HSV gegen SVS wird zum Duell zweier zuletzt kriselnder Mannschaften

SVS-Boss Machmeier hat den Abstiegskampf ausgerufen

Den ersten Auswärtspunkten der Saison in Würzburg folgte für den SV Sandhausen prompt die Ernüchterung mit der deutlichen Heimniederlage gegen die Spitzenmannschaft von Greuther Fürth. Schnell gibt es die Gelegenheit für die Kurpfälzer, sich wieder besser zu präsentieren, denn nur vier Tage später steht am Dienstag in der Englischen Woche um 18.30 Uhr das Auswärtsspiel beim Aufstiegsfavoriten und Tabellenvierten Hamburger SV an – in jenem Volksparkstadion, in dem der SVS Ende Juni einen historischen 5:1-Sieg am letzten Spieltag landete und dem HSV somit die Teilnahme an den Aufstiegs-Relegationsspielen nahm.

Sandhausens Halimi behauptet sich gegen HSV-Gegenspieler Dudziak im Zweikampf

Handlungsbedarf im Defensivbereich

Um jedoch im aufgrund der Corona-Pandemie wieder gähnend leeren Fußballtempel abermals beim Favoriten im hohen Norden überraschen zu können, ist die Basis eine stabilere Defensive im Spiel bei der zweitstärksten Offensive der Liga. Gegen Fürth war der Verbund um die Dreier-Abwehrkette besonders in der ersten Halbzeit hier und da einen Schritt zu spät und lud zweimal zum Toreschießen ein. Zweifellos herrscht bei neun Gegentreffern in den drei Spielen unter Trainer Michael Schiele noch großer Verbesserungsbedarf. Ob in der Kürze der Zeit Aleksandr Zhirov, der sich in Würzburg am Knie verletzte, oder der ebenfalls noch angeschlagene Tim Kister wieder Optionen für die Abwehr sind, wird sich kurzfristig zeigen. Die Systemumstellung in der zweiten Hälfte hin zu mehr Offensive und ein SVS, der den Fürthern ebenbürtiger war, machte etwas Hoffnung.

Machmeier macht deutliche Defizite aus

SVS-Boss Jürgen Machmeier sprach in ungewohnter Deutlichkeit grundlegendere und schwerwiegendere Dinge wie den Mannschaftsgeist oder den Fitnesszustand und damit vermeintliche Versäumnisse in der Ära Koschinat an: „Was mich sehr nachdenklich macht, ist, dass unsere Grundtugenden - Gier, Leidenschaft und mannschaftliche Geschlossenheit – völlig abhandengekommen sind. Das ist unser Problem, wie auch, dass unsere Mannschaft nicht fit ist. Der Gegner ist heute sechs Kilometer mehr gelaufen und hat 50 Sprints mehr gemacht. Das kann der neue Trainer Michael Schiele so schnell nicht aufholen. Wir müssen jetzt schauen, dass wir das Beste daraus machen. Fakt ist, dass wir nun wieder gegen den Abstieg spielen. Das muss allen im Verein ab sofort klar sein.“

Energisch setzt sich SVS-Stürmer Behrens gegen Hamburgs Leibold durch

Negativlauf gestoppt

Der Hamburger SV ist noch davon entfernt, wie in den ersten fünf Partien der Saison zu überzeugen, die allesamt gewonnen wurden. Doch nach dem 2:1-Erfolg bei Darmstadt 98 im letzten Spiel fiel allen beim sechsfachen Deutschen Meister und Europapokalsieger der Landesmeister von 1983 ein Stein vom Herzen. Der Negativlauf der Hanseaten nach zuvor fünf sieglosen Partien, in denen nur zwei Punkte geholt wurden, konnte gestoppt werden.

Terodde ist Hamburgs Torgarant

Garant für den Dreier in Darmstadt und mit ein Grund, warum es diesmal mit dem Aufstieg klappen könnte, war Neuzugang und Strafraumgespenst Simon Terodde, der im elften Spiel bereits seinen fünften Doppelpack und damit die Saisontreffer 10 und 11 erzielte. Dabei fingen sich die Hanseaten nach der Ampelkarte für Darmstadts Herrmann in Überzahl noch den Ausgleich ein, aber Terodde erzielte drei Minuten vor dem Abpfiff noch den Siegtreffer. „Torrode“, wie man ihn auch nennen könnte, ist ein einziges Phänomen und als bisher dreimaliger Torschützenkönig der 2. Liga der drittbeste Zweitliga-Torschütze aller Zeiten. Zunächst wurde er im Trikot des VfL Bochum Torschützenkönig, dann schoss er den VfB Stuttgart und den 1. FC Köln mit seinen Treffern zurück in die Bundesliga. Im Oberhaus konnte er jedoch nie so richtig Fuß fassen und wechselte die Vereine wieder. Zur laufenden Saison sicherte sich der Hamburger SV ablösefrei die Dienste des 32-jährigen Torjägers vom 1. FC Köln, der sich anschickt, am Saisonende seine vierte Torjägerkanone zu holen. An der Seite des HSV-Torjägers könnte gegen Sandhausen der schussstarke Sonny Kittel stürmen, der seine Gelb-Rot Sperre abgebrummt hat. Mit 1.280 Kilometern stellen die Hamburger die laufstärkste Mannschaft hinter Heidenheim und Fürth.

Gelingt im dritten Anlauf die Bundesliga-Rückkehr?

Doch das Team des neuen HSV-Trainers Daniel Thioune zeigt bei 16 Gegentreffern auch Defizite im Defensivbereich, obwohl der Coach gerade für die Hintermannschaft mit dem erstligaerfahrenen Toni Leistner sowie nach Saisonbeginn mit Torhüter Sven Ulreich von Bayern München und Moritz Heyer, den der Coach aus Osnabrück mitbrachte, Wunschspieler an Land ziehen konnte. Nachdem zum zweiten Mal in Folge die Rückkehr in die 1. Liga knapp verpasst wurde, konnten die Hanseaten aufgrund des Abflugs von Trikotsponsor „Fly Emirates“ und Klaus-Michael Kühnes Rückzug als Stadionnamensgeber keine Transferoffensive wie im vorigen Sommer starten. Der Rautenklub zählt dennoch zu den Aufstiegs-Topaspiranten, da fast alle Stammspieler an Bord blieben. Der erfahrene Trainer Dieter Hecking musste jedoch für Thioune weichen, der den VfL Osnabrück in die 2. Liga geführt hatte und der auf Grundtugenden setzt, die er in der Liga für unabkömmlich hält: Stabilität und Robustheit gepaart mit spielerischen Lösungen.

Mögliche Aufstellungen:

Hamburger SV: Ulreich – Vagnoman, Leistner, Ambrosius, Leibold – Gjasula, Heyer - Dudziak – Narey, Terodde, Kittel
SV Sandhausen: Fraisl – Röseler, Paurevic, Nauber – Diekmeier, Nartey, Linsmayer, Scheu – Biada – Behrens, Keita-Ruel

Fotos: Kraichgausport

Zhirov (li.) erzielt gegen den HSV einen Kopfballtreffer

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