„Die Tabelle sieht besser aus als wir aktuell sind“

Stimmen zur 0:3-Pleite in Hamburg

Zwei deutliche Niederlagen innerhalb von nur drei Tagen mit einer erschreckend schwachen Bilanz von nur einem Treffer und sechs Gegentoren. Die TSG Hoffenheim erlebte nach dem unrühmlichen Europa-League-Aus nun auch in der Bundesliga einen herben Rückschlag. Erstmals befinden sich die Kraichgauer unter Trainer Julian Nagelsmann in einer sportlichen Krise, was nur ein Sieg aus sieben Ligaspielen dokumentiert. Aus dem Tanz auf drei Hochzeiten bleibt nach dem DFB-Pokal- und Europapokal-Aus nur noch der Liga-Spielbetrieb übrig. Hier ist man in zwischen auch aus den internationalen Rängen abgerutscht. 

Baustellen in allen Mannschaftsteilen

Unter den 400 mitgereisten Hoffe-Fans macht sich deutlicher Unmut breit. Ein treuer TSG-Fan fragt zu Recht: „Was ist nur aus unserer Mannschaft geworden? Sie ist nicht wieder zu erkennen!“ Es sind keine einfachen Zeiten für den Dorfverein in diesen tristen Herbsttagen. Die Baustellen tun sich in allen Mannschaftsteilen auf. Die Fehlerquoten sind auffällig hoch, das Selbstvertrauen ist gewaltig angeknackst. Die Gegner bekommen es dadurch sehr leicht gemacht und nutzen dies gnadenlos aus. Die Mehrfachbelastung durch die internationalen Spiele hat das Team an ihre körperlichen Grenzen stoßen lassen. Von der Anfangs prognostizierten Begeisterung und Euphorie, mit der man die vielen englischen Wochen wettmachen wollte, ist bereits zu einem frühen Zeitpunkt wenig zu sehen.

Klare Worte von Julian Nagelsmann nach den zuletzt enttäuschenden Resultaten

"Wir müssen auf dem Boden der Realität ankommen"

TSG-Trainer Julian Nagelsmann sprach bei der Pressekonferenz in Hamburg klare und deutliche Worte: "Wir müssen nach zwei Minuten in Führung gehen. Da haben wir ein Vier-gegen-Eins im Strafraum, spielen aber einen schlampigen Ball ins Zentrum. Ansonsten waren die ersten 30 Minuten nicht gut. Das 0:1 war vom HSV ordentlich gespielt, aber natürlich fällt der Treffer dann unglücklich. Nach der Pause hatten wir vier, fünf richtig gute Aktionen, bei denen wir aber den letzten Ball nicht anbringen. Da fehlt vielleicht etwas der Fokus auf den Moment. Wir hatten genug Chancen, auszugleichen - ohne klare Abschlüsse zu haben. Auch beim 0:2 fehlt der Fokus. Da bekommt man den Eindruck, dass wir nicht alles für den Sieg tun. Der HSV hat alles dafür getan und deshalb haben wir verdient verloren. Wir befinden uns in einer Ergebniskrise, haben nur zwei der vergangenen zwölf Spiele gewonnen. Wir dürfen nicht von der Vergangenheit zehren - keiner von uns. Die Tabelle sieht besser aus als wir aktuell sind. Wir müssen auf dem Boden der Realität ankommen. Das Ausscheiden aus der Europa League wird uns guttun. Das klingt skurril, ist aber so, weil wir endlich wieder trainieren können."

Zuletzt viel Lob, aber wenig Punkte

Kollege Markus Gisdol geniest den Sieg und spricht von einem Rückenwind für sein Team: "Wir haben heute ein interessantes Spiel gesehen, in dem es uns gelungen ist, die TSG kaum zur Entfaltung kommen zu lassen. Wir waren fast immer sehr eng dran. Das Pressing war sehr gut. Natürlich war die TSG das eine oder andere Mal gefährlich, aber wir hatten die klareren Möglichkeiten und haben es versäumt, früher das 2:0 zu machen. Hoffenheim hat sehr viel Offensivkraft eingewechselt - deshalb haben wir auf Fünferkette umgestellt. Mit dem dritten Tor fällt er dann eher zu hoch aus. Wir haben zuletzt viel Lob bekommen, aber zu wenige Punkte gemacht. Die drei Punkte tun uns gut und werden uns Rückenwind geben."

Serge Gnabry hat in Hamburg die Führungschance leichtfertig vergeben

"Jetzt haben wir wieder mehr Zeit zum Trainieren"

Enttäuschung herrschte ganz besonders bei TSG-Keeper Oliver Baumann. Sechs Gegentreffer in zwei Spielen sind für ihn schwer wegzustecken. Baumann weiß, dass er beim 0:2 nicht gut aussah: "Wir hatten eine schwierige Reise nach Braga und mussten mit der Enttäuschung des Ausscheidens in der Europa League leben. Der HSV lebt von seinen Emotionen, wir konnten da nicht mithalten. Wir wollten das Pressing des HSV überspielen, haben dann aber keinen zweiten Ball gewonnen und im Mittelfeld keinen Fußball gespielt. So waren wir quasi die gesamte erste Halbzeit in unserer Hälfte. Den Freistoß von Kostic nehme ich auf meine Kappe, den muss ich halten. Ich habe den linken Arm nicht schnell genug unten. Wir haben wichtige Spiele nicht gewonnen – Frankfurt, Braga, heute. Uns fehlen die Abschlüsse. Wir sind nicht gefährlich genug. Jetzt haben wir eine ganze Woche, um zu trainieren und der Konkurrenzkampf wird auch wieder größer. Das wird unsere Qualität in den nächsten Wochen steigern."

"Wenn ich den Ball reinmache, läuft das Spiel ganz anders"

Serge Gnabry hätte die Hoffenheimer in der Hansestadt bereits früh in Führung bringen können. Auch in Braga vergab er eine Großchance zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Die Niederlage beim HSV sieht er auch in dieser Höhe verdient an: "Hamburg hat heute einen größeren Willen gezeigt und die Zweikämpfe besser angenommen. Sie haben verdient 3:0 gewonnen. Wir hatten einige gute Spielzüge, aber es hat immer der letzte Pass gefehlt. Wir waren in der Lage, zwei, drei Tore zu machen, aber haben das nicht geschafft. Wenn ich den Ball in der zweiten Minute reinmache, läuft das Spiel wahrscheinlich ganz anders, aber Mavraj hat mich im letzten Moment irrtiert und ich konnte nicht richtig abschließen."

Schweres Restprogramm

Die nächste schwierige Aufgabe für die Kraichgauer wartet bereits am Samstag, wenn Ralf Rangnicks RB Leipzig in Sinsheim gastiert. Zu alledem fehlt gegen den Tabellenzweiten mit Kevin Vogt Hoffenheims Abwehrchef, der in Hamburg seine 5. Gelbe Karte sah und somit gesperrt ist. Nach zuletzt nur einem Sieg aus sieben Spielen sind die Nordbadener nun aus den internationalen Rängen auf Platz 7 gerutscht. Während sich der Abstand nach oben deutlich vergrößert, hat er sich nach hinten spürbar verringert. Nach Leipzig heißen die Gegner in den restlichen Hinrundenpartien Hannover, Stuttgart und Dortmund.

Fotos: Kraichgaufoto

Sandro Wagner hatte in Hamburg kaum erwähnenswerte Torchancen

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