Emotionaler Abschied mit der Sehnsucht nach Europa

Hoffenheim empfängt im letzten Heimspiel Werder Bremen

Das letzte Bundesliga-Heimspiel der Saison 2018/19 steht für die TSG Hoffenheim in zweierlei Hinsicht in einem besonderen Fokus. Zum einen müssen die Kraichgauer unbedingt gegen den Gast aus Bremen gewinnen, um sich noch Hoffnungen auf eine Europapokalteilnahme machen zu können, und zum anderen ist es für Trainer Julian Nagelsmann der letzte Auftritt als TSG-Trainer vor heimischer Kulisse.

Ungewisse sportliche Lage

Die sportliche Lage für die Hoffenheimer ist zwei Spieltage vor Saisonende noch sehr ungewiss. Es kann im günstigsten Fall noch für eine Champions League-Qualifikation, im ungünstigsten Fall aber auch für keine internationale Platzierung reichen. Vieles hängt an diesem 33. Spieltag auch von den Spielen der direkten Konkurrenten ab. So empfängt der Vierte Frankfurt den FSV Mainz 05, der Fünfte Leverkusen den FC Schalke 04, der Sechste Mönchengladbach gastiert beim 1. FC Nürnberg und der Siebte Wolfsburg muss beim VfB Stuttgart antreten. Alle vier Konkurrenten spielen demnach gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellenbereich.

Für Julian Nagelsmann steht gegen Bremen das letzte Heimspiel als Hoffe-Coach bevor

Auf Schützenhilfe angewiesen

Da es nicht mehr zu einem direkten Duell der Europacup-Kandidaten kommt, kann sich die TSG nicht mehr aus eigener Kraft für eine internationale Teilnahme qualifizieren. Mindestens einer der Konkurrenten muss demnach patzen, damit Hoffenheim, das selbst kräftig punkten sollte, auch in der kommenden Saison international spielt. Ein Vorteil ist dabei das Torverhältnis: Mit einer positiven Differenz von 21 Treffern haben die Nagelsmänner die beste Ausgangslage. Dahinter folgen Frankfurt (+18) und Leverkusen (+13). Die aktuelle Situation sieht Trainer Nagelsmann nicht ganz hoffnungslos: "Wir hätten uns eine bessere Ausgangsituation erarbeiten können. Das ist uns allen bewusst. Es bringt aber nichts zu hadern. Der Rückstand ist nicht groß. Es sind noch sechs Punkte zu holen. Wir gehen nicht negativ belastet in die zwei Spiele, weil wir gegen Gladbach sehr gut gespielt haben. Wenn wir diese Leistung in den zwei Spielen abrufen können, glaube ich, dass wir gewinnen werden."

Bremens Chancen sind eher gering

Für Hoffenheims Gegner Werder Bremen bestünde noch die theoretische Chance auf eine internationale Teilnahme, wenn sie in Sinsheim gewinnen würden und gleichzeitig Mönchengladbach und Wolfsburg sieglos blieben. Lange waren die Kraichgauer der Lieblingsgegner der Norddeutschen. Bei nur 3 Niederlagen aus 21 Bundesliga-Partien hat Werder gegen keinen aktuellen Bundesligisten eine bessere Quote. Doch seit Trainer Nagelsmann das sportliche Zepter bei den Blau-Weißen schwingt, hat sich so einiges geändert. Die TSG hat unter seiner Leitung keine der letzten sechs Partien gegen die Hanseaten verloren.

Schulz setzt sich energisch im Zweikampf durch. Wird es für ihn auch das letzte Heimspiel im Hoffe-Trikot?

Ständig ändernde Grundordnung

Dem kommenden Gegner attestiert der 31-jährige Cheftrainer eine sehr attraktive Spielweise: "Die Entwicklung unter Trainer Florian Kohfeldt ist sehr gut. Sie spielen sehr variabel und ändern ständig im Spiel die Grundordnung. Sie sind so erfolgreich wie lange nicht und machen es sehr gut. Ihre Spielidee ist sehr offensiv und mutig."  

Statistische Fakten

Die direkte Bundesliga-Bilanz bei 3 Siegen, 9 Unentschieden und 9 Niederlagen spricht deutlich für die Grün-Weißen. Bei den Gästen steht Bundesliga-Oldie Claudio Pizarro vor seinem 300. Werder-Pflichtspiel. Dieses Jubiläum könnte er zudem mit einem 150. Torerfolg krönen. Gelbgesperrt fehlen bei den Gastgebern Stefan Posch und bei den Gästen Davy Klaassen. Auf Seiten der Nordbadener werden zudem Benjamin Hübner, Dennis Geiger und Robin Hack nicht im Kader stehen. Joelinton hat einen guten Eindruck im Training hinterlassen und wird nach seiner Verletzung wieder eine Option für das Bremen-Spiel sein.

Keine Strafe für Kramaric

Bei der Pressekonferenz vor dem Werder-Spiel kam auch die Kritik von Torjäger Andrej Kramaric an der taktischen Herangehensweise des Trainers nach dem Gladbachspiel zur Sprache (wir haben darüber ausführlich berichtet). Besonders ging es dabei um die zu oft wechselnde Grundordnung, das die Mannschaft teilweise überfordern würde. Für Nagelsmann ist dies inzwischen ausgeräumt, wenngleich er dies lieber sofort intern geregelt hätte, als dass es über die Medien verbreitet wurde. Nagelsmann: „Wenn er damit zu mir kommt, kann ich damit etwas anfangen und begründen, um was es geht.“ Da der gemeinsame Weg in neun Tagen sowieso endet, sieht der Coach von einer Sanktion für seinen kroatischen Stürmer ab.

Demirbay bereits in Leverkusen offiziell vorgestellt

Nun hat es die TSG offiziell bekanntgegeben: Mittelfeldspieler Kerem Demirbay wechselt am Saisonende zum Liga-Konkurrenten Bayer 04 Leverkusen. Alexander Rosen, Direktor für Profifußball: "Wir sind uns aber natürlich völlig im Klaren darüber, dass unsere Spieler Begehrlichkeiten bei anderen Klubs wecken, die teilweise über völlig andere finanzielle Ressourcen verfügen." Demirbay wird damit nach Roberto Firmino (FC Liverpool) zum zweitteuersten Spielerverkauf der Klubgeschichte. "Ich habe hier eine großartige Zeit erlebt, mich sportlich und menschlich enorm weiterentwickeln können und den Sprung zum Nationalspieler geschafft. Die TSG war für mich in den vergangenen Jahren der richtige Ort und wird es auch für viele andere Spieler noch sein. Ich verbinde mit Hoffenheim schöne Erinnerungen und eine große Dankbarkeit gegenüber allen im Verein und den Fans", sagt Demirbay, der versichert "in den anstehenden Partien alles für die TSG reinzuwerfen". Nagelsmann zeigt Verständnis für den Abwanderungswilligen: "Es ist ein ganz normaler Weg, der in der Bundesliga passiert. Er hat sich unglaublich entwickelt bei der TSG. Wir können uns alle auf die Schulter klopfen, wenn man sieht, für welchen Preis er nach Hoffenheim gekommen ist und nun nach Leverkusen zieht. Das ist das Modell, wie sich die TSG finanzieren muss, ohne diese Transfers funktioniert der Laden nicht.“ Wie fortgeschritten der Wechsel bereits war, zeigt die Präsentation Demirbays in Leverkusen (siehe folgendes Foto) mit Rudi Völler und Simon Rolfes. Dies hätte man auch noch nach Saisonende vornehmen können, zumal beide Vereine aktuell noch direkte Konkurrenten um eine internationale Platzierung sind.

Abschiedsparty nach dem Werder-Spiel

Auch wenn der Nagelsmann-Abschied vor dem letzten Saisonheimspiel immer näher rückt, so gibt es für den scheidenden Trainer aktuell noch keine große Gefühlswallung: „Es gilt zuerst  einmal inhaltliche Themen abzuarbeiten. Nach dem Spiel wird es bestimmt emotional – und, je nach Spielausgang, werde ich vielleicht auch eine Ehrenrunde drehen. Verabschieden werde ich mich auf alle Fälle. Ich bin grundsätzlich ein emotionaler Typ, aber erstmal will ich meine Aufgaben als Trainer erledigen." Am Samstagabend werden Nagelsmann und die beiden ebenfalls nach Leipzig wechselnden Benjamin Glück (Videoanalyst) und Timo Hardung (Teammanager) die TSG-Belegschaft und die Spieler zu einer Abschiedsparty einladen.

Fotos: Kraichgaufoto (6) und Bayer 04 Leverkusen (1)

 

Amiri (re.) im Zweikampf, Grillitsch (Mitte) mit vollem Einsatz, Amiri als Antreiber, und Demirbays Präsentation in Leverkusen

Artikel teilen

WERBUNG