„Man spielt für etwas, nicht gegen etwas“

Noch sechs Endspiele um Europa – Kommt es zum Finale gegen die Bayern?

Nach drei Niederlagen in Folge (Frankfurt, Stuttgart und Leverkusen) hat die TSG Hoffenheim am 28. Bundesliga-Spieltag mit einem 3:1-Heimerfolg über den FC Augsburg wieder das Ruder herumreißen können und sich im Kampf ums internationale Geschäft zurückgemeldet. Die Begeisterung und Freude am vergangenen Sonntag beim Familien-Spieltag am Technik-Museum vor fast ausverkauftem Hause war bei Spielern, Funktionären und Fans entsprechend groß.

Durchwachsenes Restprogramm

Der Blick im Saisonendspurt ist klipp und klar aufs internationale Bankett gerichtet. Gegen die noch ausstehenden Gegner Mainz (A), Mönchengladbach (H), Bochum (A), Leipzig (H), Darmstadt (A) und München (H) sollen die nötigen Punkte eingefahren werden, um am Ende im Dreikampf mit Freiburg und Augsburg (mindestens) den 7. Tabellenplatz zu erreichen.

Für Abwehrchef Florian Grillitsch (Mitte) ist eine eingespielte Hintermannschaft von großem Vorteil

Eingespielte Hintermannschaft

Auffallend war zuletzt, dass die Defensive etwas stabiler wirkte und deutlich weniger Chancen zuließ. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch die Tatsache, dass die Nordbadener in den letzten Partien nicht ständig personell aufgrund von Verletzungen und Sperren umstellen mussten.

„Ich bin ein Fan von einer eingespielten Hintermannschaft“

TSG-Innenverteidiger Florian Grillitsch

Abwehrorganisator Florian Grillitsch hat dies gegenüber bwa-sport.de bestätigt: „Es ist schon wichtig, dass in der letzten Kette die Abläufe klar sind und man die Spieler neben sich gut kennt und dadurch mehr Konstanz vorhanden ist. Ich bin schon ein Fan von einer eingespielten Hintermannschaft.“

Trainer Pellegrino Matarazzo im Dialog mit Andrej Kramaric während des Augsburg-Spiels

Ist am Ende die personelle Situation ausschlaggebend?

Womöglich kann auch die aktuelle Personalsituation im Saisonendspurt eine wichtige Rolle spielen. Für den Geschäftsführer Sport Alexander Rosen war dies in einer schwierigen und entscheidenden Phase beim Duell mit den Fuggerstädterb ein nicht unwesentlicher Faktor für den späteren Heimsieg: „Ein großes Plus war gegen Augsburg, dass alle fünf Einwechselspieler neue Impulse ins Spiel brachten und der Mannschaft richtig guttaten. Gerade in der Schlussphase einer Saison ist es von großem Vorteil, eine so Breite im Spielerkader zu haben. Das kann schon das Pfund sein.“

„Es ist sehr wichtig, dass jetzt alle an Bord sind“

Chef-Trainer Pellegrino Matarazzo

Trainer Pellegrino Matarazzo pflichtet dem bei: „Es ist sehr wichtig, dass jetzt alle an Bord sind. Unsere Einwechselspieler haben viel dazu beigetragen, dass wir gegen Augsburg gewonnen haben. Das ist enorm wichtig für uns.“  

Vier der fünf gegen Augsburg eingewechselten Spieler, die nochmal frischen Wind ins Spiel brachten: Von links: Finn Ole Becker, Umut Tohumcu, Marius Bülter und Ihlas Bebou.

Für einen Karnevalsverein könnte es böse enden

Wichtig ist es jetzt am Samstag (15:30 Uhr) in Mainz nachzulegen. Die 05er stecken auf Relegationsplatz 16 mit einem Punkt Vorsprung auf die Kölner bis zum Hals in Abstiegssorgen. Trotz des deutlichen 4:0-Heimerfolgs zuletzt gegen Schlusslicht Darmstadt 98 hat sich die Lage für die Rheinhessen dadurch nicht entspannt, zumal die Kölner mit einem 2:1-Erfolg über Bochum auch drei Punkte einfuhren und auch den Grönemeyer-Klub wieder tiefer in den Abstiegsstrudel zogen.

„Von der Art und Weise erwarte ich ein ähnliches Spiel wie gegen Augsburg“

Grillitsch über den nächsten Gegner

Hoffenheims österreichische Nationalspieler Grillitsch sieht im nächsten Gegner Mainz hinsichtlich der Spielweise Parallelen zum letzten Spiel: „Von der Art und Weise erwarte ich ein ähnliches Spiel wie zuletzt gegen Augsburg. Mainz spielt auch viele lange, zweite Bälle, ist zudem sehr aggressiv. Es wird mit Sicherheit ein intensives Spiel werden. Unser Ziel ist natürlich auch dort einen Sieg zu holen.“

Wout Weghorst blickt zuversichtlich auf die noch ausstehenden sechs Saisonspiele

„Wir sind voll im Rennen für einen Europa League-Platz“

Wout Weghorst zur Zielausrichtung

Für den niederländischen Nationalstürmer Wout Weghorst, der nicht nur wegen seines Treffers zur 1:0-Führung gegen Augsburg eine Top Leistung bot, wäre dies dringend nötig, um im Saisonendspurt noch eine Platzierung fürs internationale Geschäft zu erreichen: „Wir sind mit Freiburg und Augsburg punktgleich, da ist jetzt alles offen. Du willst immer nach dem Höchsten streben, wir sind voll im Rennen um die Europa-League-Plätze. Das ist unser Ziel. In den letzten sechs Spielen gilt es jetzt alles dafür zu tun und voll dagegenzuhalten.“

Alex Rosen (li.) – hier zusammen mit Trainer Matarazzo – sieht einen großen Unterschied zur vergangenen Saison

Man spielt für etwas, nicht gegen etwas

Wie wichtig ist es für die TSG Hoffenheim in der nächsten Saison international zu spielen? Geschäftsführer Sport Alexander Rosen sieht dies – zumindest nach außen hin – entspannt: „Zunächst ist es einmal positiv, dass wir für etwas spielen, nämlich eine internationale Platzierung. Nicht wie in der vergangenen Saison, wo wir gegen etwas spielten, nämlich den Abstieg. Das schöne ist aus meiner Sicht, dass man darum spielen darf und nicht muss. Das ist ein großer Unterschied.“

Alex Rosen hofft auf eine internationale Teilnahme der TSG in der nächsten Saison

„Wir wollen und dürfen jetzt darum spielen, das gibt eine gute Energie

Alex Rosen zur Situation im Saisonendspurt

Rosen tut zwar gut daran den Druck von der Mannschaft durch solche Aussagen zu nehmen, weiß aber sehr wohl, welche Bedeutung eine internationale Teilnahme für den Dorfverein hat: „Wir sind kein etablierter Top-6 Klub, der jetzt da oben reinkommen muss. Wir wollen und dürfen jetzt darum spielen, das gibt eine gute Energie. Als Verein hat man international eine andere Wirksamkeit nach außen. Es wird auch hochgradig spannend in diesem neuen, nicht mehr Gruppen- sondern Ligensystem dabei zu sein. Doch ob Europa- oder Conference-League, beides ist nicht vergleichbar mit der Champions League, wo deutlich mehr Gelder fließen. Die Verhältnismäßigkeiten in diesen internationalen Wettbewerben sind überhaupt nicht gegeben, deshalb wird die Schere auch immer größer. Natürlich ist eine Europapokalteilnahme für das Image und finanziell von Vorteil.“

Zwei aktuelle Stammspieler, die aus der eigenen Akademie stammen: Umut Tohumcu (li.) und Tim Drexler (re.)

Der halbe Spielerkader kommt aus der eigenen Akademie

Mächtig stolz ist der gebürtige Augsburger zu Recht, wenn es um den Nachwuchs geht: „Es macht uns extrem stolz, dass die Hälfte unseres Kaders aus eigenen Akademiespielern besteht. Das gibt es bei keinem anderen Klub in der Bundesliga. Und dies ist kein Phänomen dieses Jahres, sondern Jahr für Jahr der Fall. Die Balance zwischen Talenten und erfahrenen Spielern passt bei uns sehr gut. Wir haben eine ganz gute Strategie und hervorragende Vernetzung in der Akademie.“

„Wir sind zehn Jahren auf diesem Niveau wie kein anderer Verein“

Rosen zur Hoffenheimer Akademiearbeit

Als aktuelles Beispiel soll dabei nicht unerwähnt bleiben, dass die U23 um den Drittliga-Aufstieg mitspielt, die U19 schon fast Süddeutscher Meister ist und im Pokalfinale steht. Rosen: „Wir machen dies seit zehn Jahren auf diesem Niveau wie kein anderer Verein und das ist cool.“

Maximilian Beier – Hoffenheims Shootingstar dieser Saison. Kann die TSG Hoffenheim ihren begehrten Torjäger übers Saisonende hinaus halten?

Die DNA ist klar definiert

Cool finden es die Fans dagegen nicht, wenn einige dieser aufstrebenden Eigengewächse, wie zuletzt Christoph Baumgarter zu RB Leipzig, für viel Geld abgegeben werden. Rosen hat hierfür volles Verständnis: „Natürlich fühlt es sich negativ an, wenn wir eines dieser tollen Talente abgeben müssen, aber das ist Teil dieser Geschichte. Es ist unsere DNA, dass wir auf diese Spieler eine große Aufmerksamkeit legen und den Mut haben sie zu bringen und sie entwickeln.“

Unvergessener Spielfeldsturm am 12. Mai 2018 in Sinsheim, als die TSG sich mit einem 4:0-Heimsieg über Borussia Dortmund am letzten Spieltag für die Champions League qualifizierte.

Finale gegen die Bayern?

Mut soll auch das abschließende Stichwort sein. Wenn es den Kraichgauern gelingt, mutig, mit voller Leidenschaft und Hingabe sowie eisernem Willen in die restlichen sechs Spiele zu gehen, dann könnte eine vierte Europapokalteilnahme durchaus im Bereich des Möglichen sein. Die Entscheidung hierüber wird womöglich erst am letzten Spieltag fallen. Der Hoffenheimer Gegner ist dabei am 18. Mai kein geringerer als Rekordmeister FC Bayern München. Steigt dann womöglich anstatt der angedachten, aber inzwischen sehr unwahrscheinlichen bayerischen Meisterschaftsfeier eine Hoffenheimer Europapokal-Rückkehrfeier? Träume dürfen erlaubt sein!

Fotos: Kraichgaufoto

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