„Die Hinrunde hake ich ab unter dem Begriff Stürmerleben“

Ausführliches Interview mit Andrej Kramaric

Andrej Kramaric kam im Winter 2016 vom englischen Erstligisten Leicester City zur TSG. Nach einer halbjährigen Ausleihe erhielt der kroatische Nationalstürmer einen Vertrag bis 2020. Auch wenn sich der 26-Jährige nicht als klassischen Stürmer sieht, so erzielte der beidfüßige Offensivspieler in 161 Länderspielen 86 Tore für sein Land. In der Bundesliga hatte er zuletzt Ladehemmung, traf seit 21 Pflichtspielen nicht mehr. bwa-sport.de unterhielt sich mit Kramaric über seine aktuelle Situation und die TSG Hoffenheim.

Mit maximalem Erfolg zurück ins internationale Geschäft

Mit welchen Zielsetzungen gehen Sie in die zweite Saisonhälfte?
Andrej Kramaric:
Wir alle im Team haben große Ziele. Die vergangene Saison soll keine einmalige bleiben. Natürlich sind wir mit Platz sieben oder acht nicht zufrieden. Wir wollen immer den maximalen Erfolg. Wir wollen idealerweise jedes Spiel gewinnen. Wir haben europäische Luft geschnuppert. Und davon wollen wir alle mehr. Auch wenn es nicht einfach wird.

In der Rückrunde wieder eine Schippe drauflegen

In 67 Ligaspielen erzielten Sie 22 Treffer, gaben 16 Assists. Für Manager Alexander Rosen sind Sie deshalb ein außergewöhnlicher Fußballer, der zu den Top 5 Spielern der Bundesliga was Torbeteiligungen gehört.
Kramaric:
Das ist ein großes Lob. Ich will und muss das aber auch immer wieder neu mit Leben füllen. Zuletzt lief es mit Toren und Vorlagen nicht so wie ich mir das vorstelle. Da will ich in der Rückrunde auf jeden Fall wieder eine Schippe drauflegen. Daran arbeite ich hart.

Mit geballten Fäusten! Kramaric feiert ausgelassen seinen Torerfolg

"Mal hast du einen Lauf und die Bälle fallen quasi von selbst rein, manchmal läuft es einfach nicht"

Die Saison begann für Sie mit einem verschossenen Elfmeter gegen Liverpool alles andere als glücklich. Für Trainer Nagelsmann ist dies mit eine Ursache, warum Sie nicht hundertprozentig in die Spur kommen.
Kramaric:
Natürlich hätte ich diesen Elfmeter gerne verwandelt. Die Spiele gegen Liverpool wären wohl anders gelaufen, wenn ich dieses Tor gemacht hätte. Fairerweise muss man aber zugeben, dass Liverpool über beide Spiele hinweg gesehen die stärkere Mannschaft war. Ich habe direkt nach dem verschossenen Elfmeter in der Liga an den ersten beiden Spieltagen getroffen. Die Hinrunde hake ich ab unter dem Begriff „Stürmerleben“ – mal hast du einen Lauf und die Bälle fallen quasi von selbst rein, manchmal läuft es einfach nicht. Ich tue alles dafür, um der Mannschaft in der Rückrunde mit meinen Toren wieder zu helfen.

"Bin selbstkritisch genug"

Nach dem Wechsel von Sandro Wagner nach München dürften auch Ihre Chancen für die Startformation gestiegen sein. Zuletzt kamen Sie meistens von der Bank.
Kramaric:
Dafür steht uns jetzt Adam Szalai, der große Teile der Vorrunde verletzt verpasst hat, wieder zur Verfügung. Es liegt doch in erster Linie an mir und meinen Leistungen, sowie den Vorstellungen des Trainers für die jeweilige Partie, ob ich in der Startelf stehe. Ich bin selbstkritisch genug, um zu sagen, dass ich in der Hinrunde nicht immer so gespielt habe, wie ich mir das vorstelle.

"Bei uns findet ein Anpassungsprozess statt"

Was hat sich Ihrer Meinung nach gegenüber der vergangenen Saison verändert?
Kramaric:
Die Gegner treten gegen uns anders auf, sie spielen defensiver, spielen weniger mit und bieten uns weniger Raum für unsere Kombinationen. Da findet bei uns ein Anpassungsprozess statt, den wir in der kurzen Vorbereitung auf die Rückrunde auch noch einmal intensiv angestoßen haben.

Kramaric posiert mit einem Fan vor der Südkurve. Der Kroate nimmt sich viel Zeit für seine Fans.

Das Interesse am Trainer ist normal

Julian Nagelsmann wurde in der ersten Saisonhälfte ständig mit Top-Klubs in Verbindung gebracht und stand medial ständig im Fokus. Wie haben Sie als Spieler die Begehrlichkeiten an Ihrem Trainer wahrgenommen?
Kramaric:
Julian ist jung und erfolgreich. Deshalb sind er und seine Arbeit ein Thema. Deshalb ist er begehrt. Das ist normal in diesem Geschäft und deshalb mache ich mir darüber auch keine Gedanken.

Viel Qualität im Team

Der Kampf um die internationalen Plätze ist deutlich enger geworden, die Top-Teams stehen aktuell auf den ersten sechs Rängen.
Kramaric:
Vor uns stehen in der Tabelle Top-Mannschaften, das wissen wir. Aber ich weiß auch, was in unserer Mannschaft steckt. Wir haben viel Qualität im Team.

"Fahren nicht zur WM, um dabei zu sein"

Das Jahr 2018 dürfte für Sie ein ganz Besonderes werden. Im Sommer nehmen Sie mit Kroatien bei der WM in Russland teil.
Kramaric:
Ich freue mich auf die WM, aber momentan ist sie noch weit weg. Jetzt zählt Hoffenheim. Wenn es in Richtung Weltmeisterschaft geht, werde ich mich intensiv damit beschäftigen. Wir haben eine gute Mannschaft und fahren nicht nur nach Russland, um dabei zu sein.

"Trotz stärkster Gruppe wollen wir weiterkommen"

Nach ihrem Dop­pel­pack in der Ukrai­ne, der Kroa­ti­en in die WM-Play-offs brach­te, wurden Sie wie ein Volk­s­held gefeiert. In der WM-Vorrunde trifft Kroatien mit Argentinien, Nigeria und Island auf starke Gegner. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Kramaric:
Das ist eine starke Gruppe – vielleicht sogar die beste des Turniers. Island kennen wir aus der Qualifikation, sie haben unsere Gruppe gewonnen. Wir wissen also, was auf uns zukommt. Nigeria ist eine körperlich und läuferisch sehr starke Mannschaft und über Argentinien muss man nicht sprechen. Wenn Messi einen guten Tag hat, ist das eine der besten Mannschaften der Welt. Und dennoch wollen wir weiterkommen.


Trainer Julian Nagelsmann über Andrej Kramaric:
Bei Andrej kamen in der Hinrunde viele Dinge zusammen. Ich habe mit ihm länger über seine Situation gesprochen. Er ist sehr selbstkritisch und kann das alles sehr gut einordnen. Andrej ist ein Spieler, der sehr viel nachdenkt, der Kritik nicht einfach an sich abprallen lässt. Er hat sich selbst nach der starken vergangenen Saison Druck gemacht und der wurde mit den schwächeren Leistungen für ihn persönlich immer größer. Ich habe versucht, ihm diesen Druck zu nehmen. Er ist noch nicht bei 100 Prozent und das weiß er auch. Ich muss ihm das nicht sagen. Das ist das Tolle an Andrej - er hat eine sehr gute Selbsteinschätzung."

Fotos: Kraichgaufoto

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