Ein Spiel der falschen Rekorde

TSG kassiert 1:5-Klatsche gegen effiziente Mainzer

Es hätte eigentlich der vereinseigene Rekord von sechs Bundesligasiegen in Folge werden sollen, doch stattdessen stellte die TSG Hoffenheim beim 1:5 gegen den FSV Mainz 05 einen Negativrekord der meisten Gegentore in einem Heimspiel seit ihrer Bundesligazugehörigkeit auf. Die Enttäuschung an diesem kalten Sonntagabend in Sinsheim vor der Minuskulisse von 23.129 Zuschauer in der letzten Partie des 12. Spieltages war allgegenwärtig und nur schwer verdaubar.

Das hatte man sich anders vorgestellt

Ratlosigkeit und Kopfschütteln machte sich breit. Man fragte sich, wie so etwas ausgerechnet gegen den zuletzt kriselnden Tabellensechszehnten aus der Karnevalshochburg nach den zuletzt erfolgreichen Wochen zustande kommen konnte. Anstatt des möglichen vierten Tabellenplatzes rutschen die Kraichgauer jetzt runter auf Rang 8. Bei den Gästen hingegen stellt sich direkt der erhoffte Effekt des Trainerwechsels von Beierlorzer für Schwarz nach dem vierten Saisonsieg ein.

Bad Rappenaus Cocic (re.) setzt sich energisch gegen Rohrbachs Reißfelder zur Wehr. Links beobachtet Bauer die Szene.

TSG versäumt frühe Führung

Dabei sah es anfangs gar nicht danach aus, denn die Gastgeber dominierten in den ersten 20 Minuten klar das Geschehen und hatten durch Locadia, der frei vor Gästekeeper Zentner scheiterte (3.) und Rudy, dessen 16-Meter-Schuss Malong auf der Torlinie abwehrt  (15.) sowie einem Seitfallschuss von Kaderabek (16.) hochkarätige Chancen. Auf der anderen Seite vergibt Boetius aus spitzem Winkel (10.) und Quaison frei vor dem Tor (16.). Es war eine sehr unterhaltsame Anfangsviertelstunde, die dann aber zunehmend verflachte und von vielen Zweikämpfen und Abspielfehlern auf beiden Seiten geprägt war.

Öztunali bringt Mainz in Führung - Baku fliegt vom Platz

Völlig überraschend fiel nach 34 Minuten die Mainzer Führung durch Öztunali, der sich rechts gegen Skov durchgesetzte und aus spitzem Winkel ins lange Eck zum 0:1 traf. Der Treffer war eine Folge des nachlassenden Drucks und zunehmenden Passivität der Gastgeber, die die Nullfünfer immer besser ins Spiel kommen ließen. Die TSG tat sich schwer im Aufbauspiel gegen einen früh und intensiv pressenden Gegner. Die größte Ausgleichschance kurz vor der Pause hatte Locadia, der nach einem Skov-Freistoß aus sechs Metern völlig frei neben das FSV-Tor köpft (43.). In der 45. Minute dezimierten sich die Rheinhessen in Form von Baku selbst, als dieser an der Mittellinie Gegenspieler Rudy mit gestrecktem Fuß gegen das rechte Sprunggelenk von den Beinen holt und zurecht mit Rot vom Platz fliegt.

Rohrbachs Spieler feiern ausgelassen den 2:0-Sieg in Gemmingen

Kaderabek mit kuriosem Eigentor

In der zweiten Hälfte brachte Hoffenheims Trainer Schreuder seinen Torjäger Kramaric, der bereits nach zwei Minuten mit einem Distanzschuss die erste Chance hat (47.). Wenig später vergibt erneut Locadia eine Großchance, als er aus sieben Metern übers Tor köpft (50.). Effizienter zeigten sich die Mainzer, die zwei Minuten später auf 2:0 erhöhen. Es war ein kurioser Treffer: Nachdem sich St. Juste auf der rechten Angriffsseite im Vollsprint gegen drei Gegenspieler durchgesetzte, verpasste zunächst Torhüter Baumann dessen Hereingabe und als Kaderabek fünf Meter vor dem eigenen Tor im Fallen retten wollte, ging der Ball unglücklich von seinem Kopf ins eigene Tor (52.).

Zentner mit tollen Paraden

Hoffenheim erhöhte nun in Überzahl den Druck und die Mainzer konnten sich bei ihrem Besten, Torhüter Zentner bedanken, der sowohl bei einem Kopfball des eigenen Mitspielers, als auch beim anschließenden Nachschuss von Kaderabek glänzend pariert (59.). Während die Kraichgauer ununterbrochen anrennen, erhöhen die Gäste durch einen Konter durch Malong, der TSG-Kapitän Vogt auf- und davonlief, bei ihrem ersten Torschuss in der zweiten Hälfte auf 3:0 (62.). Die Mainzer wirkten nun wie beflügelt, waren in den entscheidenden Momenten ihren Gegenspielern oftmals einen Schritt schneller voraus.

Kurzzeitige Hoffnung durch Kramaric

In der Schlussphase kam bei den Gastgebern noch mal Hoffnung auf, nachdem Kramaric auf 1:3 verkürzt (83.). Nachdem Juste und Niakhate in höchster Not vor dem eigenen Tor retteten, parierte Zentner einen Kramaric-Drehschuss aus kurzer Distanz mit einer Weltklasseparade (86.). In der Schlussminute dann die endgültige Entscheidung durch Boetius, der einen Konter erfolgreich zum 1:4 abschließt (90.).

Effiziente Mainzer schlagen eiskalt zu

Dem nicht genug, setzte in der Nachspielzeit Malong mit seinem zweiten Treffer zum 1:5-Endstand noch einen drauf. Die zahlenmäßig dezimierten Mainzer benötigten in den zweiten 45 Minuten nur fünf Torschüsse, um am Ende ergebnistechnisch einen deutlichen 5:1-Auswärtssieg einzufahren. Noch nie in der Geschichte der Bundesliga hat es zuvor eine Mannschaft geschafft, in Unterzahl vier Treffer zu erzielen. Auch das war ein nicht kalkulierter Negativrekord aus Sicht der Nordbadener.

"Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht"

Ein enttäuschter Abwehrchef Vogt sagte nach seinem 100. Bundesligaspiel für die TSG: „Es war heute in allen Belangen viel zu wenig was wir gezeigt haben.“ TSG-Torhüter Baumann, der eigentlich wenig zu tun hatte, musste sich wie im falschen Film vorkommen. Seine Analyse: „Ich weiß nicht, was heute gefehlt hat. Ich hatte das Gefühl, dass die Mainzer aggressiver gegen uns waren. Eigentlich hatten wir einen guten Ballbesitz, aber wir haben uns auskontern lassen. Die Mainzer sind in der Schlussphase aus der eigenen Hälfte frei auf mich zugelaufen. Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Vielleicht kommt so eine Klatsche nicht zum falschen Zeitpunkt. Wir hätten etwas Großes schaffen können, vielleicht war auch das in den Köpfen.“

Knackpunkt war das 0:2 an einem schwarzen Tag

Für Abwehrspieler Posch waren die Konter der Knackpunkt: „Das frühe 0:2 hat uns natürlich mitgenommen. Wir dürfen nicht mehr so viele Fehler machen, möglichst wenig Gegentore bekommen, am besten null. Erklären kann man das, was passiert ist, nicht. Wir müssen es analysieren, Lehren draus ziehen und abhaken. Es war ein gebrauchter Tag heute.“ Auch Nationalspieler Rudy kam bei seinem Fazit in Erklärungsnot:  „Ich kann es nicht erklären. Wir haben heute richtig auf die Fresse bekommen. Aber lieber einmal einen abkriegen, um im nächsten Spiel wieder zu tausend Prozent zu wissen, was uns in den letzten Wochen stark gemacht hatte. Das war ein schwarzer Tag für uns.“ Passend dazu die Aussage des Mainzer Sportvorstandes Schröder: „Fußball ist manchmal halt nicht zu erklären.“ Hoffenheim hat am 12. Spieltag sein blaues Wunder erlebt. Gelegenheit, diese Scharte wieder auszumerzen, bietet sich am nächsten Samstag (15.30 Uhr) an gleicher Stelle gegen Fortuna Düsseldorf.

Statistik:

TSG Hoffenheim: Baumann - Posch (77. Stafylidis), Vogt, Hübner (55. Baumgartner) - Kadeřábek, Rudy, Grillitsch, Skov - Bebou, Locadia, Akpoguma (46. Kramarić)
FSV Mainz 05: Zentner - Malong, St. Juste (90. Hack), Niakhate, Aaron - Öztunali, Baku, Fernandes - Boetius - Onisiwo (75. Awoniyi), Quaison (87. Latza)
Tore: 0:1 Öztunali (15.), 0:2 Kaderabek (52., Eigentor), 0:3 Malong (62.), 1:3 Kramarić (83.), 1:4 Boetius (90.), 1:5 Malong (90.+3)
Rote Karte: Baku (45.)
Schiedsrichter: Dankert
Zuschauer: 23.129

Fotos: Kraichgaufoto und BWA

Karerabek beim Flanken, Posch (li.) im Laufduell, Rudy beim Eckball, Grillitsch (li.) beim Flanken, Baumgartner (Mitte) im Dribbling, Kramaric (re.) sorgte für reichlich Torgefahr, Bebou (re.) beim Torschuss, und Die FSV-Fans in Partylaune

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