Größte TSG-Baustelle ist die Offensive

Unliebsame Störfaktoren während der Ergebniskrise

Aktuell dreht sich bei Fußball-Bundesligist TSG Hoffenheim neben dem sportlichen Abschneiden viel um Personalangelegenheiten. Nachdem die Wechselspekulationen von Trainer Julian Nagelsmann im Sommer zu den Bayern oder Dortmundern nach der klaren Aussage von Gesellschafter Dietmar Hopp in Bezug auf Vertragserfüllung inzwischen verstummt sind, häufen sich ständig neue Wechselgerüchte von Leistungsträgern dank einer im Vertrag enthaltenen Ausstiegsklausel. Nach dem Winter-Abgang von Sandro Wagner zu den Bayern, dem bevorstehenden Sommer-Wechsel von Mark Uth zum FC Schalke, dem bevorstehenden Ausleihe-Ende bei Serge Gnabry zurück nach München verdichten sich Wechselabsichten bei Nadiem Amiri (vertragliche Ausstiegsklausel von 17 Millionen Euro) und Kerem Demirbay (vertragliche Ausstiegsklausel von 20 Mio.). Droht der TSG im Sommer der Zerfall eines großen Teams, das noch 2017 für das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte stand?

Trainer Nagelsmann dirigiert, gibt lautstarke Anweisungen - doch im Moment will es nicht richtig laufen

Saisonziel nicht aus den Augen verlieren

Nach dem Aus im DFB-Po­kal und der Eu­ro­pa Le­ague sollte der Fokus zu 1899% voll auf die Liga gerichtet werden. Ziel ist die Rückkehr auf die internationale Bühne. Doch davon sind die Kraichgauer derzeit weit entfernt. Die gezeigten Leistungen und vor allem die Resultate entsprechen nicht den ehrgeizigen Zielen. In der Rückrunde holten die Nagelsmänner in den ersten beiden Rückrundenspielen nur einen Zähler. Angesichts der bevorstehenden schweren Auswärtspartie in München dürfte sich die Punktausbeute nicht sonderlich erhöhen.

Die TSG steckt in einer Ergebniskrise

Die größte Hoffenheimer Baustelle ist die Offensive. Sowohl in den beiden Vorbereitungsspielen gegen Rotterdam und Sandhausen als auch in der Liga gegen Bremen und Leverkusen gab es 2018 in vier sieglosen Partien nur fünf Torerfolge zu verzeichnen. Nur drei Siege, vier Unentschieden und sechs Niederlagen aus den letz­ten 13 Bun­des­li­ga-Spie­len ließ die Blau-Weißen auf den 9. Tabellenplatz abrutschen, was gleichbedeutend die schlechteste Platzierung seit 16 Monaten ist. Zum gleichen Zeitpunkt standen in der vergangenen Saison sieben Punkte mehr auf der Habenseite. Aufgrund der Dichte im oberen Tabellendrittel kann es Spieltag für Spieltag rasch zu Verschiebungen kommen, dennoch kann sich kein Team eine längere Sieglosserie leisten. Der Abstand zu den unteren Regionen ist nicht all zu groß. Von einem beruhigenden Punktepolster kann hier nicht die Rede sein.

Ratloser Blick von Steven Zuber aufgrund der Ergebniskrise

Ladehemmung im Angriff

Mit Ausnahme der 4:0-Gala gegen Leipzig und dem couragierten Auftreten in Dortmund, das unglücklich verloren ging, gab es spielerisch reichlich Magerkost. Die Bälle in die Spitzen werden häufig schlampig und unpräzise gespielt. Zudem treffen die Offensivkräfte  das Tor nicht mehr. Es herrscht Ladehemmung in der personell an sich gut besetzten fordersten Front. Fehlende Effektivität und mangelnde Chancenverwertung waren Themenschwerpunkte, die in der Rückrundenvorbereitung ganz oben auf der Agenda standen. Die nüchterne Analyse von Trainer Nagelsmann nach der zweiten Saison-Heimspielniederlage gegen Leverkusen: „Der Gegner schie­ßen zwei­mal aufs Tor und schie­ßt zwei­mal rein. Und wir schie­ßen acht Mal aufs Tor und tref­fen gar nicht. Das ist am Ende der Qua­li­täts­un­ter­schied zwi­schen Platz 2 und 9.“ Klar war auch etwas Pech dabei, zumal die Gastgeber zwei Mal am Aluminium scheiterten, während die Rheinländer mit jeder Chance fast trafen. Das ist nicht in jedem Spiel so der Fall.

Was ist mit Uth und Kramaric los?

Hoffenheims Torjäger Uth wirkt seit Bekanntgabe seines Wechsels ins Revier formschwach. Sturmkollege An­d­rej Kra­ma­ric ist ein großes fußballerisches Rätsel, er kommt einfach nicht in Tritt, ist von seiner Normalform, wenige Monate vor seiner WM-Teilnahme mit Kroatien, meilenweit entfernt. Nagelsmann: „In der aktuellen Form sind wir nicht so brandgefährlich im Angriff. Dennoch ist es wichtig Chancen herauszuspielen." Der Glaube ist zwar da, aber an der Ausführung mangelt es noch. Stürmer Adam Szalai, Schütze des einzigen Treffers gegen Leverkusen: „Wir Offensivspieler wissen, dass wir vorne es besser hinbekommen müssen. Wir werden intensiv daran arbeiten, damit es wieder besser funktioniert."
Die Unterstützung aus dem Mittelfeld ist dabei besonders wichtig. In der Schlussphase standen gegen das Bayer-Team sechs Stürmer und der kopfballstarke Innenverteidiger Benjamin Hübner im Angriffszentrum. Dennoch gab es wenig zwingende, torgefährliche Aktionen. Die kreativen Mittelfeldspieler De­mir­bay (Oberschenkelprellung) und Amiri (nach überstandener Verletzung noch nicht in Normalform) wurden dabei besonders schmerzlich vermisst.

Kein Schub von der Bank

Während Nagelsmann in der vergangenen Saison des Öfteren mit Glück und Geschick den Erfolg einwechselte (13 Joker-Tore waren Liga-Top-Wert), fehlt momentan der zweite Schub von der Bank. So stellte der TSG-Fußballlehrer nach der bitteren Bayer-Pille treffend fest: „Wir hat­ten schon stär­ke­re Ein­wechs­lun­gen in mei­ner Amts­zeit.“

Im "Bonus-Spiel" neues Selbstvertrauen tanken

Wie große die Enttäuschung der Fans nach dem ersten Heimspiel im neuen Jahr war, offenbarte der Blick auf die Südkurve, die sich in wenigen Minuten nach dem Abpfiff rasend schnell leerte. Auch wenn es keine Pfiffe gab, die Enttäuschung war deutlich zu spüren. Der Glaube, dass sich das Ganze am Samstag im "Bonus-Spiel" bei den Bayern ins Positive ändert, ist nicht all zu groß. Dennoch, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. In den letzten drei Partien gegen den Tabellenführer blieben die Kraichgauer ungeschlagen. Ob sich dies als gutes Omen herausstellt, wird sich zeigen. Mit einer guten Leistung vor 75.000 Zuschauern am Samstagnachmittag könnten die Nagelsmänner verlorenes Selbstvertrauen wieder tanken.

Fotos: Kraichgaufoto

Enttäuschter Mark Uth und Das Wetter passte zur Stimmung nach der 1:4-Heimniederlage in Sinsheim

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