„Hoffenheim hat junge, entwicklungsfähige Spieler mit hoher Qualität“

Interview mit Welt- und Europameister Stefan Reuter

In seiner über 20-jährigen Profikarriere spielte Stefan Reuter für den 1. FC Nürnberg (125 Spiele), Bayern München (95), Juventus Turin (28) und Borussia Dortmund (307). Höhepunkte in 69 A-Länderspielen waren der Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 in Italien sowie der Europameistertitel 1996 in England. Nach seiner sportlichen Karriere fungiert er als Geschäftsführer Sport zunächst beim TSV 1860 München und seit Dezember 2012 beim FC Augsburg. Nach dem 2:2 Unentschieden der Augsburger am vergangenen Wochenende bei der TSG Hoffenheim stand der 51-Jährige gegenüber bwa-sport.de Rede und Antwort.

Herr Reuter, haben Sie, als Hoffenheim fünf Minuten vor Spielende das 2:1 erzielte, noch ernsthaft an den Ausgleich geglaubt?
Stefan Reuter:
Wir sind im bisherigen Saisonverlauf immer und zu jederzeit für ein Tor gut. Nachdem der Trainer mutig und offensiv gewechselt hat, hatten wir viel Präsenz im gegnerischen Strafraum. Dazu kam natürlich auch das notwendige Glück, dass man in so einer Situation braucht.

Bundesliga geniest international großen Stellenwert

Wie bewerten Sie als ehemaliger international erfahrener Fußballprofi den aktuellen europäischen Stellenwert der Bundesligaklubs?
Reuter:
Die Bundesliga hat nach wie vor international einen großen Stellenwert. Man darf die schlechte Bilanz in den ersten zwei Europapokal-Runden nicht überbewerten. Die jeweiligen Mannschaften waren nicht komplett chancenlos. Speziell Hoffenheim traue ich durchaus zu, sich noch für die Endrunde zu qualifizieren.

Augsb

Nagelsmann hat eine richtig gute Mannschaft

Wie bewerten Sie die bisherigen Saisonleistungen der TSG?
Reuter:
Es war klar, dass man die Abgänge von Rudy und Süle nicht so einfach ersetzen kann. Dennoch stehen im Kader junge, entwicklungsfähige Spieler mit hoher Qualität. Im Offensivbereich ist die Mannschaft sehr variabel. Trainer Nagelsmann hat eine richtig gute Mannschaft.

Hoffenheims Tabellenstand sagt vieles aus

Die Erwartungshaltung und Ansprüche im Umfeld sind folglich auch gestiegen.
Reuter:
So ist das Geschäft. Wenn man so einen Erfolg hat wie die TSG in der letzten Saison, und dann gleich wieder oben in der Tabelle steht, sagt dies vieles aus.

TSG muss noch lernen und Erfahrungen sammeln

Die Mehrfachbelastung hat dennoch deutliche Spuren hinterlassen.
Reuter:
Das ist normal. In Bayern und Dortmund sehe ich die einzigen Vereine, die mit dem Mehrfach-Rhythmus zu Recht kommen. Dies ist zum Teil Gewohnheitssache und auf einen großen, breiten Spielerkader zurück zu führen. Davor muss man einfach den Hut ziehen. Mannschaften wie Hoffenheim müssen hier noch lernen und ihre Erfahrungen sammeln.

Spieler sind heute einer höheren Belastung ausgesetzt

Von einer ´Mehrfachbelastung` war früher nie die Rede.
Reuter:
Zu meiner Zeit gab es einige Spiele, wo man nicht so sehr an das Leistungslimit gehen musste. In der heutigen Zeit sind alle Mannschaften körperlich, athletisch und taktisch sehr gut. Auch die Räume sind viel enger, alles ist viel kompakter und schneller. Man muss immer ans Limit gehen, um seine Spiele zu gewinnen. Auch medial müssen sich die Spieler heute mehr einbringen und Sponsorentermine wahrnehmen. Das ist eine deutlich höhere Belastung als noch zu meiner aktiven Zeit.

Hoffenheim wird erneut international vertreten sein

Was trauen Sie den Kraichgauern am Saisonende zu?
Reuter:
Ich glaube schon, dass sie am Ende wieder oben dabei sein werden und sich erneut für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren.

Fotos: Fußball Media und Kraichgaufoto

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