Hoffenheim kassiert unglücklichen Ausgleich in der 90.+9. Minute
Es war ein an Dramatik kaum noch zu überbietendes Bundesligaspiel. Da führt die zuletzt nach vier Liga-Niederlagen in Folge kriselnde TSG Hoffenheim im baden-württembergischen Derby beim VfB Stuttgart bis zum Ende der fünfminütigen Nachspielzeit durch einen Treffer von Gendrey mit 1:0 und kassiert dann bei der letzten Aktion des Gegners einen Handelfmeter. Dem nicht genug, hält Torhüter Baumann den Strafstoß von Demirovic, eher dieser den direkt vor seine Füße abprallenden Ball in der 90.+9. Minute doch noch zum 1:1-Ausgleich ins Tor schießt. Während die Kraichgauer enttäuscht zu Boden sinken, feiern die Schwaben, die zwar dominant auftraten, aber nur selten gefährlich vors Tor kamen, den späten und glücklichen Ausgleich wie einen gefühlten Sieg.
„Das ist extrem frustrierend. Ich bin durch das Gegentor komplett gebrochen“
Hoffenheims Abwehrorganisator Anton Stach
Aufgrund der aufopferungsvoll, leidenschaftlich, kämpferisch und taktisch disziplinierten Spielweise können die Hoffenheimer dennoch viel Positives aus diesem Auswärtsspiel mitnehmen. Doch zunächst überwog die Enttäuschung. Der neue Abwehr-Boss Stach nach dem Abpfiff: „Das ist extrem frustrierend. Ich bin durch das Gegentor komplett gebrochen. Wir haben echt ein gutes Spiel gemacht, vielleicht sogar unser bestes. Umso bitterer, dass wir dann nicht drei Punkte holen.“
„Es war sicher eine Steigerung, aber wir haben gute Qualität im Kader“
Andrej Kramaric sieht noch potenzial im Spielerkader
Für Hoffenheims kroatischen Torjäger Kramaric war es ein Fingerzeig in die richtige Richtung: „Für uns war es sicher eine Steigerung, aber wir haben gute Qualität im Kader und können viel besser mit dem Ball spielen. Und das muss auch das Ziel sein.“
Zum Spielverlauf:
Zwei Rettungsaktionen auf der Torlinie
Die Gäste begannen couragiert und hatten in der 4. Minute die große Möglichkeit zur frühen Führung. Nach Pass von Bülter auf Hlozek umkurvte dieser Nübel im Stuttgarter Tor, doch seinen Schuss konnte Mittelstädt gerade noch auf der Torlinie klären. Kurz darauf brannte es auf der anderen Seite lichterloh im Strafraum. Nach einer kurz ausgeführten Ecke kam Karazor zum Kopfball, doch Gendrey klärte auf der Linie für seinen bereits geschlagenen Torhüter Baumann (8.). Mit zunehmender Spielzeit wurden die Gastgeber immer dominanter, doch bis auf zwei Schüsse von Mittelstädt (33., 35.) sprang wenig dabei heraus.
Gendreys erster Bundesligatreffer
Kurz vor der Halbzeitpause gingen die Nordbadener wie aus dem Nichts in Führung: Nach einem Pass von Kramaric auf Gendrey fing Mittelstädt den Ball als letzter Mann eigentlich ab, verstolperte diesen aber unglücklich an Gendrey, der allein aufs VfB-Tor zusteuerte und eiskalt vor Nübel ins linke Eck zur 1:0-Führung traf (45.).
Hoffenheim verteidigt kämpferisch und geschickt
In der zweiten Hälfte drückten die Gastgeber mit aller Macht auf den Ausgleich, rannten sich aber immer wieder an der dichtgestaffelten und von Stach gut organisierten gegnerischen Hintermannschaft fest. Die Bad Cannstatter fanden kein Mittel, um die taktisch klugen und immer wieder von Dreier- auf Viererkette umstellenden Hoffenheimer in Verlegenheit zu bringen. Bis auf zwei Halbchancen in der Schlussphase für Undav (81., 83.) sprang wenig dabei heraus.
Das Drama nimmt in der Nachspielzeit seinen Lauf
Schließlich dauert es bis tief in die Nachspielzeit, ehe das unglückliche Handspiel von Akpoguma zum Elfmeter führt, den Demirovic im Nachschuss zum 1:1-Ausgleich verwandelt (90.+9). Akpoguma hatte im Rückwärtsfallen einen Schuss von Undav an die ausgestreckte Hand bekommen. Schiri Osmers schaute sich die Szene zur Überprüfung am Monitor lange an, ehe er auf den Punkt zeigte.
„Es war unser bestes Bundesliga-Spiel in dieser Saison. Jeder hat für jeden gekämpft“
TSG-Kapitän Oli Baumann sah viel Positives
Für Torhüter Baumann, der beim letztjährigen Sieg in Stuttgart einen Elfmeter von Undav parierte, war es eine sehr bittere Niederlage: „Wir haben brutal gekämpft, bis zur letzten Minute. Dann sind wir dran und Akpo bekommt den Ball dann an die Hand. Das ist echt bitter, sehr unglücklich. Der Strafstoß war dann quasi zu weit in die Mitte geschossen, deshalb bekomme ich den Ball nicht nach außen gelenkt. Das ist ärgerlich. Es war unser bestes Bundesliga-Spiel in dieser Saison. Jeder hat für jeden gekämpft, das war eine super Haltung. Genau das müssen wir von uns einfordern, dann werden wir erfolgreich sein.“
Matarazzo hat noch seine Chance verdient
Die Trainerfrage dürfte nach dem 2:0-Erfolg drei Tage zuvor in der Europa League gegen Dynamo Kiew sowie dem Auftreten in Stuttgart vorerst kein Thema sein. Die letzten Spiele haben gezeigt, dass die Mannschaft voll und ganz hinter dem Trainer steht, dass sie gewillt ist, seine Vorgaben umzusetzen. Ein neuer Trainer wäre eine neue, große Baustelle in der ohnehin kriselnden Führungsetage. Matarazzo hat die Mannschaft geprägt, sie arbeiten zusammen in dieselbe Richtung, was schon mehrfach in einigen Phasen im bisherigen Saisonverlauf zu sehen war. Eine Basis ist vorhanden, was in anderen Bereichen bei der TSG viel kritischer zu hinterfragen ist.
„Die Jungs waren bereit, heute zu leiden. Ich bin stolz auf den Teamspirit“
TSG-Cheftrainer Pellegrino Matarazzo
Matarazzo, der sich vor dem Gästeblock für die Unterstützung der 1.100 Fans bedankte, fand durchweg positives für die Leistung seine Spieler: „Die Jungs haben von Anfang an einen brutalen Spirit gezeigt. Der Matchplan ist in der Anfangsphase sehr gut aufgegangen. Die Jungs waren bereit, heute zu leiden. Es war eine gute bis sehr gute Leistung und wieder ein Schritt nach vorn. Ich bin stolz auf den Teamspirit.“
Nur wenige Sekunden haben in der MHPArena zum großen Befreiungsschlag gefehlt. Fußball kann manchmal sehr brutal und grausam sein.
Aufstellungen:
VfB Stuttgart: Nübel – Chase, Rouault (46. Vagnoman), Chabot, Mittelstädt – Karazor (46. Führich), Stiller – Toure (62. Demirovic), Millot (73. Woltemade), Leweling (73. Rieder) – Undav
TSG Hoffenheim: Baumann – Akpoguma, Stach, Drexler (15. Chaves) – Gendrey, Grillitsch, Bischof (62. Tohumcu), Prass – Kramaric (73. Tabakovic) – Hlozek (62. Moerstedt), Bülter (73. Jurasek)
Tore: 0:1 Gendrey (45.), 1:1 Demirovic (90.+9)
Besonderes Vorkommnis: Baumann hält den Elfmeter von Demirovic (90.+9)
Schiedsrichter: Osmers (Hannover)
Zuschauer: 58.000 (ausverkauft)
Der nächste Gegner
In der nächsten Woche pausiert die Bundesliga aufgrund der Länderspieltermine. Für die TSG Hoffenheim geht es am Samstag, den 19. Oktober um 15:30 Uhr weiter mit einem Heimspiel gegen den VfL Bochum.
Fotos: Kraichgaufoto