Hoffenheim vergibt fahrlässig sicher geglaubten Derbysieg

Nach einer deutlichen Leistungssteigerung zuletzt gegen Dortmund (1:1) und Augsburg (3:1) ist die TSG Hoffenheim nach einem 2:2 gegen krisengeschüttelte Stuttgarter, bei denen zudem noch drei Leistungsträger fehlten, wieder Ernüchterung eingekehrt. Ein Heimsieg im Derby wurde fest anvisiert und er war auch greifbar nahe. Die Kraichgauer waren in der ersten Spielhälfte die dominierende, bessere Mannschaft, hatten die klaren Torchancen. Bereits nach drei Minuten scheiterte Innenverteidiger Ermin Bicakcic nach einer Ecke aus kurzer Distanz am Pfosten. Nachdem Martin Harnik die größte Chance der Schwaben in der 27. Minute frei vor Torhüter Oliver Baumann vergab, fiel sechs Minuten später auf der anderen Seite die verdiente Führung. Kevin Volland verwandelte einen Strafstoß, nachdem Pirmin Schwegler im Strafraum zu Fall gebracht wurde. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung.

Vargas mit einem beinahe „Tor des Monats“

Weitere sechs Minuten später die wohl schönste Aktion des gesamten Spiels. Hoffenheims Stürmer Eduardo Vargas lupft den Ball gefühlvoll von halbrechts, aus gut und gerne 25 Meter, über den etwas weit vor seinem Tor stehenden Keeper Tyton Przemyslaw. Dieser lenkt mit einer Glanzparade im Rückwärtslaufen den Ball noch mit den Fingerspitzen an den Innenpfosten, von wo er zurück in seine Arme springt. Zur Pause stand so eine magere, knappe 1:0 Führung, die aufgrund der Spielanteile und der Tormöglichkeiten durchaus hätte höher ausfallen können.

Nach gutem Start verliert Hoffenehim seinen Spielrythmus

Gleich zu Beginn der 2. Hälfte die große Chance zum 2:0. Erst Volland, dann Vargas und letztendlich Sebastian Rudy scheiterten im Sekundentakt vor dem VfB-Tor. Unerklärlich plötzlich der Einbruch im Spiel der Gastgeber. Viele Abspielfehler und nachlassende Offensivbemühungen brachten den Gegner immer besser ins Spiel. In der 52. Minute scheitert Timo Werner in aussichtsreicher Position aus fünf Metern an Torhüter Baumann. Gästetrainer Alexander Zorniger versuchte es zu diesem frühen Zeitpunkt mit einem ungewöhnlichen Dreifachwechsel, welcher sich nur eine Minute später bezahlt machte. Nach einer Ecke köpfte der eingewechselte 21-jährige Jan Kliment zum, zu diesem Zeitpunkt, nicht unverdienten Ausgleich. Hoffenheim kassierte die Quittung für sein viel zu passives Spiel ohne jeglichen Druck nach vorn mit vielen Fehlpässen und verlorenen Zweikämpfen. Die Bad Canstatter waren zu diesem Zeitpunkt deutlich spritziger und effektiver.

Blitzkonter sorgte für erneute Führung

Trainer Markus Gisdol reagierte, brachte mit Kevin Kuranyi und Tobias Strobl frische Kräfte, verstärkte die Offensive. Blitzschnell ging es dann in der 77. Minute. Baumann bediente mit einem weiten Abwurf über 40 Meter Vargas, dieser passte auf Volland, der nachdem er zunächst gebremst wurde, über den orientierungslos herauseilenden Torhüter Przemyslaw aus halbrechter Position in der Rückwärtsbewegung grandios ins leere Tor lupfte. Für einen Großteil der 30.150 Zuschauer, in der ausverkauften Sinsheimer Arena, schien dies die Vorentscheidung, zumal Stuttgart in der Folgezeit seinen Spielrythmus verlor und kopf- und planlos anrannte. Bezeichnend für das Hoffenheimer Spiel ein Konter, der zur endgültigen Entscheidung hätte führen können. In Überzahl vergaben Rudy, Volland und Vargas leichtfertig.

Wieder ein Gegentor in der Nachspielzeit

Es kam, wie es kommen musste. Die Stadionuhr blieb bereits bei 90 Minuten stehen, als VfB-Stürmer Werner eine Flanke von rechts unbedrängt aus fünf Meter ins lange Eck zum 2:2 einköpfte. Fünf Gegenspieler standen dabei ohne Gegenwehr Spalier. Ein Treffer, wie ein Schock. Es war bereits das dritte Mal im vierten Heimspiel, dass man einen entscheidenden Last-Minute-Treffer kassierte und sich so um den verdienten Lohn brachte. Und es hätte, wie schon gegen Bremen, als zwei Gegentore in der Nachspielzeit fielen, noch schlimmer kommen können. Mit der letzten Aktion der Partie, setzte Werner aus sieben Meter freistehende den Ball neben das Tor.

Mit dem Ergebnis war keinem geholfen

Kevin Volland: „Stuttgart war nach dem 2:1 praktisch schon tot, dann bekommst du so ein unnötiges Kopfballtor in letzter Minute. Der Punkt bringt beiden nichts, er füllt sich für mich eher wie eine Niederlage an. Es wird noch ein harter Weg für uns in dieser Saison.“
Stuttgart rutschte, nach Hannovers Sieg über Bremen, auf den letzten Platz. Mit 19 Gegentreffer in acht Partien sowie einer mangelhaften Chancenverwertung im Angriff gehen die Schwaben weiter schweren Zeiten entgegen. Für die Hoffenheimer war der späte Ausgleich gleichbedeutend mit einer gefühlten Niederlage.

VfB-Coach Zorniger sprach in der Pressekonferenz von einem verdienten und glücklichen Punkt, wenngleich er der vergebenen Siegchance in der 93. Minute noch nachtrauerte. Für Kollege Gisdol waren es die beiden hundertprozentigen Konterchancen nach der Pause, die nicht ausgespielt wurden und so zu einem frühen Zeitpunkt die Partie entschieden hätten. Besonders ärgerlich für ihn, dass drei festverbuchte Punkte in der Schlussphase durch eine hektische Spielweise verschenkt wurden.

Ein Unentschieden, das sich für beide wie eine Niederlage anfühlte

Die positive Stimmung bei den Kraichgauern, aufgrund der letzten beiden Resultate, war mit einem Schlag verflogen. Die Enttäuschung war bei der blau-weißen Anhängerschaft bis unters Stadiondach spürbar. Das unnötige Remis muss nun in der zweiwöchigen Länderspielpause verarbeitet werden. Das dies nicht einfach wird, wurde im Gespräch mit den Beteiligten nach der Partie deutlich. Man tat sich schwer, bei der Ursachenforschung in Verbindung mit den späten Gegentreffern. In der Nachspielzeit wurden gegen Bayern München, Werder Bremen und zuletzt Stuttgart vier sicher geglaubte Punkte verschenkt. Statt im Mittelfeld bleibt die TSG weiterhin auf dem enttäuschenden 15. Platz. Am 17. Oktober müssen die Blau-Weißen beim VfL Wolfsburg antreten.

Fotos: BWA

Volland bringt die TSG per Strafstoß in Führung, Torjubel nach der 1:0 Führung, Volland vergibt eine Konterchance, Stuttgart bejubelt den 1:1 Ausgleich, Begeisterung im Gästeblock nach dem späten 2:2 Ausgleich, Ein enttäuschter Volland, trotz seiner beiden Treffer, und Gisdol (li.) und Zorniger (re.) konnten mit dem Punkteteilung nicht sonderlich zufrieden sein

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