej Kramaric (7 Tore/3 Assists) und Sargis Adamyan (5/2) fehlen. Nachdem Kramaric wegen Knieproblemen und einer OP erst am 8. Spieltag auflaufen konnte, stoppten ihn anschließend Beschwerden in beiden Sprunggelenken. Der 28-jährige Torjäger ließ sich zuletzt von Dr. Müller-Wohlfahrt in München behandeln. Ob und wann der Vizeweltmeister wieder zur Verfügung steht, ist ungewiss. Nachdem für Sturmpartner Ishak Belfodil nach dem 5. Spieltag die Saison gelaufen war, unterzog er sich aufgrund anhaltender Kniebeschwerden im Oktober einer Kreuzband-Operation. Stürmer-Neuzugang Munas Dabbur fiel seit Februar längerfristig aufgrund eines Risses der Bizepssehne im Knie aus. Nach seiner Genesung dürfte er gegen die Berliner aufgrund des Trainingsrückstandes noch nicht zur Stammformation gehören. Dem nicht genug, warf Stürmerkolleg Adamyan ein Syndesmoseriss längerfristig zurück.
Der neue Trainer soll es richten
Damit der Klassenerhalt schnellstmöglich vollzogen wird, zog man beim Hauptstadtklub erneut die sportliche Reissleine. Innerhalb eines Jahres verschliess Manager Michael Preetz bereits drei Trainer. Nach dem (medialen) Fiasko mit Jürgen Klinsmann soll nun wieder Ruhe einkehren. Der neue Coach Bruno Labbadia soll nun die Blau-Weißen wieder salonfähig machen und in die obere Tabellenhälfte führen. Der ehemalige engagierte und quirlige Stürmer geht seit seiner Amtsübernahme am 9. April mit klaren Vorgaben an die neue Aufgabe heran. Gegenüber Vorgänger Klinsmann, der nach wenigen Wochen scheiterte, krempelt der 54-Jährige vieles um. Er vertraut wie bei seinen letzten Stationen auf eine bewährte 4-4-3-Grundordnung und setzt dabei auf erfahrene, Abstiegskampferprobte Spieler. Labbadia vertraut auf Kontrolle durch Ballbesitz und verlangt von seinen Spielern eine hohe Intensität, Fitness und Bereitschaft. Alles Voraussetzungen, für die dem gebürtigen Darmstädter bei seiner siebten Trainerstation im Profifußball zu Corona-Zeiten einfach die erforderliche Zeit und Möglichkeiten fehlen. Doch aufgepasst TSG: Labbadia ist der einzige Trainer, der mit seinen jeweiligen Klubs insgesamt sechs Auswärtssiege im Kraichgau holte.
Was ist von Prognosen und Trends zu halten?
Nach einer zweimonatigen Zwangspause ist es bedingt durch die sehr begrenzten und kurzen Trainingsmöglichkeiten schwer, die aktuelle Form der einzelnen Mannschaften im Vorfeld zu bewerten. Ein entscheidender Faktor wird die Bewältigung sowie der Umgang mit der ungewohnten Situation vor leeren Rängen werden. Auch die Herangehensweise, vor allem im Zweikampfverhalten, wird eine Rolle spielen. Man darf ohne allzu große Vorfreude gespannt sein, wie die einzelnen Mannschaften die neue Situation annehmen und meistern. Mit Sicherheit wird es so wie es war nicht weitergehen. Sportliche, ergebnistechnische Überraschungen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur am Spieltag 1 der Corona-Krise geben.
Ausgeglichene Bilanz vor 400. Bundesliga-Jubiläumsspiel
Die Hoffenheimer sind seit sechs Pflichtspielen sieglos und hoffen, ihren Negativlauf nach zwei Remis und vier Niederlagen am Samstagnachmittag endlich zu beenden. Hoffnung macht diesbezüglich die positive Bilanz von nur einer Niederlage in den vergangenen zwölf Ligaduellen gegen die Berliner. Auch die Gesamtbilanz mit neun Siegen, fünf Unentschieden und fünf Niederlagen spricht deutlich für die Nordbadener. Und noch eine weitere interessante Statistik: Hoffenheim steht vor seinem 400. Bundesligaspiel und blickt dabei auf eine bislang ausgeglichene Gesamtbilanz von jeweils 141 Siegen und Niederlagen und 117 Remis. Man darf gespannt sein, in welche Richtung das Ergebnispendel am Samstagabend ausgeschlagen hat.
Fotos: Kraichgaufoto