Die Luft um Hoffenheims Trainer Markus Gisdol wird immer dünner. Äußerst fraglich, ob er beim Auswärtsspiel am Samstag in Köln noch auf der Bank Platz nehmen wird. Die letzten Tage waren für ihn besonders unangenehm. Da ist ein enttäuschender Saisonverlauf mit nur einem Sieg in zehn Partien, eine verunsichert wirkende, leidenschafts- und ideenlos spielende Mannschaft sowie ein gestörtes Verhältnis zu den Vorgesetzten. In der Summe spricht eigentlich alles für eine Trainerentlassung.
Der „Retter in der Not“, als er zusammen mit Manager Alexander Rosen die TSG im Frühjahr 2013 in einer schier hoffnungslosen Situation zum Klassenerhalt führte, wird nun zum Schuldigen der derzeitigen, unbefriedigenden Situation im Abstiegskampf gemacht.
Entwicklung stagnierte
Gisdol, dessen Vertrag noch bis 2018 läuft, stand gegen Hamburg zum 85. Mal in der Bundesliga an der Seitenlinie und schloss damit zum bisherigen Hoffenheimer Rekordtrainer Ralf Rangnick auf. Diese Statistik sowie die Unterstützung der Fans vor der HSV-Partie mit „Markus Gisdol“-Sprechchören wird Club-Chef Dietmar Hopp aber kaum interessieren.
Gisdol hat sich in seinen zweieinhalb Jahren als Chef-Coach viel positiven Kredit erarbeitet, indem er einen aufgeblähten, teuren Spielerkader zusammen mit Rosen aussortierte und einen neuen Spielerkader geformt. Viele mussten gehen, einige kamen. Unterm Strich hat sich jedoch alles nicht so positiv entwickelt, wie man sich das gerne im Bundesliga-Dorf erhoffte. Die TSG steht auf einem Abstiegsplatz, das ist Fakt.
Nachdem vor der achten Erstliga-Saison einige Sympathieträger gehen mussten, blieben die dafür geholten Neuzugänge bislang weit hinter ihren Erwartungen zurück. Die im Sommer hochgelobten Verstärkungen bleiben, bis auf wenige Ausnahmen, noch eines Beweises schuldig, die Mannschaft weiter voran zu bringen. Ohne Frage, die individuelle Klasse ist zwar vorhanden, sie muss es aber noch unter Beweis stellen.
Die angekündigte Richtung, verstärkt auf eigene Nachwuchstalente zu setzen, wurde zunehmend verlassen. Talente wie Gimper, Mees, Ochs, Rapp und Amiri verschwanden nach der Teilnahme an der kompletten Saisonvorbereitung, bei nur wenige Einsatzzeiten, wieder im zweiten Glied.
Schlechte Jahresbilanz 2015
Die saisonübergreifende Negativbilanz 2015 mit 15 Niederlagen in 27 Bundesligaspielen ist enttäuschend. In der vergangenen Rückrunde 2014/15 war es der schwächelnden Konkurrenz zu verdanken, dass die TSG, trotz unbefriedigender Resultate, bis zuletzt an der Europa-League schnuppern durfte.
Im bisherigen Saisonverlauf ist dies völlig anders. Während die Konkurrenz fleißig punktet, schlägt sich die unzureichende Punkteansammlung von sechs Zählern nach zehn Spieltagen deutlich in der Tabelle nieder. Hoffenheim läuft Gefahr den Kontakt zum Mittelfeld immer mehr aus den Augen zu verlieren.
Laut unseren Informationen stand Gisdol bereits am vergangenen Dienstag kurz vor der Entlassung. Nachdem eine undichte Stelle im Verein, ein sogenannter Maulwurf, mittels Boulevardpresse verlauten ließ, das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft sei nicht mehr intakt, informierte sich Boss Dietmar Hopp direkt bei drei Mitgliedern des Spielerrates über den tatsächlichen Sachverhalt.
Steht die Mannschaft noch komplett hinterm Trainer?
Nationalspieler Kevin Volland ließ bei der Pressekonferenz vor dem HSV-Spiel alle wissen, dass die Mannschaft geschlossen hinter dem Trainer stehe und im kommenden Heimspiel die richtige Antwort geben werde. Das Ergebnis ist bekannt: Das Team zeigte sein bislang schwächstes Saisonspiel. Dem nicht genug, wissen wir aus zuverlässigen Quellen, dass einige Profis längst nicht mehr hinter dem Trainer stehen.
Sehr suspekt, dass das Geheimtreffen im Golf-Club St. Leon-Rot tags darauf bereits in der Bild-Zeitung stand. Die Frage nach der undichten Stelle wurde laut. Wer hat diese Informationen und Hintergründe weitergeleitet? Wer möchte dadurch womöglich dem Trainer schaden?
Auf internen Maulwurf-Suche
Die Suche nach dem Maulwurf, der undichten Stelle, wird derweil intensiviert. Der in Frage kommende Personenkreis wird immer kleiner.
Bedenklich die Aussage von Manager Rosen: „Es ist bitter, dass die Reihen nicht geschlossen sind. Es ist jemand von Innen, der den Konstrukt Hoffenheim, der Mannschaft und Dietmar Hopp schaden möchte.“
Gisdol steht isoliert in einer Ecke
Zurück zu Gisdol: Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zur Geschäftsführung nicht zum Besten steht. Zuletzt gab es auch Spannungen im Verhältnis zu Dietmar Hopp. Dieser hat es dem Trainer nicht verziehen, dass er zusammen mit seinem Berater bei den Vertragsverhandlungen im Frühjahr überhöhte Forderungen stellte. Für Hopp war dies ein Vertrauensbruch.
Bezeichnend, dass Gisdol in der aktuell schwierigen Situation nun isoliert vom Verein in der Ecke steht.
Doch wer entscheidet nun über das Schicksal des Trainers? Manager Rosen ist mit seinem Trainer eng verknüpft, steht voll und ganz hinter ihm. Von sich aus wird der Geislinger mit Sicherheit nicht gehen, dafür steht eine zu hohe Summe auf dem Spiel.
Wer wird als Nachfolger gehandelt?
Sollte es zu einer zeitnahen Entlassung kommen, stellt sich die Frage, wer die Mannschaft wieder in die Spur bringen soll? Was gibt der aktuelle Markt her?
Namen wie Favre, Slomka, Schaaf, Keller machen die Runde. Auch das Gespann Tayfun Korkut/Xaver Zembrod wird ins Rennen geworfen. Beide haben eine Hoffenheimer Vergangenheit. Korkut, 42-facher türkischer A-Nationalspieler und Trainer in Hannover 2014/15, war 2009/10 U17-Trainer im Kraichgau. Zembrod spielte in der Saison 1999/2000 im Verbandsligateam der TSG, war dann 2007-2011 Jugendtrainer in Hoffenheim. Er verfügt über ein in Deutschland und der USA abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften, Sportmedizin und Pädagogik.
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