Julian Nagelsmann ist in diesen Tage im außergewöhnlichen Dauerstress. Nach dem Spiel in Dortmund reiste er noch am Sonntagabend weiter zur Sportschule nach Hennef, wo er am frühen Montagmorgen um 8:30 Uhr eine weitere schriftliche Prüfung im Fach Sportpsychologie zum Fußballlehrer absolvierte. Auf der Fahrt von Dortmund zum Prüfungsort waren die Gedanken bei der Mannschaft sowie dem nächsten Gegner Augsburg. Alles dreht sich bei ihm im 24-Stunden-Takt um den Fußball. Um etwas abzuschalten hört er dabei gerne Musik, vor allem das Lied von Tim Bendzko „Es wird nicht einfach sein“. Darin heißt es: „Würde es einfach sein, was wär dann dein Leben wert?“ Nagelmann: „Daran halte ich mich, dabei kann ich auch sehr gut abschalten. Der Mensch sucht immer den einfachen Weg, wenn es irgendwie geht. Wenn wir in uns hineinhören und ganz ehrlich sind, sind die Erfolge nach schwierigen Zeiten immer schöner. Daher würde ich mich umso mehr auf das Projekt Klassenerhalt freuen, wenn wir es am Ende geschafft haben.“
Am morgigen Mittwoch kommt es für den 28-Jährigen knüppeldick. Um 8:30 Uhr steht eine weitere schriftliche Prüfung in den Fächern Physiologie und Sportmedizin auf dem Programm. Der DFB kam dem TSG-Coach freundlicherweise entgegen und beorderte einen Dozenten mit den Prüfungsfragen zum Dietmar-Hopp-Sportpark nach Zuzenhausen. „Ich bin sehr glücklich, dass dies so möglich ist. Die Fragen zu den Themen Beweglichkeit, Schnelligkeit, Ausdauer und Verletzungen hoffe ich schnellstmöglich hinter mich zu bringen. Nachdem ich am Montag für die zwei Stunden angesetzte Prüfung eineinhalb Stunden brauchte, tippe ich jetzt morgen mal auf 2 Stunden und 10 Minuten. Insgesamt bekomme ich drei Stunden Zeit.“
Nagelsmann lächelt den ganzen Stress nach außen hin weg: „Ich liebe die Herausforderung, den Nervenkitzel. Da die Prüfung jetzt hier in Zuzenhausen ist, erleichtert es mir vieles. So kann ich heute noch ein konzentriertes Abschlusstraining machen und die Mannschaft auf den Gegner einstellen. Am Abend werde ich mich im Trainingszentrum verschanzen, die Rollläden zu machen und noch mal an mein Kurzzeitgedächnis appellieren das morgen alles funktioniert.“
Nach dem Aufstehen um 6:45 Uhr ist für ihn frühstücken ganz wichtig, um dem Gehirn die erforderliche Nahrung zu verpassen. Dann geht es mit Vollgas weiter: „Ziel ist es Mittwochfrüh von 7:00 – 8:30 Uhr nochmals alles durchgehen und dann nach 2 Stunden 10 Minuten abzugeben.“ Hört sich einfach an – ist es aber nicht. Nagelsamnn weiß das, gibt es äußerlich nicht zu und lächelt den Druck weg.
Langeweile sieht er, auf Nachfrage, nach dem Dauerstress in ein paar Wochen nicht auf sich zukommen: „Also ein Fernstudium oder dergleichen ist nicht geplant. In diesem Job hat man eigentlich genug zu tun, da muss man nicht noch zusätzlich studieren.“ Nach Prüfungsende wird der gebürtige Landsberger zur Mannschaft stoßen, die sich in unmittelbarer Nähe im Tageshotel aufhält. Nach Mittagessen, Spielerbesprechung und taktischer Analyse geht es von hier am Abend zur Sinsheimer Arena, wo um 20:00 Uhr die Partie des 23. Spieltages gegen den FC Augsburg von Schiri Guido Winkmann aus Kerken angepfiffen wird. Winkmann leitete zuletzt die Partie der Kraichgauer im Berliner Schneetreiben im Dezember. Hoffenheim verlor damals recht unglücklich durch ein Eigentor mit 0:1. Nagelsmann würde dieses Negativerlebnis mit Sicherheit auch weg lächeln!
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