„Höchstwahrscheinlich wird nur noch die Hinrunde zu Ende gespielt“

Joachim Heger bleibt auch in der 16. Saison Trainer beim SV Rohrbach/S.

Während der Profifußball im Eiltempo von einer zur anderen Englischen Woche hetzt, müssen die Amateurvereine weiterhin in der Coronazwangspause ausharren. Auch beim Sinsheimer Kreisligisten SV Rohrbach/S. sehnt man sich nach einer Saisonfortsetzung, die nach einem 4:0-Erfolg über den VfB Eppingen II am 25. Oktober 2020 nach dem 10. Spieltag unterbrochen wurde. Die Mannschaft von Trainer Joachim Heger zählte zu dem Zeitpunkt als Tabellenführer mit acht Punkten Vorsprung zu den Überraschungsmannschaften im Fußballkreis. Umso ärgerlicher ist es jetzt, nicht weiterspielen zu dürfen. bwa-sport.de hat sich mit dem Rohrbacher Trainer, der bereits für die nächste Saison seine Zusage gegeben hat, über die aktuelle Situation unterhalten.

Herr Heger, wie sehr vermissen Sie den Trainings- und Spielbetrieb?
Joachim Heger:
Auch wenn ich selbst nicht mehr aktiv spiele, vermisse ich den Trainings- und Spielbetrieb doch sehr. Der Kontakt zu den Jungs beim Training und Spiel, die ganze Kameradschaft fehlt enorm – alles das, was so um den Amateurfußball herum wichtig ist. Noch schlimmer ist es allerdings für die Spieler, die fit sind und darauf brennen, endlich wieder Fußball spielen zu dürfen.

Durch Läufe und Kräftigungsübungen in Form halten

Wie ist Ihr Kontakt zu den Spielern, gibt es gemeinsame „externe“ Trainingsaktionen? Wie halten sich die Spieler momentan selbstständig fit?
Heger:
Wir haben über unsere WhatsApp-Gruppe Kontakt zueinander. Dort muss jeder Spieler pro Woche eine sportliche Aktivität dokumentieren. Das dient neben dem sportlichen auch dem sozialen Aspekt, damit man seine Teamkameraden mal wiedersieht, auch wenn es nur auf Bildern oder kurzen Videos ist. Letztlich macht dies aktuell aber jeder Spieler in erster Linie für sich selbst, da eine Rückkehr zum Trainings- und Spielbetrieb in der näheren Zukunft nicht absehbar ist. Grundsätzlich ist es aber trotzdem wichtig, dass sich jeder durch Läufe und Kräftigungsübungen in Form hält, damit man nicht ganz bei Null anfangen muss, wenn es irgendwann mal wieder losgeht.

SVR-Trainer Joachim Heger befürchtet, dass der Spielbetrieb erst nach Ostern fortgesetzt wird

Ehrlichkeit und Sportsgeist sind beim Laufwettbewerb Voraussetzung

Es gibt nach der Klopapier Challenge einen neuen Wettbewerb zwischen den Vereinen. Hier gilt es Laufkilometer zu sammeln. Nimmt Ihre Mannschaft auch dran teil und wie?
Heger:
Grundsätzlich finde ich so etwas nicht schlecht, um einen kleinen Anreiz und ein Ziel zu schaffen, auf das man hinarbeitet. Wir nehmen am 31. Januar auch an so einem Wettbewerb mit mehreren Teams teil, der von Robert Schwietz vom SV Neidenstein initiiert wurde. Es geht darum, dass an diesem Tag die teilnehmenden Spieler jeder Mannschaft laufen gehen und jeder seinen Lauf dokumentiert. Der Trainer meldet dann die besten 11 Spieler in einer dafür eingerichteten WhatsApp-Gruppe und so wird der Sieger ermittelt. Es gibt hierbei einige sinnvolle Zusatzbedingungen, wie zum Beispiel, dass jeder nur einen Lauf an diesem Tag machen darf und dass eine erforderliche Mindestdurchschnittsgeschwindigkeit erreicht werden muss, damit auch wirklich gelaufen und nicht „gewandert“ oder „spazieren gegangen“ wird. Das ganze basiert natürlich auf Ehrlichkeit und Sportsgeist der Teilnehmer, da hier ja auch geschummelt werden kann.

Eine gewisse Art von Wettkampfcharakter also.
Heger:
Ja, auch wenn die Grundlageausdauer nur ein kleiner Bestandteil der fußballspezifischen Ausdauer ist, ist es doch so ziemlich die einzige Möglichkeit, sich sportlich mit anderen Mannschaften abseits des Fußballplatzes zu messen. Letztlich ersetzt dies aber in keiner Weise das Spiel, das uns allen so sehr fehlt.

Wäre froh, wenn es nach Ostern weiterginge

Was glauben Sie, wann man wieder gemeinsam trainieren darf und der Spielbetrieb eine Fortsetzung nimmt?
Heger:
Das ist aktuell nicht einzuschätzen. Als die Saison Ende Oktober unterbrochen wurde war ich eigentlich noch ganz zuversichtlich, dass es Ende Januar mit dem Training wieder losgehen kann. Inzwischen wäre ich schon froh, wenn wir im April - also nach Ostern - wieder in den Trainingsbetrieb einsteigen könnten, gerade jetzt, wo die ganzen Einschränkungen verlängert und teilweise sogar noch verschärft worden sind. Wenn wir dann wieder einigermaßen ins normale gesellschaftliche Leben zurückkehren können, wird der Amateursport mit Sicherheit noch eine Weile hintenanstehen müssen.

Als verschworene Einheit präsentierte sich bislang der Spielerkader der 1. Mannschaft des SVR. Spieler und Funktionäre fiebern derweil dem Re-Start entgegen.

Saisonende nach absolvierter restlicher Hinrunde

Glauben Sie, dass die Saison noch zu Ende gespielt wird und Auf- und Absteiger ermittelt werden?
Heger:
Nein, definitiv nicht. Ich hatte gehofft, dass man die Hinrunde zu Ende spielt und die Liga dann in eine obere und untere Hälfte unterteilt, in der dann jeder noch einmal gegen jeden spielt, mit entsprechender Verlängerung der Saison über den 30.06. hinaus. Das wäre meiner Meinung nach eine faire Lösung für den Auf- und Abstieg gewesen. Inzwischen denke ich, dass es höchstwahrscheinlich nur noch zeitlich reicht, die Hinrunde zu Ende zu spielen und dann die Saison für beendet zu erklären.

Die Aufstiegsfreude wäre deutlich verhaltener

Der SV Rohrbach/S. hätte nach aktuellem Stand dann sehr gute Aussichten, in die Landesliga aufzusteigen.
Heger:
Das schon, aber sind wir doch ehrlich, die Freude über einen Aufstieg nach der Hälfte der absolvierten Saison wäre schon etwas verhaltener als sonst. Fakt ist aber auch, dass es in dieser Ausnahmesaison in jedem Fall auch Absteiger geben muss. Das sieht man insbesondere an der Landesliga, die mit 19 Mannschaften sehr aufgebläht ist. Nicht auszudenken, wenn letzte Saison hier noch die Tabellenzweiten der Kreisligen aufgestiegen wären.

Pro Mannschaftsteil eine Verstärkung

Der Kader wurde in der „Winterpause“ auch notgedrungen etwas aufgestockt. Wer kam alles neu hinzu?
Heger:
Wir konnten mit Dominik Dürrschmidt (Mittelfeld), Adem Ayvatas (Abwehr) und Christian Vogt (Angriff) für jeden Mannschaftsteil eine Verstärkung gewinnen. Auch Jonas Langenbach aus der eigenen Jugend, der in der Vorrunde schon einige Einsätze in der 1. Mannschaft hatte, zählt jetzt fest zu unserem Kader. Nicht zu vergessen ist auch Andreas Ergin, der nach der Winterpause nach eineinhalb Jahren Verletzungspause ebenfalls wieder einsteigt. Die Kadervergrößerung war dringend notwendig, da wir ja mit einem extrem kleinen Spielerkader von nur 14 Feldspielern in die Runde gestartet sind. So war es während der ganzen Saison Sonntag für Sonntag personell sehr eng. Diese Situation hätte sich im November/Dezember wahrscheinlich noch verschärft, wenn nämlich erfahrungsgemäß kleinere Verletzungen und Erkrankungen hinzukommen.

Es macht viel Spaß und die Mannschaft hat noch viel Potenzial

Sie haben dem Verein bereits für die Saison 2021/22 Ihre Zusage gegeben und gehen dann in Ihre 16. Trainersaison beim SVR. Was treibt Sie weiterhin an, was motiviert Sie dabei?
Heger:
Die bisherige Saison hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Wir haben nach den vielen Abgängen vor der Saison praktisch bei Null angefangen und die Mannschaft in diesem Zusammenhang stark verjüngt. Es hat mich sehr beeindruckt, wie die Jungs als Einheit zusammengewachsen sind und in jedem Training und Spiel immer Vollgas gegeben haben. Auch der Umgang mit- und untereinander während des Trainings und Spiels ist sehr positiv und konstruktiv. An diesem Erfolg hat auch Christian Heinlein als Co-Trainer einen erheblichen Anteil, wenn man sieht, wie er auf die vielen jungen Spieler einwirkt und ihnen wertvolle Tipps gibt. Insgesamt passt auch die Zusammenarbeit mit Christian und Marcus Preiss (Torspielertrainer) sehr gut. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass wir noch einiges an Potenzial in der Mannschaft haben und noch lange nicht am Ende der sportlichen Entwicklung sind. Allerdings müssen wir noch zeigen, wie wir als Team reagieren, wenn es sportlich mal über ein paar Spiele nicht so läuft, was in der bisherigen Saison zum Glück noch nicht der Fall war.

Große wirtschaftliche Folgen aufgrund fehlendem, klaren Konzept

Über verschiedene Maßnahmen des verhängten Lockdowns lässt sich diskutieren. Welche Lockerungen würden Sie sich gerne wünschen, die Ihrer Meinung nach dringend angebracht wären?
Heger:
Ein sehr kontroverses Thema. Insgesamt habe ich hier den Eindruck, dass unsere Regierung mittlerweile kein gutes Bild mehr abgibt. Beispiele hierfür sind ein fehlendes klares Konzept beim Schutz von Risikogruppen, die katastrophale Corona-App oder auch der mehr als holprige Impfstart. Meiner Meinung nach hätte man Restaurants und Geschäfte unter klaren und strikten Auflagen geöffnet lassen können, bei entsprechenden scharfen Sanktionen und Strafen bei Verstößen. Dies hätten einerseits die Milliardenhilfen deutlich reduziert (sofern sie denn ankommen) und andererseits viele vor einem bevorstehenden Konkurs bewahrt. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen wird man erst in den nächsten 1-2 Jahren sehen, wenn die staatlichen Unterstützungen wegfallen und die Unternehmen finanzielle Probleme bekommen, da ihnen diese Drittmittel fehlen.

Den Jugendlichen fehlt die gemeinsame sportliche Aktivität

Nicht nur die Seniorenfußballer, auch die vielen Jugendliche vermissen durch die lange Zwangspause den aktiven Sport. Besteht aus Ihrer Sicht womöglich die Gefahr, dass den Vereinen auch sporttreibende Jugendliche verloren gehen, die womöglich Lust oder Motivation verlieren könnten?
Heger:
Die Gefahr sehe ich auf jeden Fall. Ich befürchte, dass viele Jugendliche inzwischen „gelernt“ haben, dass man auch ohne Sport leben und die Zeit anderweitig verbringen kann. Neben dem Vereinssport kommt ja auch der Schulsport größtenteils zum Erliegen. Wenn man ehrlich ist, kann man auch verstehen, dass die wenigsten Kinder und Jugendlichen sich dazu motivieren können, alleine Joggen oder Fahrradzufahren. Die sportlichen Aktivitäten in Gruppen (Schulsport) oder Mannschaften (Vereine) haben hier eine ganz andere Attraktivität auf jeden Einzelnen, ganz zu schweigen vom fehlenden sozialen Aspekt, der auch durch den Online-Unterricht an den Schulen fehlt.

Fotos: BWA

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