Alois Schwartz, Trainer des SV Sandhausen, stand bwa-sport.de während der Länderspielpause zur aktuellen Situation des kurpfälzischen Zweitligisten Rede und Antwort. Der 48-Jährige sieht den Tabellenelften auch im dritten Zweitligajahr auf einem guten Weg in Richtung Klassenerhalt. Am nächsten Spieltag gastiert der gebürtige Nürtinger mit seiner Mannschaft auf dem Kaiserslauterer Betzenberg, wo er sechs Jahre erfolgreich arbeitete.
Herr Schwartz, die einwöchige Länderspielpause bietet kurze Zeit zum Durchschnaufen. Wo gedenken Sie, nach der eher ernüchternden 0:2 Heimniederlage gegen den FC St. Pauli, im nächsten Spiel beim 1. FC Kaiserslautern die Hebel anzusetzen?
Alois Schwartz: Ohne Zweifel hat St. Pauli verdient gewonnen, und wir konnten gegen ein Team aus der oberen Tabellenregion nicht abrufen, was wir uns vorgenommen hatten. Jetzt müssen wir in der Länderspielpause an der Physis arbeiten, um in den letzten sieben Spielen noch einmal alles raushauen zu können und die nötigen Punkte für den Klassenerhalt zu holen.
Das bevorstehende Gastspiel auf dem Betzenberg dürfte daher etwas Besonderes für Sie sein.
Schwartz: Wir stehen trotz des Punkteabzugs noch vor dem FCK. Mit Blick auf die Region, die nach Fußball lechzt, dem Stadion und der Infrastruktur ist es sehr schade, dass Kaiserslautern nicht erstklassig spielt. Nach sechs tollen Jahren ist mir der Verein natürlich ans Herz gewachsen. Die Fans sind einmalig, und ich habe noch viele Freunde dort. Ich hoffe natürlich, dass der FCK die Kurve kriegt, aber erst nach unserem Spiel, denn wir wollen so schnell wie möglich 40 Punkte haben.
Mit St. Pauli-Trainer Ewald Lienen, der 1992 zu Ihren aktiven Zeiten in Duisburg Ihr Trainer war, haben Sie ein gutes Verhältnis.
Schwartz: Ich habe Ewald als meinen Trainer schätzen gelernt. Da es damals sportlich nicht so gut lief, musste er nach eineinhalb Jahren leider gehen. Er ist ein hervorragender Typ, der den Menschen und nicht nur den Spieler sieht. Das habe ich von ihm schon ein bisschen mitgenommen.
In Internetforen wird vielseitig zur aktuellen Situation des SVS diskutiert. Dabei geht es über Physis, Kopfsache und Spielweise.
Schwartz: Wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man sich dem stellen, aber glauben Sie mir, es ist nicht alles so einfach, wie es auf dem Platz aussieht. Wenn man vor der Saison gesagt hätte, wir würden bei drei Punkten Abzug mit 33 Punkten am 27. Spieltag dastehen, hätte ich das sofort unterschrieben. Mit drei Punkten mehr stünden wir sogar vor Braunschweig und Karlsruhe. Viele Menschen sehen nur die momentane Situation, nicht das Ganze. Hätten wir in der Vorrunde zwei Spiele mehr verloren und in der Rückrunde zwei mehr gewonnen, würde eine Diskussion vermutlich überhaupt nicht aufkommen.
Bevorzugen Sie es, häufiger mit den Spielern Einzelgespräche zu führen?
Schwartz: Wir unterhalten uns jede Woche und nach jedem Spiel. Wir wissen selbst, dass es nicht so läuft, wie wir es uns vorstellen und wie wir es besser machen müssen. Wir müssen unsere Tugenden, die uns immer stark gemacht haben, in die Waagschale werfen – dazu waren wir in den letzten Wochen nicht immer in der Lage. Wichtig war das Erfolgserlebnis gegen Düsseldorf, das uns für das nächste Heimspiel gegen St. Pauli beflügeln sollte. Das frühe Gegentor hat uns leider nicht in die Karten gespielt.
Bei Ihren bisherigen Trainerstationen in Sandhausen, Kaiserslautern und Erfurt gab es sehr viel Lob für Sie. Was macht einen erfolgreichen Trainer denn aus?
Schwartz: Wichtig ist immer der Erfolg. Dabei gilt es nicht einzelne Schlachten abzurechnen, sondern den Krieg – ob er gewonnen oder verloren wird. Für uns ist er gewonnen, wenn wir den Klassenerhalt schaffen. Dass es ab und zu Berg- und Talfahrten gibt, habe ich auch bei anderen Vereinen erlebt. Man muss Geduld aufbringen und noch enger zusammenrücken. Der SVS ist eine kleine Familie, die zusammenhält, auch wenn es mal sportlich nicht so läuft. Realistische Einschätzungen und Zusammenhalt sind ganz wichtig.
In einem großen Spielerkader ist es oft sehr schwer, jedem gerecht zu werden.
Schwartz: Natürlich ist dies nicht einfach. Jeder will spielen, und jeder drängt sich auf. Bei der Trainingsarbeit kann ich nichts Negatives finden. Die Mannschaft arbeitet gut, und umso schwieriger ist es für die Spieler, die draußen sitzen, die Füße stillzuhalten. Ein ständiges Wechseln sehe ich nicht als sinnvoll an. Auch bei Negativerlebnissen muss eine gewisse Kontinuität rein. Ärgerlich war, dass wir viele Langzeitverletzte zu beklagen hatten: Vunguidica, Zenga und Zellner haben noch keine Sekunde gespielt. Kratz, der uns am Anfang sehr gut getan hat, fehlt uns wie Stiefler, und auch Kosecki ist wegen Verletzungen weggebrochen. Es sind viele Faktoren, die zu unserem kleinen Budget dazukommen. Alle bei Laune zu halten, ist daher nicht einfach, und Einzelgespräche sind ganz wichtig. Es ist heutzutage wichtig, auch mal auf Dinge einzugehen, die mit dem Fußball nichts zu tun haben, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Verständnis muss natürlich auch für mich und damit die andere Seite da sein.
Wer hat Sie in Ihrer Laufbahn besonders beeindruckt?
Schwartz: Sehr beeindruckt hat mich die Führungsweise des inzwischen verstorbenen Präsidenten der Stuttgarter Kickers, Axel Dünnwald-Metzler. Er war ein Ehrenmensch, bei dem es teilweise keine Verträge gab, sondern noch ein Handschlag zählte. Er war sehr loyal und immer offen. Ich habe viele Trainer gehabt, die sich bei Trainingsinhalten und verbalen Äußerungen sehr von den heutigen unterscheiden. Aber das hat mich geprägt und resistenter gemacht. Heute bleibt einiges auf der Strecke. Durch die Medien hat sich vieles verändert. Auch was den Nachwuchs anbelangt, neigen viele dazu, lieber am PC zu sitzen, anstatt draußen Fußball zu spielen.
Im Alter von 35 Jahren haben Sie beim SC Pfullendorf gespielt. Gab es zum Fußball auch andere Alternativen für Sie?
Schwartz: Es gab zwei andere Möglichkeiten: Ich hätte eine Versicherungsagentur oder eine kleine Brauerei in der Nähe von Pfullendorf übernehmen können – beides war reizvoll. Doch ich entschied mich für den Fußball und habe meine Trainerscheine gemacht. Ich war von 2002 bis 2005 in Erfurt, wo ich meine A-Lizenz gemacht habe und Co-Trainer wurde. Anschließend ging ich zu Wormatia Worms und in der Winterpause 2007 zum 1. FC Kaiserslautern. In Worms konnte ich dank des Vereins meinen Fußballlehrer machen, was ich mit dem zweiten Platz zurückzahlte. Nach sechs Jahren Kaiserslautern wechselte ich noch mal nach Erfurt. Ich habe dort die Mannschaft mit nur einem Punkt übernommen und anschließen den Klassenerhalt geschafft. Von hier aus ging es an den Hardtwald.
Bei was können sie am besten abschalten, gibt es spezielle Hobbys?
Schwartz: Ich habe kaum Zeit für Hobbys, da ich aufgrund von Spielbeobachtungen viel mit dem Auto unterwegs bin. Früher habe ich gern Tennis gespielt, aber dazu schaffe ich es nicht mehr. Viele Trainer beginnen mit dem Golfen, ich weiß gar nicht, woher sie die Zeit nehmen. Wenn ich Zeit habe, verbringe ich sie gerne mit meiner Frau bei einem schönen Glas Wein. Hin und wieder entspanne ich bei einem Spaziergang mit dem Hund im Wald.
Fotos: Kraichgausport und BWA