Rätselraten über die zwei Gesichter der TSG Hoffenheim

Zweifacher Torschütze Kramaric verhindert Heimniederlage gegen Stuttgart

Die TSG Hoffenheim wartet weiterhin auf den erhofften Befreiungsschlag sowie den ersten Bundesligasieg seit dem 14. Oktober letzten Jahres, als man bei Schlusslicht Schalke 04 mit 3:0 triumphierte. Nach der 1:3-Jahresauftaktniederlage bei Union Berlin vor drei Tagen zeigten die Kraichgauer auch beim 2:2-Unentschieden im Heimspiel gegen den baden-württembergischen Nachbarn VfB Stuttgart zwei völlig verschiedene Halbzeiten. Während die Blau-Weißen in der ersten Hälfte die Partie klar dominierten und durch Andrej Kramaric 1:0 in Führung gingen (11.), hatten die Bad Cannstatter gegen einen souverän aufspielenden Gegner bis wenige Minuten vor der Pause keine einzige erwähnenswerte Torchance zu verzeichnen. Durch selbstverschuldete Unachtsamkeiten ermöglichten die Gastgeber jedoch den Rot-Weißen kurz vor dem Pausenpfiff von Schiedsrichter Florian Badstüber durch Serhou Guirassy den überraschenden und glücklichen 1:1-Ausgleich (45.+5). Die Partie war, trotz einseitigem Verlauf, jetzt wieder völlig offen.

TSG-Keeper Oliver Baumann entschärft eine Stuttgarter Flanke vor seinem Tor

TSG gibt Spielkontrolle aus der Hand

In der zweiten Hälfte wurden die Gäste mutiger und stärker, während Hoffe - wie schon in Berlin - völlig den Faden verlor und das Spiel komplett aus der Hand gab. Der VfB belohnte sich mit der 2:1-Führung durch Wataru Endo in der 77. Minute und stand kurz vor seinem ersten Auswärtssieg seit Dezember 2021. Alles schien in diese (Erfolgs-)Richtung zu laufen, nachdem auch Munas Dabbur in der Schlussphase frei vor dem Tor den möglichen Ausgleich vergab, indem er am reaktionsschnellen VfB-Keeper Florian Müller scheiterte (83.). Doch wie schon im Vorjahr an gleicher Stelle, als die Hoffenheimer in den letzten fünf Minuten einen 0:1-Rückstand in einen 2:1-Heimsieg durch zwei Baumgartner-Treffer drehten, schafften sie es erneut in der vierten Minute der Nachspielzeit durch einen sehenswerten Treffer von Kramaric zum 2:2-Endstand, die drohende Heimniederlage abzuwenden. Mit den Saisontreffern Nummer vier und fünf ist der Kroate jetzt bester TSG-Saison-Torschütze.

Mit dem Erreichten zur Saisonhälfte nicht zufrieden

Aufgrund eines überflüssigen Platzverweises des Stuttgarters Naouirou Ahamada mit Gelb-Rot, nachdem er bereits verwarnt beim Torjubel sich zum Fanblock begab (78.), und dem nie aufgebenden Willen der Gastgeber die Niederlage noch abzuwenden, entsprach letztendlich das glückliche Unentschieden einem leistungsgerechten Endergebnis. In vier Tagen empfangen die Hoffenheimer an gleicher Stelle zum Rückrundenauftakt Borussia Mönchengladbach (Beginn: 15.30 Uhr). Nach der langen Ergebniskrise bietet sich der TSG eine weitere Chance, sich mit einem Dreier etwas mehr Luft nach unten zu verschaffen. Der längst herbeigesehnte Sieg wäre zudem gut fürs Selbstvertrauen, schließlich kann man mit 19 Punkten aus 17 Spielen zur Saisonhälfte alles andere als zufrieden sein.

Andrej Kramaric in Feierlaune nach seinem Traumtor in der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand

Es fehlt an Selbstverständlichkeit

Die Hoffenheimer wussten nach dem Abpfiff nicht so recht, ob sie sich durch den Last-Minute-Ausgleich als moralische Sieger sehen sollten, denn die Leistungsschwankungen in den zuvor absolvierten 94 Minuten waren auch für sie schwer vermittelbar. Das Resümee von TSG-Kapitän Oliver Baumann zur späten Stunde in der Mixed-Zone: „In der ersten Hälfte waren wir gut, trotzdem dürfen wir das erste Gegentor so nicht kassieren. Dann verlierst du in der zweiten Hälfte viele Spielanteile, hast kaum noch Zugriff auf die zweiten Bälle. Wir haben dann fast nur noch verteidigt.“ Baumann sieht deutliches Steigerungspotenzial: „Wir müssen es schaffen, über 90 Minuten konstant zu spielen. Du brauchst Akzente nach vorn, um den Gegner hinten reinzudrücken. Wir haben dennoch unser Herz in die Hand genommen und nochmal alles für den Ausgleich getan.“ Zur aktuellen Situation sagte er: „Die Selbstverständlichkeit ist gerade aber nicht da. Wir brauchen Mut und Schärfe, damit wir diese Konter nicht fangen.“ Auf die Frage, ob man sich im Abstiegskampf befinde, musste er lange überlegen, um dann festzustellen: „Es ist hauchdünn, wir müssen alles daran setzen, damit wir nicht komplett reinrutschen. Wir sind unten drin."

"Stehen als Mannschaft in der Pflicht"

Teamkollege und Ex-Nationalspieler Sebastian Rudy war zwar mit dem Ergebnis nicht zufrieden, konnte aber auch etwas Gutes davon abgewinnen: „Wenn man am Schluss noch den Ausgleich erzielt, kann man dem Spiel noch etwas abgewinnen. Es war wichtig, dass wir das Unentschieden noch gerettet haben. Gegen Mönchengladbach am Samstag müssen wir eine weitere Schippe drauflegen und die drei Punkte holen. Da stehen wir als Mannschaft in der Pflicht.“

"Wir müssen sehr wachsam sein"

TSG-Trainer André Breitenreiter rätselte ebenso über die Leistungsschwankungen in beiden Halbzeiten: „Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen, man hat deutlich gespürt, dass die Mannschaft die Partie für sich entscheiden wollte. Der Ausgleich kurz vor der Pause fällt dann aus dem Nichts, daraus entsteht eine Verunsicherung und uns fehlte die Leichtigkeit. Durch die Verletzungen von Robert Skov und Kevin Vogt haben wir auf eine Viererkette umstellen müssen, das haben wir lang nicht gespielt, das hat man gerade in den ersten Minuten gemerkt. Da waren noch große Chancen dabei, um das Spiel zu gewinnen. Das Team hat große Moral gezeigt.“ Dennoch sieht der 49-jährige Cheftrainer noch viel Luft nach oben: „Wir haben in der Hinrunde zu wenige Punkte geholt für die gezeigten Leistungen. Heute und auch am Samstag bei Union Berlin waren mehr Punkte möglich. Wir sind aber nicht blind und müssen sehr wachsam sein. Die Jungs haben heute Taten folgen lassen, auch wenn wir bei beiden Gegentoren wieder den Ball verschenkt haben. Das Team hat aber alles versucht und sich letztendlich belohnt. Das gibt mir Mut für die nächsten Aufgaben.“

Statistik:

TSG Hoffenheim: Baumann – Kaderabek, Vogt (46. Dabbur), Nsoki – Skov (28. Akpoguma), Rudy (82. Bischof), Stiller (76. Damar), Angelino – Baumgartner – Bebou (82. Dolberg), Kramaric
VfB Stuttgart: Müller – Anton, Mavropanos, Ito, Nartey – Karazor – Endo, Ahmada – Silas (58. Perea), Tiago Tomas (34. Führich) – Guirassy (85. Vagnoman)
Tore: 1:0 Kramaric (11.), 1:1 Guirassy (45. +5), 1:2 Endo (77.), 2:2 Kramaric (90. +4)
Gelb-Rote-Karte: Ahmada (78.)
Schiedsrichter: Badstüber (Nürnberg)
Zuschauer: 23.159

Fotos: Kraichgaufoto

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