Als Nachfolger von Peter Rettig wurde Dr. Peter Görlich zum neuen Geschäftsführer der TSG 1899 Hoffenheim Spielbetriebs GmbH berufen. Görlich war zuletzt in gleicher Position bei der 1899-Jugendakademie und der Reha GmbH aktiv und ist deshalb mit den Vereinsstrukturen bestens vertraut. Der 48 Jahre alte Betriebswirt und Sportwissenschaftler spielte als aktiver Fußballer in der Oberliga in Schwetzingen, Viernheim und Pforzheim. In der Freizeit hält er sich fußballerisch noch in der Altherren-Mannschaft des FC Zuzenhausen fit. Dr. Görlich, besitzt die Trainer A-Lizenz. Im Interview mit bwa-sport.de blickt der neue Geschäftsführer optimistisch nach vorn.
Interview Teil 1 – Fortsetzung am Freitag
Herr Dr. Görlich, Sie sind erst seit kurzer Zeit in der Funktion des Geschäftsführers. Der Wechsel von Peter Rettig zu Ihnen ging überraschend schnell von statten. Haben Sie dies inzwischen schon realisiert und sich mit dem neuen Tätigkeitsfeld vertraut gemacht?
Dr. Peter Görlich: Ich hatte einen relativ guten Einstieg, da ich schon seit 14 Monaten als Leiter der Jugendakademie und zudem noch für die Reha GmbH verantwortlich bin. Durch meine Tätigkeit in der Heidelberger Klinik war ich zuvor auch schon ein fester Ansprechpartner bei medizinischen Fragen für die TSG. Darüber hinaus arbeite ich bereits seit fast zehn Jahren mit Dietmar Hopp zusammen und kenne das Umfeld und den Verein.
Als Betriebswirt und Sportwissenschaftler zählt es zu Ihren neuen Aufgaben, auch das Thema Sport um die Komponente Innovation zu erweitern. Wie ist dies zu verstehen?
Dr. Görlich: Unsere enge Partnerschaft mit der SAP bietet uns eine hervorragende Grundlage, technische Innovationen zu schaffen und weiter zu entwickeln, die im Leistungssport hilfreich sein können. In diesen Bereichen sind uns andere Sportarten, wie Rugby und Cricket, schon voraus. Es gilt, mit Hilfe der Technik beispielsweise das Training zu optimieren und Leistung zu fördern.
Was zählt für Sie zu Ihren ersten wichtigen Veränderungen?
Dr. Görlich: Es geht uns wie gesagt um Individualisierungsprozesse beim Training, wir wollen die Abläufe bei uns auf den Prüfstand stellen, speziell bei der Förderung und Integration unserer Jugendspieler. Es muss klar sichtbar werden, dass die TSG ein Ausbildungsverein ist. Das bedeutet auch, dass wir das System nach oben durchlässiger machen. Wobei wir uns natürlich alle bewusst machen müssen, dass nicht jeder Nachwuchsspieler, der bei uns eine Ausbildung absolviert, auch in der Bundesliga-Mannschaft landen wird.
Wissbegieriger Stevens – Nagelsmann ist Zukunft
Um den Nachwuchs auf höchstes Niveau zu bringen, vertraut man künftig dem Einsatz und der Entwicklung modernster Trainingsmethoden. Nachdem sich Markus Gisdol davon etwas distanzierte, hat man mit Zukunftstrainer Julian Nagelsmann hierfür die richtige Person als Cheftrainer installiert.
Dr. Görlich: Die Gegenwart ist bei uns Trainer Huub Stevens. Er steht diesen Dingen offen und wissbegierig gegenüber. Was die Zukunft anbelangt, möchten wir unser System bestmöglich einsetzen, aber immer an den Anforderungen unserer Sportlichen Führung orientiert. Julian Nagelsmann ist hierfür aus meiner Sicht der richtige Mann.
Eigener Nachwuchs oder fertige, bundesligaerfahrene Spieler – wohin geht die Zielrichtung?
Dr. Görlich: Ein gesunder Mix ist wichtig. Für jede Bundesligamannschaft sind gestandene Profis unersätzlich. Die jungen, talentierten Spieler brauchen jemanden, an dem sie sich orientieren können. Der Sprung von der A-Jugend zu den Profis ist enorm.
Alexander Rosen hat zusammen mit Markus Gisdol den vorhandenen Spielerkader zusammengestellt. Hat er in der weiteren Personalpolitik Ihr uneingeschränktes Vertrauen?
Dr. Görlich: Natürlich. Wir haben in ihm einen Fachmann mit hoher Expertise.
Personelle Justierungen mussten sein und wurden gefordert
Nach einer durchaus erfolgreichen letzten Saison wurde eine umfangreiche Korrektur des Spielerkaders vorgenommen, ein großer Umbruch ohne Not eingeleitet. Leistungsträger wurden abgegeben, weniger bundesligaerfahrene Profis geholt. Ein Fehler im Nachhinein?
Dr. Görlich: Das Jahr 2015 ist von der sportlichen Bilanz gesehen nicht nach unseren Vorstellungen verlaufen. Justierungen im sportlichen Bereich mussten sein und wurden vom Trainer auch eingefordert und umgesetzt. Dass es einer Zeit des Einspielens und Zusammenfinden braucht, war klar. Keiner hat damit gerechnet, dass wir so schwer in die neue Saison starten.
War dies Ihrer Meinung nach eine geplante, gezielte Transferpolitik oder hat sich vieles im Laufe der Wechselperiode zwangsläufig ergeben. So kamen Kuranyi und Vargas erst kurz vor Saisonbeginn.
Dr. Görlich: Der Großteil der Neuzugänge wird bei uns so früh verpflichtet, wie bei kaum einem anderen Klub. Danach wurden gezielt noch einzelne Spielertypen für ein bestimmtes Profil gesucht. Als diese dann auf dem Markt waren, hat die TSG zugegriffen. Hier zahlte sich das gute Netzwerk von Alexander Rosen aus.
Wie verhält sich der Nachwuchs im „Haifischbecken Bundesliga“?
Junge Spieler wie Benedikt Gimber, Nicolai Rapp, Joshua Mees und Philipp Ochs entstammen alle der Hoffenheimer Talentschmiede. Sie haben die komplette Saisonvorbereitung mit den Profis bestritten, sollten nach und nach an die erste Liga herangeführt werden. Hiervon war bislang aber nichts zu erkennen.
Dr. Görlich: Man muss sich dabei auch den Trainingsprozess anschauen. Wie verhalten sie sich, wenn sie unter Druck ins Haifischbecken Bundesliga geworfen werden? Klar ist aber auch, dass wir den Übergang von der U19 bis zum Bundesligakader noch besser managen müssen.
Zuletzt bekam Nadim Amiri eine Bewährungschance.
Dr. Görlich: Die hat er auch sehr gut gemeistert. Letztendlich entscheidet der Trainer, was in der aktuellen Konstellation die richtige Entscheidung ist. Huub Stevens hat dafür ein gutes Gespür.
Die Hoffnungen, dass Trainer Stevens in seiner halbjährigen Nicht-Abstiegs-Mission ein großes Augenmerk auf die Weiterentwicklung der Talente legt, scheinen eher unwahrscheinlich.
Dr. Görlich: Das sagen Sie. Wenn man die Vergangenheit des Trainers betrachtet, ist zu erkennen, dass er selbst in schwierigen Phasen auf junge Spieler vertraute und sie ins kalte Wasser geworfen hat. Er ist ein offener und mutiger Mann, der sehr auf die Zusammenarbeit mit unseren Nachwuchstrainern setzt.
Fortsetzung des Interviews am Freitag!
Foto: Kraichgaufoto