„Ich bin überzeugt, dass es mit Ralf Rangnick gut funktioniert“

"Nagelsmann - ganz nah" offenbarte viel Wissenswerte über den TSG-Coach

Dass Hoffenheims Erfolgstrainer Julian Nagelsmann nicht nur auf und neben dem Fußballfeld eine gute Figur abgibt sondern auch in anderen Bereichen zu überzeugen weiß, davon konnten sich rund 500 Besucher beim 3. RNZ-Sportforum in der voll besetzten Halle 02 in der Heidelberger Bahnstadt überzeugen. Unter dem Motto „Nagelsmann – ganz nah“ war das außergewöhnliche Trainertalent, das meinungsstark, wortgewand, authentisch und bodenständig rüber kommt, auch abseits des Fußballs einmal ganz anders zu erleben.

Nageslmann-Hackbraten als Spezialgericht

Der 31-jährige Fußballlehrer zeigte in Zusammenarbeit mit vier Spitzenköchen der Kochschule Eppelheim, dass er auch hier Talent hat. Im Talk mit Moderator und RNZ-Sportchef Joachim Klaehn, der ihm höchstes Entertainment attestierte, hatte Nagelsmann wie immer stets einen flotten Spruch parat. Dabei machte er klar verständlich, dass für ihn die Reihenfolge „essen, probieren und dann erst kochen“ nahe liegt, zumal man im ´Haushalt Nagelsmann` in Wiesenbach nur eine kleine Einbauküche habe, die wenig Bewegungsfreiraum bietet. Und wenn er schon mal am Kochen ist, dann bevorzuge er den nagelsmännischen Hackbraten als Spezialgericht: „Das ist ein einfaches Essen, aber gut. Das Rezept ist keines von der Stange. Mein Hackbraten würde dem Calli (Calmund) auch schmecken.“

Nagelsmann stellte sich beim Kochen sehr geschickt an. Anschließend servierte er Leckereien an das Publikum.

Kostprobe gefällig?

Nachdem dem gebürtigen Landsberger die tiefen Tischarbeitsplatten beim Kochen mit der Zeit aufs Kreuz drückten, fragte er nach einem „Gutschein für die Reha". Auch stellte er schnell fest, dass rohe Spargel zwar genießbar sind, aber „überhaupt nicht schmecken“. Reichlich Applaus gab es, nachdem er die fast einstündige Kochrunde mit Bravour hinter sich gebracht hatte und anschließend mit seinem Videoassistenten und engen Vertrauten Benjamin Glück und weiteren fleißigen Helfern die leckeren Häppchen unter den Besuchern verteilte.

Nagelsmann mal ganz anders

Im zweiten Teil des Programms stand nach einem schnellen Bühnenumbau die Person Julian Nagelsmann im Vordergrund. Moderator Klaehn hatte sich eine ganze Reihe Fragen zu Recht gelegt, auf die der redegewandte Hoffe-Coach stets eine passende und launige Antwort hatte. Hier eine Auswahl der besten Zitate und Sprüche:

Über seine Kindheit: „Ich hatte eine sehr schöne Kindheit, war viel in der Natur. Meine Eltern haben mich dafür begeistert. Ich war aber kein leichtes Kind, eher ein Zappelphilipp und immer in Bewegung. Ich war schon ein recht Wilder, der gefühlt 16 Baumhäuser gebaut hat und Mutter Walpurga von meinen Touren in der freien Natur viel Wäsche nach Hause brachte. Daheim haben wir mehr mit Lehm als mit Playstation und Gameboy gespielt.“

Über die Aktivitäten mit dem Bruder: „Mit meinem Bruder André habe ich im Wohnzimmer immer Football gespielt, einmal bin ich dabei mal mit dem Kopf an den Marmortisch geknallt. Eine Beule an der Stirn erinnert mich heute noch daran." Bei einer eingespielten Videobotschaft des älteren Bruders war zudem noch von einem gebrochenen Schlüsselbein und Unterarmbrüchen die Rede."

Über Werte in seiner Familie: „Über allem stand Zufriedenheit und Dankbarkeit für das, was man hat. Wir waren nicht reich, aber es ging uns nicht schlecht. Drei Kinder, Golden Retriever, Einfamilienhaus - hat nur der Golf gefehlt. Verlässlichkeit war wichtig und auch Höflichkeit. Wenn ich mal eine ältere Dame auf dem Weg zur Kirche nicht gegrüßt habe, wusste meine Mutter das schon vor dem ersten Vaterunser. Das hat mich natürlich geprägt.“

Über Rückschläge im Leben: Aufgrund eines Knorpelschadens muss er mit 20 Jahren den Traum von der Profikarriere beenden, kurz darauf verstirbt sein Vater. „Meine Persönlichkeitsentwicklung hat das natürlich geprägt. Unsere Familie ist dadurch noch enger zusammengerückt und ich bin an viele Dinge mit größerer Ernsthaftigkeit angegangen. Partys waren in der Zeit nicht so mein Ding. Dadurch, dass ich mich früh um vieles kümmern musste, wie zum Beispiel das Verkaufen des Elternhauses, habe ich gelernt früh Verantwortung zu übernehmen.“

Über Einkaufs-und Gewohnheiten: „Ich achte sehr genau, wo die Dinge herkommen und wie sie verarbeitet sind. Gesund sollte es sein, schließlich ist Nahrung ja erst einmal zur Energielieferung da. Qualität ist wichtig.“

Über seinen Jackentick: „Ich versuche tatsächlich bei jedem Spiel eine andere Jacke zu tragen. Das gelingt mir aber nicht immer. Der rote Mantel, den ich mal in München trug und den ich dann für einen guten Zweck versteigern ließ, bleibt in guter Erinnerung.“

Vollbesetzte Halle 02 in der Heidelberger Bahnstadt

"Dass mich Herr Hopp nicht zu den Bayern ließ, war im Nachhinein die richtige Entscheidung"

Über seine Zeit als Jugendtrainer in Hoffenheim: „Ich hatte das Glück, dass in Hoffenheim mit Xaver Zembrod und Tayfun Korkut zwei Trainer wirkten, die viele Elemente des Ballbesitzfußballs trainierten. Da habe ich viel gelernt. Auch Ernst Tanner und Bernhard Peters haben mir viel mitgegeben."

Über Dietmar Hopp: „Er ist definitiv einer meiner größten Förderer. Er stand immer zu 100 Prozent hinter mir, das war wirklich großartig. Dafür, dass er mich nicht zur U17 des FC Bayern gehen ließ, weil er für mich in Hoffenheim eine bessere Perspektive sah, bin ich ihm heute noch dankbar. Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung.“

Über Alexander Rosen: „Unsere Gespräche beginnen immer erst einmal mit 10 Minuten Blödsinn. Auch vor Bundesliga-Spielen machen wir das und sind wirklich locker. Das macht unsere Zusammenarbeit aus. Alex war immer auch ein Grund, warum ich mit so viel Freude auf das TSG-Gelände gekommen bin.“

Über seine Art als Trainer: „Ich bin als Trainer eher der Kumpeltyp. Ich mache gerne einen Spruch, habe aber auch kein Problem damit, wenn ich mal einen gesteckt bekomme. Ich war früher in der Schule auch besser, wenn die Lehrer gute Typen waren. Doch leider gab es davon nur wenige, die gut waren.“

Über das Verhältnis zu Spielern: „Ich bin eher der Kumpeltyp und versuche immer eine enge Beziehung zu meinen Spielern aufzubauen. Damals in der Schule habe ich auch bei den Lehrern bessere Noten geschrieben, mit denen ich gut klargekommen bin.“

Über die Fans: „Wenn wir gegen Leverkusen 4:1 führen und ich sehe, dass viele Fans bereits gehen, habe ich damit ein Problem. Das ist schon besser geworden, aber da geht noch mehr.“

Über Ralf Rangnick: „Ich bin überzeugt, dass es mit Ralf Rangnick gut funktioniert. Da kommt gute Kompetenz zusammen. Wenn ich in Leipzig so arbeiten kann wie in Hoffenheim, wird das auch in Leipzig gut.“

Ein Job bei einem großen Klub ist das Ziel - das Amt des Bundestrainers eher nicht

Über einen Job bei einem großen Klub: „Das ist das Ziel. Ich traue mir so einen Job durchaus zu.  Da ich viel über die Sprache komme, ist dieses Thema aber ganz wichtig. Die Landessprache zu beherrschen, ist deshalb Grundvoraussetzung. Auch muss man mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und Nationalitäten klar kommen.“

Über Ambitionen für das Amt des Bundestrainers: „Der Nachfolger von Joachim Löw zu sein, ist für mich total unattraktiv. In den nächsten Jahren sehe ich mich noch im Klubfußball. Würden sie also heute anrufen - wer auch immer da derzeit anruft - würde ich Stand jetzt nicht zusagen. Vielleicht ist das mal irgendwann ein Thema."

Über seine weitere Trainerkarriere: „Ich versuche, den Absprung zu schaffen, weil das Geschäft für einen Familienvater viele Schattenseiten hat. Nur wenn ich in zehn Jahren noch keinen Titel gewonnen habe, mache ich weiter.“

Über Personen, die ihn beraten: „Ich habe zwei Leute gefunden, die mir sehr viel helfen bei verschiedenen Themen, überwiegend Gesundheitsthemen, um einen guten Grad an Entspannung zu haben. Einer kommt aus der Wirtschaft und hat lange Zeit im Sport gearbeitet, und der andere kommt aus dem Basketball.“

"Bringe meine Zeit gut zu Ende - versprochen!"

Im Sommer wird der 31-Jährige als Cheftrainer zu RB Leipzig wechseln. Vor seinem Abschied will er sich jedoch noch anständig und mit bestmöglichem sportlichen Erfolg aus dem Kraichgau verabschieden. Nagelsmann: „Es war sicher eine Erfolgsgeschichte und eine außergewöhnlich schöne Zeit. Ich bringe sie gut zu Ende, das verspreche ich Euch." Nagelsmann stand nach dem offiziellen Programm den Besuchern zum Plausch, Selfies und Autogrammen geduldig zur Verfügung. Positiv auch: Der gesamte Erlös der Veranstaltung kommt den Waldpiraten Heidelberg, einer Einrichtung der Kinderkrebsstiftung, zugute. Rundum eine tolle, lobenswerte Veranstaltung, mit hohem Unterhaltungswert.

Fotos: BWA und Fussball-Media

Julian Nagelsmann mit Joachim Klaehn und Gruppenfoto am Ende der Veranstaltung

Artikel teilen

WERBUNG