Wie wird es werden, wie geht es weiter?

Der erste Geister-Spieltag wirft seine Schatten voraus

Die Sinsheimer Fußball-Arena an der A6 hat seit der feierlichen Eröffnung am 24. Januar 2009 schon so einiges erlebt. Am 22. August 2015 gelang TSG-Stürmer Kevin Volland nach neun Sekunden gegen den FC Bayern München das schnellste Bundesligator der Geschichte. Berühmter ist noch das „Phantomtor“ des Leverkuseners Stefan Kießling am 18. Oktober 2013, als der Stürmer am Tor vorbeiköpfte, doch der Ball auf seltsame Weise durch ein Loch im Netz ins Torinnere gelangte und von Schiri Felix Brych kurioserweise als Torerfolg gewertet wurde.

Nach Phantomtor und Blitztor jetzt Geisterspiel

Jetzt folgt am Samstag, den 14. März 2020 (Beginn 15.30 Uhr) ein weiteres Ereignis, das in den Hoffenheimer Geschichtsbüchern einen festen Platz einnehmen wird. Die TSG empfängt am 26. Bundesliga-Spieltag vor leeren Zuschauerrängen in seinem ersten Geisterspiel das Team von Hertha BSC Berlin. Aufgrund des zunehmend weiter verbreiteten Coronavirusses und den damit verbundenen möglichen Ansteckungsfolgen werden bei allen Partien des 26. Spieltages keine Zuschauer zugelassen.

Der Profifußball hat derzeit mit einigen unbefriedigenden Problemen zu kämpfen

Völlig ungewohnte Begleitumstände

Schon jetzt ist der Ablauf in der Sinsheimer Arena ohne die gewohnten Begleitumstände schwer vorstellbar. Große Stille beim Warmmachen, keine Stadionshow mit dem allseits „beliebten“ Song Sweet Caroline, keine Hoffe-Lieder zum Einstimmen und schon gar nicht das legendäre Badner-Lied. Die Spieler beider Mannschaften laufen ohne Einlaufkinder an der Hand aufs Spielfeld. Stadionmoderator Mike Diehl wird zwar die beiden Aufstellungen, Ein- und Auswechslungen sowie mögliche Torerfolge durchsagen, aber alles moderat und ohne die gewohnte Euphorie. Auch für die Profis wird es eine völlig ungewohnte Situation, die sie nur ansatzweise von Geheimtestspielen in der Vorbereitung ohne Zuschauerbeteiligung und Presse hinter abgeriegelten und mit Sichtschutzplanen abgehängten Zäunen rund um die Trainingsplätze kennen. Auch der Torjubel - sollte es überhaupt einen geben - wird anders ausfallen, weniger emotional und nicht Fankurvenorientiert.

Außergewöhnliche Akustik

Die Trainerstimmen und Rufe auf dem Spielfeld werden akustisch deutlich hörbarer sein. Vereinzelte Fangesänge könnte es - wie bei anderen bereits stattgefunden Geisterspielen - dennoch geben, da sich womöglich Fangruppen außerhalb der Arena treffen und auf sich aufmerksam machen möchten. Die ersten Eindrücke konnte man bereits am TV-Bildschirm am Mittwochabend beim ersten Bundesliga-Geisterspiel im rheinischen Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln (2:1) gewinnen. Die Atmosphäre und die Begleiterscheinungen waren für den gewohnten Stadionbesucher und Fußballfan erschreckend. Das Fehlen von Stimmung, Anfeuerung und Gesängen übertrug sich spürbar negativ auf das Geschehen auf dem Spielfeld - Emotionen waren dadurch deutlich fehl am Platz. Damit muss man sich erst vertraut machen, auch wenn es schwer fällt.

Die gewöhnliche Hoffi-Show wird es am Samstag nicht geben

Geisterspiele lenken von anderen Problemen ab

Ein weiteres Thema ist deutlich in den Hintergund getreten: Die viel diskutierten Probleme mit einzelnen Ultragruppierungen verschiedener Vereine in Verbindung mit bundesweiten Hassplakaten gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp und den DFB in Zusammenhang mit der ausgesprochenen Kollektivstrafe an die Fans von Borussia Dortmund bei den nächsten beiden Gastspielen in Sinsheim sind durch den Coronavirus schlagartig in den Hintergrund gerückt. Was noch beim letzten Hoffenheimer Heimspiel in Sinsheim gegen den FC Bayern ins Rollen kam und sich zum negativen Höhepunkt hochschaukelte, spielt momentan in der öffentlichen Diskussion keine Rolle mehr. Mit den Geisterspielen für alle 18 Erstligisten am Wochenende ist eine andere Dimension erreicht.

Eingeschränkter Einlass für Medienvertreter

Auch für die Medienvertreter kommt es zu ungewohnten Arbeitsbedingungen. Laut TSG-Pressemitteilung haben am Samstag die ausgestellten Dauer- und Tagesakkreditierungen keine Gültigkeit. Akkreditierungen erhalten ausschließlich Mitarbeiter audiovisueller DFL-Verwertungsrechte-Inhaber, Reporter und Fotografen der Nachrichtenagenturen, die vom Verein ausgewählt wurden. Es wurde eindringlich geraten, von einer Anreise zur Arena abzusehen. Der Großteil der schreibenden Zunft ist daher auf die TV-Livebilder ab 15.20 Uhr am Fußballsamstag angewiesen.

Sogar vorzeitiges Saisonende ist möglich

An diese unbefriedigenden Zustände wird man sich jedoch (leider) noch einige Zeit gewöhnen müssen, denn es ist nach heutigem Stand schwer vorstellbar, dass sich die Virus- bzw. Ansteckungsgefahr in absehbarer Zeit verbessern dürfte. Die 36 Klub-Bosse der 1. und 2. Liga treffen sich am nächsten Montag zu einer Krisensitzung, um alle möglichen Szenarien zu besprechen, und die ersten Beschlüsse zu fassen. Sogar eine vorzeitige Beendigung der laufenden Bundesliga-Saison ist - ähnlich wie beim Eishockey - nicht mehr ganz ausgeschlossen. Das wäre dann der Supergau!

Sky überträgt alle Spiele in der Konferenz unverschlüsselt

Was viele Fußballfans freuen dürfte, die Konferenz der Bundesliga (Samstag) und 2. Liga (Sonntag) läuft dieses und nächstes Wochenende statt in den verschlüsselten Sky-Programmen auf dem Free-Sender „Sky Sport News HD“, digital auf skysport.de sowie in der Sky Sport App. Ein toller Service für alle derzeit leidgeplagten Fußballfans.

Fotos: Kraichgaufoto und BWA

So eine Kulisse hätte man sich am Samstag gewünscht und Rätselraten, wie es weitergehen soll

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