Mit der entsprechenden Qualität und Einstellung sollte es reichen

Manager Rosen im Interview

Kurz vor dem Rückrundenstart in der Fußball-Bundesliga stand Hoffenheims Direktor für Profifußball Alexander Rosen bwa-sport.de für ein aktuelles Interview zur Verfügung. Dabei blickt der 36-jährige, gebürtige Augsburger, optimistisch auf die Mission „Klassenerhalt“. Als Gründe nennt er die Qualität im Kader, die Erfahrung von Trainer Huub Stevens sowie die intensive Trainingsvorbereitung. Für den unbefriedenen Hinrundenverlauf sieht er Rück- und Nackenschlägen sowie späte Gegentore, die sich spiralförmig zu einem Negativlauf entwickelt haben, als Ursache. Warum es am Ende doch noch zum Klassenerhalt reicht, erfahren Sie im folgenden Interview.

Herr Rosen, die TSG startet mit nur 13 Punkten als Tabellenletzter in die zweite Saisonhälfte. Wie ist der drohende Abstieg zu vermieden?
Alexander Rosen:
Das Team arbeitet in der Vorbereitung auf die Rückrunde sehr fokussiert und enorm intensiv. Trainer Huub Stevens geht mit seiner Erfahrung, seiner Einstellung und akribischen Arbeit vorbildhaft voran, und die Spieler ziehen mit. Gleichzeitig ist die Tabelle eng, wir haben es selbst in der Hand. Damit verbinde ich aber auch die Warnung: Zu denken, alles halb so wild, wäre absolut naiv.

Zu Saisonbeginn kam es im Spielerkader zum großen Umbruch. War es, im Nachhinein betrachtet, nicht ein Fehler, erfahrene, routinierte Profis mit weniger bundesligaerfahrenen auszutauschen?
Rosen:
Die Mannschaft wurde bewusst und gezielt verändert – aufgrund wirtschaftlicher, sportlicher, altersbedingter oder vertraglicher Aspekte. Wir hatten von Anfang an Schwierigkeiten in einen Lauf zu kommen, immer wieder mussten wir Rück- und Nackenschlägen hinnehmen, dann entsteht eine Spirale, die es in dieser kurzen Zeit sehr schwierig machte, eine neue und gefestigte Mannschaftsstruktur aufzubauen.

Verstärkungen sind in der Winterpause schwer zu bekommen. Sind nach dem kroatischen Stürmer Andrej Kramaric von Leicester-City weitere Zugänge geplant?
Rosen:
Wir halten die Augen weiterhin permanent offen, aber wir haben trotz der Firmino-Einnahmen den klaren Auftrag das Budget im Auge zu behalten. Ich schließe nicht aus, dass sich noch was tut auf dem Transfermarkt. Aber dann müssen wir auch ganz sicher sein, dass uns dieser Schritt wirklich weiterbring. Quantitativ müssen wir den Kader nicht zwingend erweitern. Es geht nur um gezielte Verstärkungen auf bestimmten Positionen, wie es bei Andrej Kramaric der Fall war.

Der Trainerwechsel hat die angespannte Situation bislang noch nicht verbessert. Die Bilanz unter Huub Stevens ist ebenso dürftig, wie die seines Vorgängers Markus Gisdol.
Rosen:
Die defensive Grundordnung passt. Wir lassen weniger Chancen und Tore zu. Huub Stevens setzt immer wieder neue Reize. Er hat eine klare Ansprache und packt jeden einzelnen Spieler. Er ist hart, direkt und ehrlich. Und ich betone es gerne nochmal: Diese Vorbereitung ist wirklich intensiv, konzentriert und fokussiert. Sie soll die Basis sein, um in der Rückrunde die entscheidenden Schritte nach vorne zu machen.

Die Mannschaft konnte das zweifellos vorhandene Potenzial bislang nicht abrufen. Wo sehen Sie die Ursachen hierfür?
Rosen:
Es ist eine Mischung aus mehreren Aspekten, die uns in diese Lage gebracht hat. Viele Akteure haben ihre schon nachgewiesene Klasse nicht abrufen können, obwohl sie schon über genügend Erfahrung verfügen, auch international. Zu lange haben einige vielleicht auch gedacht, das wird schon wieder, wir sind zu gut für den Tabellenkeller. Eigentlich stimmt das auch, aber dann muss man auch entsprechend auftreten, sonst bekommt das alles eine negative Eigendynamik. Aber es bringt nun nichts, den Blick nach hinten zu richten, wir müssen die Situation bedingungslos annehmen, eng zusammenstehen und gemeinsam aktiv an Lösungen arbeiten. Und das jeden Tag. 

Der qualitativ sportliche Verlust von Roberto Firmino sollte auf mehreren Schultern in der Mannschaft verteilt werden, was bislang nicht zu erkennen ist. Dem Team fehlt ein Lenker und Taktgeber, ein Spielgestalter.
Rosen:
Einen Ausnahmespieler wie Roberto gleichwertig zu ersetzen ist sehr schwer. Und glauben Sie mir, wir analysieren natürlich auch die Gründe, warum wir aktuell da unten stehen. Natürlich gibt es die Dynamik einer schlechten Phase und vieler Misserfolge. Auch den Faktor, in 17 Ligaspielen gleich sechs Mal in den letzten Minuten Punkte verspielt zu haben. Ein Wahnsinn eigentlich. Oder den zum Start sehr anspruchsvollen Spielplan. Aber vor allem haben wie bereits erwähnt viele Spieler ihr bereits nachgewiesenes Niveau nicht konstant abgerufen und ihre vorhandene Qualität viel zu selten auf den Platz gebracht.

Zusammen mit Trainer Gisdol haben Sie schon mal vor drei Jahren den Abstieg verhindern können. Für Sie ein gutes Omen?
Rosen:
Wichtig ist, dass jeder verstanden hat, worum es geht. Das sieht man im Training und am Umgang der Spieler miteinander. Wir arbeiten hart für den Erfolg. Und dabei herrscht intern eine konzentrierte Ruhe und ein positiver Zusammenhalt, was in so einer schwierigen Situation die Grundvoraussetzung ist.

Auch wenn noch 17 Spiele zu absolvieren sind und alles möglich ist, dennoch die Frage: Wie würde sich ein Erstliga-Abstieg auf den Verein auswirken?
Rosen:
Das wäre sicher eine Situation, die neu bewertet werden müsste. Aber keine mit der wir uns heute in Negativdenkmustern auseinandersetzen sollten.

Foto: Kraichgaufoto

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