Der 33-jährige Stefan „Kulo“ Kulovits wechselte 2013 von Rapid Wien zum SV Sandhausen und bestritt seither 92 Einsätze im defensiven Mittelfeld der Kurpfälzer. Aus dem in der Hinrunde überzeugenden Team von SVS-Trainers Kenan Kocak ist der gebürtige Wiener mit dem Spitznamen „Kampfgelse“ nicht mehr wegzudenken. Vor dem Spiel gegen die Würzburger Kickers sprach bwa-sport.de mit dem Sandhäuser Mannschaftskapitän.
Der SVS hat bereits 22 Punkte auf dem Konto und in den letzten sieben Spielen fünfmal je drei Tore erzielt. Wie erklären Sie diesen positiven Trend?
Stefan Kulovits: Wir sind taktisch anders aufgestellt, spielen etwas offensiver, und man sieht immer mehr die spielerische Linie. Unser Ziel ist es, möglichst weit vorne den Ball zu erobern und somit den Weg zum gegnerischen Tor so kurz wie möglich zu machen. Unsere Spielweise ist sehr effektiv, was momentan einen Unterschied ausmacht.
Defensivstarke Würzburger haben gutes Umschaltspiel
Am Sonntag geht es gegen den starken Aufsteiger aus Würzburg.
Kulovits: Für einen Aufsteiger ist deren Stärke schon überraschend. Schon in der Dritten Liga standen sie in der Defensive sehr kompakt und kassierten bislang die drittwenigsten Gegentreffer. Die Kickers haben ein gutes Umschaltspiel – darauf müssen wir aufpassen.
Kuriose Vorgehensweise beim Platzverweis in Nürnberg
Aufgrund einer Gelb-Roten Karte aus dem Nürnberg-Spiel sind Sie gegen Würzburg gesperrt. Wie sahen Sie die Situation, die dazu führte?
Kulovits: Es war natürlich bitter und eine blöde Situation für mich. Unsere Rechts- und Innenverteidiger waren weit aufgerückt, und der Stürmer spielte den Ball an mir vorbei in die freie Lücke auf Höhe der Mittellinie. Ich hab ihn dann taktisch etwas auflaufen lassen. Man kann die Karte geben, dennoch war ich etwas über die Vorgehensweise des Schiedsrichters verwundert, da er mich zunächst verwarnt hat, dann aber nach Rücksprache mit dem Vierten Offiziellen doch mit dem zweiten Gelb vom Platz schickte.
Smalltalk mit Alois Schwartz
Wie war für Sie in Nürnberg die Begegnung mit dem ehemaligen Trainer Alois Schwartz?
Kulovits: Im Fußballgeschäft ist es oft ein Kommen und Gehen. Der Trainer hat ein gutes Angebot von einem deutschen Traditionsverein bekommen, da darf man ihm nicht böse sein, wenn er diesen Schritt vollzieht. Vor dem Spiel hat man sich nicht damit beschäftigt, da ist man auf sich selbst konzentriert. Nach dem Spiel hat es einen kleinen Smalltalk gegeben. Es war ein nettes Wiedersehen mit drei Punkten im Rücken. Wir haben drei Jahre eine tolle Zeit verbracht, sind jedes Jahr als Abstiegskandidat gestartet und haben jedes Mal eine sorgenfreie Saison gespielt, da ist in der Zeit schon was entstanden.
Sie sind nicht zuletzt aufgrund Ihrer Zweikampfstärke zu einer unverzichtbaren Größe im Team geworden.
Kulovits: Wenn jeder in der Mannschaft seine Stärken einbringt, werden wir auch erfolgreich sein. Meine Stärke liegt nun mal im kämpferischen Bereich, und so versuche ich, der Mannschaft zu helfen. Diesmal habe ich etwas übers Ziel hinausgeschossen, aber es war erst meine fünfte Gelb-Rote Karte in 15 Jahren. Der Schnitt ist, denke ich, nicht so drastisch.
Außergewöhnliche Vereinstreue
Nur zwei Vereine in über 15 Jahren sind durchaus beeindruckend. Was bedeutet Ihnen Vereinstreue?
Kulovits: Rapid Wien war mein Herzens-Klub. Von meinem 12. Lebensjahr an habe ich dort alle Nachwuchsmannschaften durchwandert. In der ersten Mannschaft habe ich in elf erfolgreichen Profijahren mit über 250 Pflichtspielen eine tolle Zeit verbracht. Ich wäre länger bei Rapid geblieben, aber nach einem größeren Umbruch hat man sich von den älteren Spielern getrennt. Jetzt habe ich meine Zelte hier aufgeschlagen. Im Alter von fast 34 Jahren sehe ich keine Wechselgründe mehr, zumal ich kein Wandervogel bin und sich meine Familie hier in der Kurpfalz sehr wohl fühlt.
Demnach steht beim SVS eine Vertragsverlängerung in Aussicht?
Kulovits: Mit dem Verein habe ich ein Abkommen, dass wir von Jahr zu Jahr schauen. Ich bin guter Dinge, dass es nicht mein letztes Jahr in Sandhausen ist.
Im Fußball gibt es viele interessante Positionen
Sicherlich haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie es nach der Karriere beruflich und privat weitergehen wird?
Kulovits: Das Ziel ist es, dass mein Lebensmittelpunkt irgendwann mal wieder Wien ist. Ich liebe meine Geburtsstadt, wo ich über 30 Jahre verbracht habe. Fußball ist kein Wunschkonzert – man weiß nie, wo es einen hinzieht. Ich möchte weiterhin in der Fußballbranche arbeiten – in welcher Funktion auch immer. Fußball ist seit 25 Jahren mein Leben. Obwohl ich bereits mit einer Trainerausbildung begonnen und die B-Lizenz abgeschlossen habe, möchte ich mich nicht ausschließlich auf den Trainerposten festlegen. Im Fußball gibt es viele interessante Positionen, die man begleiten kann.
Spielen dabei auch sportliche Vorbilder eine Rolle?
Kulovits: Als meine Karriere begann, waren „Aggressive Leader“ wie Edgar Davids oder Gennaro Gattuso fußballerische Vorbilder. Für mich kommen eher Spielertypen in Frage, die auf meiner Position beheimatet sind.
Unvergessenes Länderspiel gegen Deutschland
Welche Momente Ihrer bisherigen Karriere blieben besonders haften?
Kulovits: Da waren mein erstes Pflichtspiel für Rapid Wien und im Jahr 2011 das Länderspiel mit Österreich gegen Deutschland. So etwas bleibt unvergessen.
Foto: BWA