Für die TSG Hoffenheim kann es sieben Spieltage vor Saisonende noch völlig unerwartet ungemütlich werden. Nach drei Niederlagen in Folge hat sich der Abstand zu der Abstiegsregion auf nur noch sieben Zähler verringert. Mit Blick auf das April-Programm haben es die Kraichgauer mit Leverkusen (12.4.), Leipzig (16.4.), Mönchengladbach (21.4.) und Freiburg (24.4.) gegen besonders spielstarke Mannschaften, gegen die in der Hinrunde nur drei Punkte eingefahren wurden, zu tun. Im Saisonendspurt im Mai geht es dann gegen die abstiegsbedrohten Teams von Schalke 04 (8.5.), Bielefeld (15.5.) und Hertha BSC Berlin (22.5.), gegen die es in der ersten Saisonhälfte vier Punkte gab.
Eine Trotzreaktion wäre die beste Antwort auf die berechtigte Kritik
Keine Weiterentwicklung erkennbar
Doch es ist nicht der aktuelle Tabellenstand oder die nächsten Gegner, die so manchem Hoffe-Fan Sorgen bereiten, sondern vielmehr die plan-, ideen- und hilflose Herangehensweise in den letzten Partien. Selbst in Phasen dominanter Spielkontrolle fehlt es an der Entschlossenheit, der Effizienz sowie dem kaltschnäuzigen Verwerten hochkarätiger Torchancen. Hoffe lässt zu viel liegen, bringt sich damit oft selbst um den verdienten Lohn. Während im gesamten Saisonverlauf unter dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß leider wenig Konstanz erkennbar ist, offenbaren sich gegen Saisonende Schwächen, die so nicht zu erwarten waren. Statt einer Weiterentwicklung ist Stagnation und teilweise sogar Rückschritt erkennbar. Das Pokal-Aus gegen Zweitligist Greuther Fürth sowie das Europapokal-Scheitern gegen den krassen norwegischen Außenseiter Molde FK ist schwer aus den Köpfen zu bekommen - auch weil sie schwer erklärbar sind.
Zweitschlechteste Defensive der Liga
Auch eine verunsicherte, alles andere als sattelfeste Hintermannschaft fällt bei der Bestandaufnahme ins Gewicht. Die TSG-Defensive weist mit 47 Gegentreffern den zweitschlechtesten Ligawert auf und ist taktisch sehr leicht in Verlegenheit zu bringen. Bezeichnend die Aussage von Torhüter Oliver Baumann nach der 2:1-Niederlage in Augsburg: „Wir sind in einer Situation, in der wir auch auf die anderen Mannschaften schauen müssen. Das ist erschreckend und macht mir Sorge“. Was Hoffenheims Nummer 1 besonders ärgert sind die frühen Gegentore, die das Team schon in der Anfangsphase zusätzlich unter Druck setzt.
Frühe Rückstände
Fehlende Wachsamkeit und Konzentration machten es den Gegnern leicht. Sowohl gegen Stuttgart (15. Min.), Mainz (1.) und Augsburg (8. und 23.) lag man früh in Rückstand und konnte die Partie dann nicht mehr für sich wenden. „Wir müssen besser in Spiele kommen, um auch mal in Führung zu gehen - das ist der größte Ansatzpunkt“, stellte Hoeneß zwar treffend fest, aber gebracht hat es nichts. Die Mannschaft scheint dies nicht zu verinnerlichen oder wahrzunehmen. Kapitän Baumann nach dem Augsburg-Spiel: „Die ersten 25 Minuten haben wir verpennt. Wir kriegen die Tore zu einfach“.
Fehler werden gnadenlos ausgenutzt
Tore, die vor allem durch gravierende, individuelle und taktische Fehler den Gegner begünstigen und voll in die Karten spielen. "Für mich ist es unerklärlich, wie wir heute aufgetreten sind. Natürlich hat es Mainz auch gut gemacht, aber von uns war es heute viel zu wenig. Es war ein schlechtes Spiel von uns", sagte selbstkritisch Florian Grillitsch, der zuletzt die zentrale Rolle in der Dreierkette einnahm. Die Gegner haben die Spielweise unter Hoeneß längst durchschaut, ziehen sich weit zurück, lassen die Hoffenheimer ihr wenig raumbringendes Passspiel aufziehen und lauern auf Konter. Dies haben zuletzt die Augsburger äußerst effizient genutzt und konnten trotz ihrer offensivschwachen zweiten Hälfte am Ende an den Kraichgauern vorbeiziehen.
Abhängig von Kramaric
Erneut offenbarte sich, wie wichtig Stürmer Andrej Kramaric für die Nordbadener ist. Ohne ihren Topstar, der aufgrund einer Sprunggelenkverletzung pausieren muss, gab es zwar noch keinen Saisonsieg, aber sich nur auf die Tore des Kroaten zu verlassen wäre zu einfach. Jetzt sind eben andere Spieler gefordert, in die Bresche zu springen und den Ausfall des Torjägers bestmöglichst wettzumachen. Kramaric ist zwar der Ausnahmespieler im Kader, aber eine sportliche Abhängigkeit wäre fatal.
Gegen Bayer droht die nächste bittere Pille
Sollte die Hoeneß-Truppe in der nächsten Heimpartie am Montagabend (20.30 Uhr) gegen Bayer 04 Leverkusen keine deutliche Leistungssteigerung an den Tag legen, werden sie vom Werksteam die nächste bittere Pille verabreicht bekommen. Die Spieler stehen jetzt mehr denn je in der Pflicht. Auch ihnen werden die kritischen Kommentare und Enttäuschungen der Fans nicht verborgen bleiben. Den Misserfolg nur dem noch relativ unerfahrenen Trainer zuzuschieben wäre zu billig.
Trotzreaktion wäre die beste Antwort
Eine Trotzreaktion wäre jetzt die beste Antwort. Der vorhandene Spielerkader ist trotz der Ausfälle einiger Stammkräfte stark genug, um ein Zeichen zu setzen und selbst die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Ob es dabei gegen die vermeintlich stärkeren April-Gegner oder die zumindest tabellarisch etwas schwächeren Mai-Gegner geht, spielt keine Rolle. Der Wille und die Bereitschaft sind maßgebend. Wenn es am Ende trotz größter Bemühungen und vollem Einsatz über 90 Minuten zu einer Niederlage führt, ist dies für den Fan leichter vermittelbar, wie Niederlagen der Kategorie Mainz oder Augsburg. Es ist noch nicht zu spät, um verloren gegangenen Kredit zurückzugewinnen.
Fotos: Kraichgausport (4) und Kraichgaufoto (2)