Kai Herdling ist der dienstälteste Spieler der TSG Hoffenheim. Seit 2002 spielt er bei den Kraichgauer – mit Ausnahme zweier kurzer Unterbrechungen. Im Erstliga-Aufstiegsjahr 2008/09 wechselte er für ein halbes Jahr zum Regionalligisten SV Waldhof Mannheim. Herdling im Rückblick: „Die Konkurrenz im Angriff war damals mit Vedad Ibisevic, Chinedu Obasi und Demba Ba riesen groß, die Mannschaft hatte unglaublich großes Potenzial. Es war für mich damals absehbar, dass ich keine große Rolle spielen würde.“ Der zweite Abstecher führte ihn zum US-amerikanischen MLS-Team Philadelphia Union. „Es war für mich ein geiles Erlebnis, mal andere Kulturen und Mentalitäten kennen zu lernen, sich als sogenannter Fremder in einem fernen Land zu fühlen. Für meine Familie und mich war dies eine Erfahrung, die wir nicht mehr missen möchten. Aufgrund eines Trainerwechsels wurde es letztendlich nur ein kurzes Gastspiel von drei Monaten – ich wäre gerne länger in den USA geblieben“, blickt Herdling wehmütig zurück.
Herdling ein unvergessener Pokalheld
Der DFB-Pokal macht den gebürtigen Heidelberger bei der TSG unsterblich. Mit seinem Tor zum 3:2 schoss er, als damals als 19-Jähriger, in der Saison 2003/04 den großen Favoriten Bayer 04 Leverkusen aus dem Wettbewerb. Mit der Pokalsensation wird der Name Herdling immer in Verbindung stehen.
Knieprobleme bereiten Schmerzen am Knie und Kopf
Das letzte Spiel für Hoffenheim bestritt der 31-Jährige, immer freundlich lächelnde und gut gelaunte Stürmer, im Dezember 2014 beim 5:0 Auswärtserfolg bei Hertha BSC Berlin. Danach hatte er mit einer Reihe Verletzungen zu kämpfen. Aufgrund von Knieproblemen droht jetzt sogar das bittere Karriereende.
Das Zuschauen fällt ihm, gerade in dieser schwierigen Saison, besonders schwer. „Meine aktuelle Situation empfinde ich auch deswegen als undankbar, weil ich der Mannschaft in der schwierigen Lage nicht helfen kann, egal was ich mache. Diese Phase schmerzt mich unheimlich, am Knie und im Kopf“, sagte Herdling in einem Interview mit der Vereinshomepage.
Fraglich, ob er überhaupt noch mal Sport treiben kann
Die Verletzung zog er sich im Februar 2015 beim Training zu, als er einen Schlag auf das Knie bekam. Es folgte eine lange, harte Reha, aus der er gut heraus kam. Doch nach einem Testspiel hat sein Knie wieder reagiert. Herdling: „Es ist leider eine schwere Verletzung am Knorpel, dritter oder vierter Grad. Jeder Fußballer weiß, was das bedeutet. In der Reha versuche ich alles, um wieder auf den Platz zurückzukehren. Ob das Knie dann hält, ist die zweite Frage. Es kann sein, dass es dann darum geht, ob ich überhaupt noch einmal Sport machen kann.“ Ende Dezember hatte sich der Neckarsteinacher noch Chancen ausgerechnet, nach der Winterpause wieder richtig angreifen zu können.
Hansi Flick und Ralf Rangnick haben mich geprägt
Herdling hat im Bundesliga-Dorf schon unter vielen Trainern gearbeitet, konnte daher sehr viele Eindrücke gewinnen: „Ich habe hier sehr viel Qualität erlebt, was mich auch für mein späteres Leben geprägt hat. Ich möchte da nur stellvertretend Hansi Flick und Ralf Rangnick – einer der fachlich besten Trainer – nennen. Von jedem Trainer nimmt man persönlich etwas mit für die Zukunft.“
Herdling will der TSG auf alle Fälle treu bleiben
Auch wenn es sportlich nicht mehr klappen sollte, der TSG will er auf jeden Fall in irgendeiner Funktion treu bleiben: „Ich habe die Rückendeckung, dass ich mir nach Vertragsende im Sommer darüber keine Gedanken oder sogar Sorgen machen muss. Ich bin in dieser Sache im engen Austausch mit dem Verein.“
Etwas Besonderes wäre ein sportlicher Abschied für ihn dennoch: „Ich werde vielleicht der erste Spieler sein, der hier seine Bundesliga-Karriere beendet. Alle, die den Bundesliga-Kader bisher verlassen haben, haben woanders weitergemacht.“
Vom Trainerjob war mal die Rede
In einem früheren Interview mit bwa-sport.de konnte er sich noch vorstellen nach der Karriere als Trainer tätig zu sein: „Ich habe von 2010-2012 unter Frank Fröhling als Co-Trainer in der Hoffenheimer U15 gearbeitet. Ich wollte schon früh Erfahrungen im Trainerjob sammeln, um später eventuell in diesem Bereich tätig zu sein.“ Dies wird jedoch vom weiteren gesundheitlichen Zustand zusammenhängen.
Gisdol sieht in ihm einen Spätstarter, der den großen Sprung am Karriereende machte
Der ehemalige 1899-Coach Markus Gisdol sagte mal über seinen Spieler Kai Herdling: „Da ich nach Leistung und nicht nach Alter aufstelle, hat Kai es verdient im Mannschaftskader zu stehen. Er kennt unsere Philosophie, da er schon lange in Hoffenheim ist. In der Vergangenheit hat er leider noch nicht den entscheidenden Schritt machen können, den ihm viele vorausgesagt haben. Kai ist ein Spätstarter, der vielleicht jetzt noch den großen Sprung zum Ende seiner Karriere machen kann.“
Zur Person Kai Herdling:
Geboren: 27. Juni 1984
Geburtsort: Heidelberg
Größe/Gewicht: 1,80m / 77 kg
Hobbys: Kino, Freunde
Frühere Vereine: Philadelphia Union (USA), SV Waldhof Mannheim (jeweils zur Ausleihe)
Position: Stürmer
Einsätze:
25 Bundesligaspiele (2 Tore)
8 DFB-Pokal-Spiele (5 Tore)
95 Regionalliga-Spiele (29 Tore)
33 Oberliga-Spiele (17 Tore)
Fotos: BWA und Kraichgaufoto