„Uns ist ein volles Stadion wichtiger als freie Plätze, die leer bleiben“

TSG-Geschäftsführer Tim Jost blickt optimistisch auf die künftigen Zuschauerzahlen

Nachdem ein Fünftel der Bundesliga-Saison 2025/26 gespielt sind, unterhielt sich bwa-sport.de mit Hoffenheims Geschäftsführer Tim Jost, der seit Dezember 2024 für die Bereiche Marketing & Vertrieb beim Kraichgauer Bundesligisten zuständig ist. Der gebürtige 39-jährige Holsteiner verantwortete zuletzt beim VfL Bochum die Bereiche Marketing & Vertrieb, zuvor wirkte er mehr als fünf Jahre bei Holstein Kiel, bei denen er bis zum Februar 2023 das Sponsoring, Marketing sowie das Vertriebsteam leitete.

Die bisherigen drei Saison-Heimspiele gegen Frankfurt, Bayern München und Köln waren zwar alle ausverkauft, doch letztendlich fühlten sich diese eher wie Auswärtsspiele an, zumal die gegnerischen Fans meist tonangebend waren.
Tim Jost: Natürlich wünschen wir uns bei den Heimspielen eine Arena, die fest in TSG-Hand ist und in der unsere Fans den Ton angeben. Gleichzeitig sehen wir uns als offenen und familienfreundlichen Standort, an dem sich alle Fußballbegeisterten willkommen fühlen dürfen – egal, welches Trikot sie tragen. Wichtig ist für uns, dass die Stimmung positiv, respektvoll und leidenschaftlich ist. Wir arbeiten intensiv daran, noch mehr Menschen aus der Region für die TSG zu begeistern. Maßnahmen wie der neue Dorfplatz oder die überarbeiteten Preisstrukturen für die Saison 25/26 zeigen bereits erste Wirkung – und das motiviert uns, diesen Weg weiterzugehen.

Die zahlreichen, lautstarken Kölner-Fans sorgten bei ihrem Gastspiel in Sinsheim für mächtig Zündstoff

„Wir arbeiten in unserer Neuausrichtung sehr daran, dass künftig noch mehr TSG-Fans den Weg in die Arena finden

Tim Jost zur Atmosphäre in der Sinsheimer Arena

Verzichtet die TSG Hoffenheim lieber auf die Heimstimmung und opfert diese, um das Stadion zu füllen?
Tim Jost: Nein! Uns ist die Heimstimmung sehr wichtig – sie gehört schließlich zu einem echten Fußballerlebnis dazu. Gleichzeitig möchten wir ein Ort sein, an dem sich alle Fußballfans wohlfühlen können. In den bisherigen Heimspielen war die Atmosphäre durchweg positiv und friedlich, das schätzen wir sehr. Dennoch arbeiten wir in unserer Neuausrichtung sehr daran, dass künftig noch mehr TSG-Fans den Weg in die Arena finden und unsere Mannschaft von den Rängen aus lautstark unterstützen. Dafür investieren wir viel Energie und Herzblut.

Auf eine vollbesetzte Südkurve kann sich die TSG Hoffenheim bei fast allen Heimspielen verlassen

Solider Zuschauerschnitt von über 23.500

Sportlich rückt der Heimvorteil dadurch aber immer mehr in den Hintergrund.
Tim Jost: Ich sehe das differenzierter. In den bisherigen Heimspielen waren durchweg mehr TSG-Fans als Gästefans im Stadion, auch wenn die Wahrnehmung teilweise eine andere war. Unser Einzugsgebiet ist keine Großstadt mit mehreren Hunderttausend Einwohnern, sondern eine Flächenregion. Die Stadt Sinsheim mit den umliegenden Gemeinden zählt rund 36.000 Einwohner – vor diesem Hintergrund ist ein Zuschauerschnitt von über 23.500 sehr solide. Dennoch verfolgen wir das Ziel, diesen weiter zu steigern.

Hoffenheims Geschäftsführer Tim Jost wünscht sich begeisternde und friedliche Heimspiele in einer positiven Atmosphäre

„Uns ist ein volles Stadion wichtiger als freie Plätze, die leer bleiben“

Tim Jost über die vielen Gästefans bei manchen Heimspielen

Es ist für die gegnerischen Fans relativ leicht in Sinsheim an Karten zu kommen. Wie geht die TSG bei der Ticketvergabe vor?
Tim Jost: Gästefans haben bei uns die Möglichkeit im freien Verkauf an Karten zu kommen. Wichtig ist zu betonen, dass wir natürlich immer zuerst unseren Dauerkarteninhabern und Mitgliedern ein Vorkaufsrecht einräumen – wir bevorzugen also keine Gäste. Manchmal mag dieser Eindruck entstehen, doch das ist nicht der Fall. Uns ist ein volles Stadion wichtiger als freie Plätze, die leer bleiben. Entscheidend ist, dass die Spiele in einer friedlichen und positiven Atmosphäre stattfinden.

Für Tim Jost spielt bei den Zuschauerzahlen auch der regionale Charakter eine entscheidende Rolle

Besondere Erlebnisse schaffen, um Lust auf Stadionbesuche zu machen

Woran liegt es, dass das Zuschauerinteresse im Gegensatz zu vielen anderen Ligakonkurrenten geringer ist?
Tim Jost: Es gibt verschiedene Gründe dafür. Wir als Verein müssen alles daransetzen, dass die Menschen gerne zu uns kommen – nicht nur eingefleischte TSG-Fans, sondern auch neutrale Fußballfreunde. Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, ein Spiel in Hoffenheim zu erleben. Die Offenheit, die wir aktuell leben, ist dafür ein wichtiger Schlüssel, und natürlich stehen unsere Fans dabei immer an erster Stelle. Gleichzeitig spielt auch unser Einzugsgebiet eine Rolle – wir sind keine klassische Großstadt. Umso wichtiger ist es, besondere Erlebnisse zu schaffen, die Lust auf Stadionbesuche machen – wie etwa den Dorfplatz, der vor und nach den Spielen zum Verweilen einlädt.

„Unsere Zuschauer kommen, um ein sportlich attraktives Spiel zu sehen“

Tim Jost über das Zuschauerinteresse trotz zur aktuellen Heimschwäche

Mit erfolgreichen Heimspielen kann man sicherlich mehr erreichen, als dies aktuell saisonübergreifend der Fall ist. Die schlechte Heimbilanz ist nicht gerade die beste Werbung in diese Richtung.
Tim Jost: Unsere Zuschauer kommen in erster Linie ins Stadion, um ein sportlich attraktives Spiel zu sehen. Wenn man unsere bisherigen drei Heimpartien betrachtet – auch wenn sie leider alle verloren gingen – haben wir genau das geboten: offensiven, mutigen Fußball mit vielen Toren und Torchancen, wie zuletzt auch gegen Köln. Wir werden weiter hart daran arbeiten, unseren Zuschauern nicht nur attraktiven, sondern auch erfolgreichen Fußball zu bieten. Und ich bin überzeugt, dass sich die Mühe auszahlen wird und wir bald wieder Heimsiege gemeinsam mit unseren Fans feiern können.

Das neue TSG-Fandorf wurde seit der Eröffnung von den Hoffe-Fans sehr gut angenommen

TSG-Fandorf ist ein Ort für echte Begegnungen

Mit der Fertigstellung des TSG-Fandorfs wird eine zusätzliche Attraktion für die Stadionbesucher geboten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl soll damit gestärkt werden. Wie haben Sie dies bisher wahrgenommen?
Tim Jost: Der Dorfplatz ist weit mehr als nur ein neues Angebot – er ist ein Projekt für unsere Fans und steht sinnbildlich für das, was wir mit unserer Neuausrichtung erreichen wollen: näher dran sein, zuhören, verstehen und gemeinsam gestalten. Die Idee ist in vielen Gesprächen mit Fans und Partnern entstanden. Der Wunsch war klar: einen Ort zu schaffen, an dem echte Begegnungen möglich sind.

Erwartungen wurden übertroffen

Wie war die Resonanz bei den ersten beiden Heimspielen?
Tim Jost: Dass bei den Heimspielen gegen Bayern München und Köln jeweils über 1.300 Besucher den Dorfplatz mit Leben gefüllt haben, hat selbst unsere Erwartungen übertroffen. Dieses Echo zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Austausch, Nähe und Gemeinschaft ist – und genau das macht den Fußball aus. Wir wollten einen Platz schaffen, an dem man zusammenkommt, verweilt, diskutiert, lacht – und sich manchmal auch einfach gemeinsam über den Fußball freut oder ärgert. Kurz gesagt: einen Ort, an dem man den Fußball wirklich lebt.

„für die aktuelle Spielzeit sehen wir einen positiven Zuwachs im dreistelligen Bereich“

Tim Jost über den Dauerkartenverkauf der aktuellen Saison

Wie viele Dauerkarten wurden nach der vergangenen Zittersaison für die neue Saison 2025/26 abgesetzt?
Tim Jost: Wir freuen uns sehr über die positive Entwicklung in mehreren Bereichen – sie zeigt, dass die Maßnahmen, die wir angestoßen haben, von Fans und Partnern gut angenommen werden. In der Europa-League-Saison 2024/25 konnten wir den Dauerkartenverkauf auf dem stabilen Niveau der Vorsaison halten, und für die aktuelle Spielzeit sehen wir einen positiven Zuwachs im dreistelligen Bereich.

Die Geschäftsführer der TSG 1899 Hoffenheim von links: Tim Jost, Frank Briel, Dr. Markus Schütz und Andreas Schicker

Erfreuliche Resonanz im Business- und Logenbereich

Bei wieviel Prozent ist die Auslastung der Logen- und Businessbereiche?
Tim Jost: Auch im Business-Bereich ist die Resonanz sehr erfreulich: Alle 41 Logen – darunter 14, deren Verträge ausgelaufen sind – konnten wir verlängern oder neu und langfristig vergeben. Zudem haben wir bei den Business-Dauerkarten einen leichten Anstieg erzielt. Diese Entwicklung bestätigt uns, dass wir mit unserem Weg richtig liegen – und motiviert uns, weiter mit voller Energie daran zu arbeiten, das Stadionerlebnis für alle noch attraktiver zu machen.

„Unser Team bekam in kürzester Zeit eine klare Struktur und Spielidee vermittelt“

Tim Jost über die aktuelle sportliche Entwicklung der Mannschaft

Die Mannschaft unterzog sich eines großen Umbruchs. Das Trainerteam um Christian Ilzer hat dem Team ein völlig neues Gesicht gegeben, das bisher viele positive Eindrücke erweckte. Die Herangehensweise und Spielweise wird viel gelobt. Konnte man damit rechnen?
Tim Jost: Ich bin wirklich beeindruckt, wie schnell sich die Mannschaft nach dem Umbruch gefunden hat. Andreas Schicker und das Trainerteam um Christian Ilzer haben dem Team in kürzester Zeit eine klare Struktur und Spielidee vermittelt. Man erkennt deutlich, welche Handschrift dahintersteckt – mutig, aktiv und mit einem klaren Plan.

Die neu zusammengestellte Hoffenheimer Mannschaft wusste in den bisher absolvierten Partien zu überzeugen

Solider Start bei einem anspruchsvollen Auftaktprogramm

Sind Sie mit dem bisherigen sportlichen Abschneiden nach sieben Spieltagen zufrieden?
Tim Jost:
Gerade angesichts des anspruchsvollen Auftaktprogramms inklusive DFB-Pokal war das keine Selbstverständlichkeit. Drei Siege, drei Niederlagen und ein Remis sind ein solider Start – vor allem, wenn man sieht, wie konsequent die Jungs die neue Spielweise umsetzen.

Man spürt den Teamgeist, die Freude am Spiel und den Willen, Verantwortung zu übernehmen

Tim Jost über die erfreuliche Entwicklung der Mannschaft

Die Mannschaft ist gegenüber der vergangenen Krisen-Saison nicht wieder zu erkennen.
Tim Jost:
Was mich besonders freut, ist das erkennbare Miteinander in der Mannschaft. Man spürt den Teamgeist, die Freude am Spiel und den Willen, Verantwortung zu übernehmen. Auch unsere Neuzugänge haben sich hervorragend integriert. Die Mischung aus erfahrenen Spielern, jungen Talenten und echten Hoffenheimer Gesichtern funktioniert hervorragend. Das alles zeigt, dass wir auf einem richtig guten Weg sind.

TSG-Coach Christian Ilzer kann mit den Leistungen seiner Mannschaft im bisherigen Saisonverlauf sehr zufrieden sein

Die Richtung stimmt

Was kann der Hoffe-Fan von dieser neuen Truppe noch alles erwarten?
Tim Jost: Die Fans können sich auf eine Mannschaft verlassen, die mutig spielt, engagiert arbeitet und ihren Weg konsequent geht. Natürlich wird nicht jedes Spiel leicht, aber die Richtung stimmt – und das spürt man auf und neben dem Platz.

Fotos: TSG Hoffenheim/Simon Hofmann, Kraichgaufoto, foto2press und BWA

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