Es war Begeisterung pur, als Schiedsrichter Christian Dingert die Bundesligapartie zwischen der TSG Hoffenheim und Union Berlin am späten Samstagnachmittag um 17:30 Uhr abpfiff. Die Kraichgauer hatten in einer emotionalen und spannenden Partie durch einen 4:2-Heimerfolg vor ausverkauftem Haus gegen den Champions League-Anwärter aus der Bundeshauptstadt das Abstiegsgespenst endgültig vertrieben. Das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo hat einen Spieltag vor Saisonschluss mindestens drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang und das um 26 Tore bessere Torverhältnis gegenüber dem VfL Bochum. Die Treffer vor 30.150 Zuschauern erzielten für die vor allem in der ersten Hälfte effizienten Gastgeber Ihlas Bebou (23.), Andrej Kramaric (36./90.) und Munas Dabbur (90.+9), für die Berliner trafen Danilho Doekhi (45.+5) und Alssa Laidouni (90.+4). Durch seinen Doppelpack hat Hoffenheims Rekordtorschütze Kramaric nun 100 Bundesliga-Tore erzielt.
Freude, Begeisterung und Erleichterung – TSG bleibt „Erstklassig“
Spielunterbrechung aufgrund dichtem Nebel
Bevor das Spiel überhaupt an Fahrt aufnehmen konnte, musste es für vier Minuten unterbrochen werden. Vor Spielbeginn gedachte die Südkurve mit einer großen Choreografie des vor drei Jahren verstorbenen Fans Moritz, der am Spieltag gegen Union 26 Jahre alt geworden wäre. Einige Anhänger hatten jedoch hinter dem großen schwarzen Banner angefangen zu zündeln und dabei verbotene Rauchtöpfe und Pyrotechnik abgebrannt. Aufgrund der dichten Rauchschwaden war keine Sicht mehr möglich.
TSG bestraft Berliner Nachlässigkeiten effizient
Nach zögerlichem Beginn nahm die Partie danach an Fahrt auf und beide Teams rieben sich in intensiven Zweikämpfen auf. Nach einem dicken Patzer des Unioners Diogo Leite, dem eine Kopfball-Rückgabe misslang, schaltete Bebou am schnellsten, umkurvte Torhüter Frederik Rönnow und brachte die TSG 1:0 in Führung (23.). Mit der nächsten gefährlichen Aktion erhöhen die Kraichgauer auf 2:0. Nach einem Foulspiel im Strafraum an Christoph Baumgartner entschied Schiedsrichter Dingert mit Hilfe des VAR auf Strafstoß, den Kramaric sicher verwandelte (36.). In einer chancenarmen ersten Hälfte konnten die Eisernen kurz vor der Pause durch Doekhi auf 1:2 verkürzen, als dieser nach einer Ecke den Ball mit seinem fünften Kopfballtreffer in dieser Saison wuchtig unter die Querlatte beförderte (45.+4).
Union macht mächtig Druck
Im zweiten Abschnitt machen die Köpenicker mächtig Druck und drücken den Gegner zunehmend in die Defensive. Die Gastgeber verteidigten leidenschaftlich und hatten in einigen Aktionen Glück, dass die Unioner bei einigen guten Möglichkeiten (54., 64.) nicht über das nötige Zielwasser verfügten. Angetrieben durch ihre 4.000 mitgereisten lautstarken Anhänger drängte die Fischer-Elf gegen die gut gestaffelte gegnerische Hintermannschaft auf den Ausgleich. Nachdem Doekhi (79.) und Becker mit einer verunglückten Flanke (84.) weitere Chancen ungenutzt ließen, schlugen die konterstarken Nordbadener eiskalt zu.
Hoffe schlägt eiskalt zu
Auf Vorarbeit des eingewechselten Dabbur drückte Kramaric den Ball aus kurzer Distanz über die Linie zum 3:1 (90.). In der hektischen und nervenaufreibenden Nachspielzeit konnte Laidouni zwar die Berliner noch mal auf 2:3 heranbringen (90.+5), doch mit der letzten Aktion der Partie beendete Dabbur die kurze Zitterphase für die Gastgeber auf Vorarbeit von Kramaric mit dem 4:2-Endstand (90.+9). Danach war Party-Stimmung in Sinsheim angesagt. Die Begeisterung und der Jubel über den vorzeitigen, wenn auch rechnerisch noch nicht hundertprozentigen Klassenerhalt kannte keine Grenzen. Die TSG-Fans feierten die Mannschaft, Trainer Pellegrino Matarazzo wurde eine halbe Stunde nach dem Abpfiff lautstark von der Südkurve an den Zaun beordert, wo er das „Humba Täterä“ mit anstimmen musste. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte der Hoffe-Coach voller Erleichterung: „Wenn der Druck am höchsten ist, kann man die größten Emotionen feiern. Es tut dem Herz gut, wenn einen die Fans feiern. Die Jungs haben es sich verdient, sie haben sich belohnt. Aus dem Tal wieder herauszukommen, war brutal.“
Abstiegskampf war eine neue Erfahrung
Für Grischa Prömel war der Sieg gegen seinen ehemaligen Verein etwas besonderes: „Es fällt viel von uns ab. Wir genießen den Moment und saugen die Emotionen auf. Ich bin unfassbar glücklich, dass wir gewonnen haben. Wir haben immer zusammengehalten und gekämpft. Der Abstiegskampf war eine komplett neue Erfahrung für dieses Team. Wir wollen das Gefühl heute genießen und gegen Stuttgart zum Abschluss gewinnen.“
"Schwierigste Saison meiner Karriere"
Ein glücklicher zweifache Torschütze Kramaric: „Auch wenn es vielleicht mathematisch noch nicht fix ist, haben wir den Klassenerhalt geschafft. Es war kein leichtes Spiel, für mich war es eine der schwierigsten Saisons in meiner Karriere. Heute haben wir verdient gewonnen und ein gutes Spiel gezeigt. Von der ersten Minute an haben wir alles gegeben. Die Fans haben uns klasse unterstützt. Wir waren komplett fokussiert und haben insbesondere in der ersten Hälfte eine starke Leistung gezeigt. Heute dürfen wir feiern.“ Neben aller Euphorie ging der Blick des Kroaten in die Zukunft: „So eine Saison wollen wir nicht wiederholen, sondern wieder an die alten Zeiten anknüpfen. Nächste Woche in Stuttgart wollen wir Mentalität zeigen und an die heutige Leistung anknüpfen.“
"Haben es redlich verdient"
TSG-Sportdirektor Alexander Rosen sagte nach dem Spiel bei Sky: „Wir haben es uns am Schluss redlich verdient. Aber wir müssen auch ganz selbstkritisch sagen, dass wir uns als TSG Hoffenheim mit dieser Mannschaft, mit dieser Qualität, grundsätzlich nicht darüber freuen sollten, wenn wir am 33. Spieltag den Klassenerhalt schaffen. Auf der anderen Seite muss man auch sagen, wir sind gestartet nach zehn Spieltagen auf Platz vier, gewinnen dann kein Spiel mehr. Wie wir aus der Situation wieder herausgekommen sind, das ist eine besondere Leistung und da bin ich sehr stolz auf dieses Team.“
Das Zittern im Derby bleibt der TSG erspart
Beim Saisonfinale am nächsten Samstag um 15:30 Uhr gastiert die TSG im baden-württembergischen Nachbarschaftsduell beim VfB Stuttgart, während sich die „Eisernen“ in einem spannenden Fernduell mit dem punktgleichen SC Freiburg (beide 59 Zähler/Union vier Tore besser) um einen Champions League-Platz duellieren. Die Erleichterung bei den Hoffenheimern ist groß, dass man sich am Finalspieltag im Derby in Stuttgrat das große Zittern um den Klassenerhalt ersparen konnte.
Statistik:
TSG Hoffenheim: Baumann – Ozan Kabak, Brooks, Akpoguma (70. Bicakcic) – Becker, Geiger (60. Rudy), Angelino – Prömel, Kramaric– Baumgartner (65. Dabbur), Bebou
Union Berlin: Rönnow – Doekhi, Jaeckel (80. Jordan), Leite (46. Baumgartl) – Trimmel (69. Juranovic), Khedira, Roussillon – Thorsby (46. Laidouni), Haberer (69. Leweling) – Becker, Behrens
Tore: 1:0 Bebou (23.), 2:0 Kramaric (36., Foulelfmeter), 2:1 Doekhi (45.+4), 3:1 Kramaric (90.), 3:2 Laidouni (90.+5), 4:2 Dabbur (90.+9)
Schiedsrichter: Christian Dingert (Lebecksmühle)
Zuschauer: 30.150 (ausverkauft)
Fotos: Kraichgaufoto