Fehlende Rotationsmöglichkeiten können zum Problem werden

Fehlende Abgezocktheit und magelhafte Chancenverwertung

Am 14. Bundesligaspieltag empfängt die TSG Hoffenheim am Samstag in der Sinsheimer WIRSOL Rhein-Neckar-Arena den Tabellenzweiten RB Leipzig. Während die Gäste aus Sachsen zuletzt ausschließlich mit positiven Ergebnissen aufwarten konnten und nur drei Zähler hinter Spitzenreiter Bayern München rangieren, hat sich die Situation bei den Kraichgauern nach den zuletzt enttäuschenden Vorstellungen beim Europa-League-Aus in Braga (1:3) und im Liga-Alltag in Hamburg (0:3) deutlich verschlechtert. Von der in der vergangenen Saison noch erfolgshungrigen Mannschaft, die mit einem begeisterten Offensivfußball auf Platz vier vorpreschte und nur knapp an der Champions-League-Qualifikation scheiterte, ist in diesem trüben Herbsttagen wenig erkennbar. Nach nur zwei Siegen aus den letz­ten zwölf Partien haben sich die Blau-Weißen auf Platz sieben aus den internationalen Rängen verabschiedet und steuern in Rich­tung Mit­tel­maß.

Für Sandro Wagner dürfte es am Samstag das vorletzte Heimspiel für die TSG werden

Nagelsmann appeliert zu mehr Engagement

Die Begriffe Er­geb­nis- und Men­ta­li­täts-Kri­se machen inzwischen die Runde. Trainer Julian Na­gels­mann und die Mannschaft sind erstmals an einem realistischen und möglichen Ziel gescheitert. Der TSG-Coach stellt sich der Situation und will nichts schön reden: „Die Ta­bel­le sieht für uns bes­ser aus, als wir ak­tu­ell sind.“ In der Tat. Zum gleichen Zeitpunkt in der vergangenen Saison hatte sein Team fünf Zähler mehr auf dem Habenkonto. Bedenklich seine Mutmaßung: „Ak­tu­ell hat man den Ein­druck, dass wir nicht alles dafür tun und nicht jeder ein­zel­ne alles dafür tut, dass man ge­winnt. Da müs­sen wir auf­wa­chen. Nicht die Mann­schaft, die viel­leicht ein biss­chen bes­se­re Ki­cker in den Rei­hen hat ge­winnt, son­dern die, die mehr Tore macht.“

Mehr Konzentration jetzt auf Training und Bundesliga

Für den erfolgsorientierten 30-jährigen Landsberger eine nicht akzeptable Situation. Er fordert von jedem Einzelnen auf den Boden der Realität zurück zu kommen und wieder einen Schritt mehr zu machen. Das Ausscheiden im Europapokal sieht der aktuelle ´Trainer des Jahres` in gewisser Hinsicht auch als Segen: „Das Ausscheiden wird uns gut tun. So haben wir wieder mehr Trainingsmöglichkeiten. Wir haben überwiegend Spieler im Kader, die Training brauchen, um sich zu entwickeln.“ In den restlichen vier Hinrundenspielen, in denen sich das Team ausschließlich auf den Ligawettbewerb konzentrieren kann, wird sich zeigen, ob es sich dabei nur um eine Momentaufnahme oder Dauerzustand handelt. Da die Mentalität über der Qualität steht, sind es jetzt die Ergebnisse, die zählen. Am vorhandenen Spielermaterial kann es nicht liegen. Das Potenzial ist zweifellos vorhanden, was fehlt ist die Abgezocktheit und Chancenverwertung. Die Mannschaft belohnt sich nicht für ihren hohen Aufwand. Abwehrchef Kevin Vogt mit seiner nüchternen Analyse nach dem internationalen Ausscheiden: „Wir müssen akzeptieren, dass wir verdient ausgeschieden sind und dabei viel Lehrgeld bezahlt haben.“ 

Intensive Trainingseinheit! Der Konkurrenzkampf hat sich bei den Kraichgauern deutlich verstärkt.

Großer Kader kann jetzt zum Problem werden

Eine der wichtigsten Aufgaben des Trainerteams  im weiteren Saisonverlauf wird es sein, den großen Kader bei Laune zu halten. Durch das Ausscheiden in zwei Pokalwettbewerben kann dies eine Herkulesaufgabe sein, weil nicht mehr genügend Rotationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. In der Rückrunde stehen nur noch 17 Bundesligapartien anstatt 27 Spielen in drei Wettbewerben, wie in der ersten Saisonhälfte. Rotationen sind nicht mehr erforderlich, der Trainer wird sich auf ein Stammpersonal festlegen. Neben einem größeren Konkurrenzkampf sind Unzufriedenheit unvermeidbar. Gut möglich, dass es neben Sandro Wagner bei passenden Angeboten noch zu weitere Abgängen kommen kann. Junge Spieler wie Philipp Ochs, Justin Hoogma, Robert Zuli, Robin Hack oder Meris Skenderovic werden sich auf Dauer nicht mit der Reservistenrolle begnügen - sie wollen und brauchen Spielpraxis. Daher wären Ausleihgeschäfte in der Winterpause eine sinnvolle und logische Konsequenz.

Mit "Jetzt-erst-Recht"-Reaktion zurück in die Erfolgsspur?

Bei aller Enttäuschung und Frust ist den Kraichgauern dennoch zuzutrauen, dass sie die erste Saisonkrise weg stecken und durch den alleinigen Fokus auf die Bundesliga  wieder ihr Potenzial abrufen und ein gewichtiges Wort bei der Vergabe der internationalen Ränge Europa mit reden. Mit einer „Jetzt-erst-Recht“-Reaktion könnte in den noch ausstehenden Hinrundenspielen gegen Leipzig, Hannover, Stuttgart und Dortmund ein wichtiger Schritt in diese Richtung unternommen werden. Nagelsmann und sein Team stehen vor einer neuen Bewährungsprobe.    

Fotos: Kraichgaufoto

Artikel teilen

WERBUNG