Das mediale Interesse an der Trainer-Vorstellung von Julian Nagelsmann am heutigen Freitag, vor dem Auswärtsspiel der TSG Hoffenheim bei Werder Bremen, war gewaltig. Der Presseraum im Dietmar-Hopp-Sportpark war total überfüllt. Der jüngste Bundesliga-Trainer steht vor einer Mamut-Aufgabe. Er soll das aus der Spur geratene Team von Vorgänger Huub Stevens vorm Abstieg retten. Nagelsmann wirkte bei seinen Aussagen souverän, überzeugend und glaubhaft. Der erste öffentliche Auftritt als Hoffenheimer Profi-Trainer machte einen zielorientierten, selbstbewussten Eindruck: „Ich bin sehr überzeugt, dass wir mit der Mannschaft besser Fußball spielen und den Klassenerhalt schaffen können. Ich habe Respekt, aber keine Angst vor der Aufgabe. Grundsätzlich glaube ich, dass ich mit meiner Art neue Reize setzen kann.“
Dass er mit 28 Jahren jünger als mancher TSG-Profi ist, sieht er nicht als Nachteil: „Ich kann mich dadurch besser in die Spieler versetzen als ältere Trainer. Ich spreche die Sprache der Spieler, das ist ein Vorteil. Meine Aufgabe ist die gleiche wie bei jedem anderen Trainer auch. Ich muss Inhalte vermitteln.“ Für seine offene Art spricht, dass ihn die Spieler duzen.
Von der Mannschaft ist er vollends überzeugt, sieht sie in einem sehr guten Zustand: „Im Training gestern haben die Spieler befreit und sehr engagiert gewirkt. Wir werden am Wochenende das Ergebnis der Arbeit mit der Mannschaft sehen.“ Lange musste er nicht überlegen, um den Job des Cheftrainer viereinhalb Monate früher als geplant zu übernehmen: „Ich war schnell überzeugt, es zu machen. Weil ich auch überzeugt bin, dass wir mit der Mannschaft besser Fußball spielen und auch die Klasse halten können.“ Bedenken oder Zweifel gab es für ihn keine: „Ich hatte vor jeder Aufgabe, die mir in meinem Leben gestellt wurde, Respekt. Aber niemals Angst, sondern immer die Überzeugung, das zu schaffen, und die habe ich auch jetzt.“
Dass seine noch junge Karriere durch einen möglichen Abstieg zu einem frühen Zeitpunkt Schaden nehmen würde, befürchtete er nicht: „Ich habe einen Vertrag bis 2019 unterschrieben und mache mir keine Gedanken darüber, welche Beulen meine persönliche Karriere bekommen könnte. Es geht um den Verein und darum, dass wir nächstes Jahr in der 1. Liga spielen. Die eine oder andere Beule kann ich vertragen und trotzdem wieder aufstehen.“
Nach der Pressekonferenz begann der Alltag für den neuen Bundesliga-Coach. Nach dem Geheimtraining gestern in der WIRSOL Rhein-Neckar-Arena bereitetet Nagelsmann seine Mannschaft im ersten Training nach seiner Vorstellung auf das schwere Auswärtsspiel in Bremen vor. Seine gewünschte Spielweise bezeichnete er wie folgt: „Wir wollen ein bisschen offensiver zu Werke gehen, weil wir Tore brauchen. Man konnte in den letzten Wochen sehen, dass die Mannschaft stabiler steht, dass sie weniger Chancen zulässt und weniger Gegentore bekommt. Jetzt geht es darum, dass wir in der Offensive mehr Kreativität entwickeln, mehr Torgefahr ausstrahlen, denn wir müssen Spiele gewinnen, das ist jedem klar. Darum geht es in den nächsten Wochen.“ Seine Spielausrichtung ist geprägt von der achtzehn99-Akademie: „Ich mag schnelle und frühe Balleroberungen, aber ich habe schon auch gerne den Ball. Der Gegner kann in diesen Phasen keine Tore schießen.“
Nagelsmann weiß um die Bedeutung der Samstagspartie in Bremen: „Die Zeit ist begrenzt, ich kann keine Bäume ausreißen. Zu aller erst geht es darum, die Spieler im Kopf zu erreichen, Blockaden zu lösen, ihnen Mut zuzusprechen. Ich glaube, dass ich mit meiner Art neue Reize setzen kann, aber ich habe auch inhaltlich neue Ideen, wo ich ansetzen möchte, um besser Fußball zu spielen. Es geht darum, eine Leistungssteigerung zu erzeugen, damit sich an der Situation etwas ändert.“
In Bremen steht für die Hoffenheimer viel auf dem Spiel. Bei einer Niederlage würde sich der Abstand zu den rettenden Tabellenplätzen deutlich vergrößern.
Auf Nachfrage von bwa-sport.de bestätigte Nagelsmann einen Anruf von TSG-Boss Dietmar Hopp: „Herr Hopp hat mir gratuliert und viel Glück gewünscht, er hat ein gutes Gefühl, dass wir das schaffen werden und dass der gesamte Klub hinter mir steht.“ Na denn, viel Glück!
Fotos: BWA