„Was nützt einem das Chancenverhältnis, wenn man keine Tore erzielt“

Fußball-Weltmeister als Scout unterwegs

Die Spiele der U19-Europameisterschaft wurden von einigen Talentspäher sehr intensiv verfolgt. Einer davon war auch der Fußball-Weltmeister von 1990 Pierre Littbarski. Der gebürtige Berliner ist seit Februar 2012 Leiter des Arbeitsbereich „Spielerbeobachtung und Entwicklung“ des Bundesligisten VfL Wolfsburg. Der ehemalige offensive Mittelfeldspieler blickt dabei auf die Erfahrung von 406 Bundesligaspiele für den 1. FC Köln und 73 A-Länderspiele zurück. Nach seiner aktiven Karriere versuchte sich „Litti“ auch als Trainer im In- und Ausland. Im Gespräch mit bwa-sport.de spricht er über die EM und den deutschen Nachwuchs.

Als Weltmeister sind Sie des Öfteren mit Notizblock auf den Tribünen zu sehen.
Pierre Littbarski:
Ich arbeite schon länger als Scout des VfL Wolfsburg. So ein U19-Turnier ist natürlich diesbezüglich sehr interessant. Besonders interessieren mich die deutschen Talente, auch internationalen Vergleich. Durch die kurzen Entfernungen zwischen den einzelnen Spielorten kann man sich zeitnah mehrere Spiele anschauen.  

Was ist Ihnen bei der Spielweise der deutschen U19 besonders aufgefallen?
Littbarski:
Die Einstellung der deutschen Mannschaft war immer gut. Offensiv gab es viel Positives zu sehen, nur in der Defensive hat mir einiges nicht gefallen. Auffallend der Hoffenheimer Philipp Ochs. Er  ist mir schon länger bekannt, ich habe ihn beim Bundesligaspiel der TSG gegen Bremen im Stadion gesehen. Er ist ein guter Junge, hat eine gute Einstellung und ist sehr torgefährlich.

Es hätte bei besserer Chancenverwertung mehr werden können, als Minimalziel Platz fünf.
Littbarski:
Das ist immer das gleiche. Was nützt einem ein positives Chancenverhältnis, wenn man keine Tore erzielt. Wie bei der A-Nationalelf ist es momentan das Manko, dass zu viele Möglichkeiten ungenutzt gelassen werden. Italiens Minimalisten kamen durch ihre effiziente Spielweise bis ins U19-Finale. Es ist sehr schade, dass es für die deutsche Mannschaft nicht zu mehr gereicht hat. Dennoch ist es eine große Erfahrung, sich mit internationalen Top-Mannschaften zu messen, was jeden Einzelnen weiterbringen wird.

Wie haben Sie die EM-Endrunde in Frankreich verfolgt bzw. wie lautet Ihr Fazit?
Littbarski:
Die Vorrunde war für mich etwas träge. Aufgrund der vielen teilnehmenden Mannschaften wurde viel taktiert, schließlich reichte schon Platz drei in der Vorrunde fürs Weiterkommen. Gefreut hat es mich, dass einige Favoriten wie Belgien und Italien früh auf der Strecke blieben und Nationen wie Island und Ungarn positiv auf sich aufmerksam machten. Unsere deutsche Mannschaft hat mich nicht enttäuscht, doch es hätte durchaus zu mehr reichen können. Frankreich war für mich eine sehr symphatische Mannschaft, der ich gerne den Titel gegönnt hätte.

Foto: BWA

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