Nach zweiter Niederlage steht die TSG bereits mit dem Rücken zur Wand

Hoffenheim wartet weiterhin auf sein erstes internationales Erfolgserlebnis

So etwas gab es noch nie! Sechs Niederlagen in sechs Partien – nur zwei Treffer in sechs Spielen! Die Fußball-Bundesligisten blamierten sich im Europapokal bis auf die Knochen. Neben den drei Champions-League-Teilnehmern Bayern München (0:3 in Paris), Borussia Dortmund (1:3 gegen Real Madrid) und RB Leipzig (0:2 in Istanbul) verloren auch am Donnerstagabend in der Europa League Hertha BSC Berlin (0:1 bei Östersunds FK), 1. FC Köln (0:1 gegen Roter Stern Belgrad) und TSG Hoffenheim (1:2 bei Ludogorez Rasgrad). Der international zweite Spieltag der Saison war aus deutscher Sicht eine einzigartige Enttäuschung, ein Europa-Debakel wie es noch nie dagewesen ist.

Torschütze Pavel Kaderabek (re.) zählte in der ersten Hälfte noch zu den Aktivposten der TSG

Traumstart für die TSG

Im ersten Auswärtsspiel der Hoffenheimer in der Europa League beim sechsfachen bulgarischen Meister Ludogorez Rasgrad blieben die Kraichgauer in einer hektischen Partie, vor allem in einer schwachen zweiten Hälfte, vieles schuldig. Dabei erwischten sie einen Blitzstart und ging bereits nach 96 Sekunden mit dem schnellsten deutschen Tor in der Europa-League-Geschichte in Führung. Mark Uth setzte sich rechts im Strafraum durch und bediente mustergültig den mitgelaufenen Pavel Kaderabek, der keine Mühe hatte aus kurzer Distanz zur 1:0-Führung einzuschieben. Für den Tschechen war es das erste Tor im 61. Pflichtspiel. Die rund 200 mitgereisten TSG-Fans gaben unter den 8.000 Zuschauern in der Folge den Ton an, feuerten ihr Team unentwegt an.

Uth vergibt die mögliche Vorentscheidung

Nach 15 Minuten hätte der zu Beginn starke Uth für klare Verhältnisse sorgen können, als er allein vor dem gegnerischen Tor anstatt zu schießen lieber auf den mitgelaufenen Andrej Kramaric querlegte. Doch sein Pass wurde von einem Gegenspieler zur Ecke abgewehrt. Das Auslassen dieser nahezu hundertprozentigen Torchance sollte sich rächen. Statt einer komfortablen Zwei-Tore-Führung kamen die Gastgeber zunehmend besser ins Spiel, legten ihre Anfangsnervosität ab und erspielten sich einige Tormöglichkeiten. Der durch den Ausfall von neun Spielern ersatzgeschwächte Bundesliga-Zweite verlor zunehmend sein spielerisches Übergewicht und leistete sich überraschend viele Abspielfehler. Rasgrads beste Ausgleichsmöglichkeiten vergaben Anicet, völlig freistehend aus sieben Metern (19.), und Natanael, der mit einem  Weitschuss an TSG-Keeper Oliver  Baumann scheiterte (42.).

Mark Uth (Mitte) vergab die große Chance zur 2:0-Führung für Hoffenheim

Rasgrad dreht die Partie nach ´Braga-Strickmuster`

In der zweiten Hälfte wiederholte sich dann das, was im ersten Europacup-Heimspiel beim 1:2 gegen Braga zum Verhängnis wurde. Die Bulgaren, die mit fünf Brasilianern angetreten waren, erwischten einen optimalen Start und glichen nach nur 48 Sekunden durch Kapitän Dyakov aus. Sein 18-Meter-Knaller, der als Aufsetzer rechts oben einschlug, war für Baumann unerreichbar. Die Stimmung kippte nun und die Gastgeber übernahmen, angetrieben von ihren immer lauter werdenden Fans, die Initiative. Dennoch bot sich Hoffenheim erneut die Chance zur Führung. Nach feiner Uth-Flanke von links nimmt Lukas Rupp den Ball aus zwölf Metern direkt und scheitert an Rasgrads Torhüter Broun, der reaktionsschnell den Gewaltschuss über die Querlatte lenkt (67.).

Ein Traumtor besiegelt Hoffenheims zweite Niederlage im zweiten Spiel

Dies war jedoch in der Folge die einzige erwähnenswerte Gäste-Chance im zweiten Abschnitt. Die ersatzgeschwächten Kraichgauer wirkten unorientiert mit außergewöhnlich vielen Fehlern im Aufbauspiel. Die Gastgeber spielten immer frecher auf und belohnten sich mit der erstmaligen Führung. Stürmer Lukoki narrt auf der linken Angriffsseite Hávard Nordtveit und schlenzt den Ball mit Gefühl unhaltbar in den rechten Torwinkel (72.). Ein Traumtor, bei dem erneut Baumann chancenlos war. Alle Ausgleichsbemühung der Gäste in der Schlussphase verpufften, Rasgrad brachte mit Glück und Geschick den knappen Vorsprung über die Zeit.

"Sind nicht über unsere Grenzen gegangen"

TSG-Trainer Julian Nagelsmann wollte die Verletztenmisere nicht als Ausrede gelten lasen: "Wir hatten heute genug Qualität auf dem Feld, um dieses Spiel zu gewinnen. Wenn man dann nach zwei Minuten führt, muss man hier erst recht gewinnen." Für den Fußballlehrer sah auch Paralellen zum Braga-Spiel: "Vielleicht haben die Spieler mit der frühen Führung gedacht, dass es nun leicht wird. Wir müssen früh das 2:0 machen, schenken aber eine große Chance dazu her. Wir haben viel zu wenige Zweikämpfe gewonnen, so geht es nicht. So kann man kein Fußballspiel gewinnen. Der Verlauf war wie gegen Braga. Wir haben den Sieg nicht verdient, weil wir nicht über unsere Grenzen gegangen sind."

Gleiche Fehler wie schon gegen Braga

Unerklärlich, warum die Blau-Weißen, wie schon gegen Braga, eine Führung bei spielerischer Überlegenheit am Ende doch noch abgeben. Was bleibt ist eine, wie auch für die anderen fünf deutschen Europapokal-Teilnehmer, bittere und schmerzhafte Europapokal-Pleite. Nach der zweiten 1:2-Niederlagen wird es nun immer schwerer, das vorgegebene Ziel „Einzug in die K.o.-Phase“ zu realisieren. Der ambitionierte Dorfverein steht bei seiner ersten internationalen Teilnahme bereits nach dem zweiten Spieltag mit dem Rücken zur Wand. Als nächster Gegner empfängt die TSG am 19. Oktober den türkischen Vertreter von Istanbul Basaksehir. Die Enttäuschung der TSG-Profis nach dem Spiel war verständlicherweise groß. Für Torhüter Baumann war es „ein versauter Start in die Europa League“. Und Torschütze Pavel Kaderabek sah den international Fehlstart als Motivation an, um „in den weiteren Partien einfach besser zu spielen und den Blick nur auf sich zu richten“.
Bereits am Sonntag (13:30 Uhr) gastieren die Nagelsmänner im Baden-Derby beim SC Freiburg. Man darf gespannt sein, ob die Nordbadener bis dahin die Pleite von Rasgrad weggesteckt haben, und in Südbaden wieder zu alter Stärke zurückfinden.

Fotos: TSG Hoffenheim

Artikel teilen

WERBUNG