Rekordelfmeter und reichlich Torchancen brachten wenig zählbares

Hoffenheims Trainer Markus Gisdol hatte nach Spielende die passende, treffende Analyse zum torlosen Remis zwischen seiner TSG und Eintracht Frankfurt am drittletzten Bundesligaspieltag in der mit 30.150 Zuschauern ausverkauften Sinsheimer WIRSOL Rhein-Neckar-Arena: „Sensationell ist eigentlich, dass 0:0 an sich. Man kann dies schon etwas mit schmunzeln betrachten.“
Es war schon etwas außergewöhnliches, dass Liga-Spiele der Kraichgauer, mit bislang durchschnittlich 4,3 Treffern, torlos ausgehen. Wohl gemerkt, die Partie war, besonders in der zweiten Hälfte, kein Langeweiler. Es gab reichlich Situationen, die beide Fanlager das ein oder andere Mal zum Jubeln veranlasst hätte. Doch es sollte nicht sein. Am Ende konnten beide Seiten mit der Punkteteilung gut leben und entspannt auf die letzten beiden Spieltage blicken.
Die Gäste aus Hessen wirkten in der ersten Hälfte schwungvoller mit leichten Übergewicht und den klareren Torchancen. 1899-Keeper Jens Grahl hielt seine Mannschaft mit einigen glänzenden Paraden im Spiel. In der zweiten Hälfte dominierten die Gastgeber. Nachdem Gisdol einige taktischen Umstellungen vornahm, lief es besser, der Gegner wurde permanent in die Defensive gedrängt und eine Reihe guter Tormöglichkeiten erspielt. Bei der Eintracht ging kam noch etwas zählbares nach vorn, ihre Angriffe wurden früh unterbunden oder versandeten im Mittelfeld. Erneut sehr engagiert und voller Tatendrang Kevin Volland, der vor den Augen von Nationalmannschaft Co-Trainer Hansi Flick sich erneut für eine WM-Nominierung empfahl.
Nachdem 1899-Stürmer Anthony Modeste mehrfach unglücklich, teilweise kläglich, beste Chancen liegen ließ, kam in der 83. Minute nach einem Duell mit Torhüter Kevin Trapp zu Fall. Der ausgesprochene Strafstoss war nicht nur eine Schlüsselszene sondern stellte einen Rekord auf. Noch nie in der Bundesligageschichte gab es in einer Saison mehr als 14 Strafstösse für ein Team zugesprochen. Roberto Firmino vergab jedoch diese große Siegchance, in dem er mit einem viel zu schwach geschossenen Schuss an Keeper Kevin Trapp scheiterte, der jetzt vier von sieben Elfmeter hielt.
Die Schlussphase nun besonders hektisch. Nachdem zuvor einige Male der Frankfurter Carlos Zambrano und Modeste aneinander gerieten, ließ sich der Hoffenheimer bei einem Zweikampf zum Nachtreten hinreisen und wurde von Schiri Florian Meyer vier Minuten vor dem Ende mit Rot vom Platz gestellt. Richtigerweise hätte ihn der Peruaner dabei begleiten müssen, denn er trat in dieser Szene am Boden ebenfalls nach. Die letzten Minuten erinnerten an den WM-Klassiker aus dem Jahr 1982 im spanischen Gijón, als die deutsche und die österreichische Nationalmannschaft mit einem Nichtangriffspakt sich den Ball in den eigenen Reihen zuspielten, ohne dass der Gegner nur ansatzweise versucht dies zu unterbinden. Schiri Meyer hatte ein Einsehen und verzichtete auf eine Nachspielzeit und pfiff die Partie, die längst von einem gellenden Pfeifkonzert begleitet wurde, exakt nach 90 Minuten ab.
Der Zug in Richtung Europa-League ist für die Nordbadener nun endgültig abgefahren. Wenn auch noch nicht rein rechnerisch, dürften die Frankfurt die Spielklasse erhalten haben.
Eintracht Coach Armin Veh: „In der ersten Hälfte hätten wir aufgrund zwei hundertprozentiger Chancen führen müssen. Hoffenheim hat in der zweiten Halbzeit mehr Druck erzeugt und uns mit seiner starken Offensive mächtig zugesetzt. Der Punkt geht in Ordnung.“
Kollege Gisdol trauerte den vielen Chancen nach: „Schade, dass wir durch die vielen Tormöglichkeiten und dem vergebenen Strafstoss nicht zum Sieg kamen. Der zweite verschossene Elfmeter in Folge kostete uns vier Punkte.“
Klare Worte von 1899-Profi Kai Herdling in der Mixzone: „In der 1. Halbzeit kamen wir nicht ins Spiel, waren nicht griffig und giftig genug. Mit den vielen Chancen hätten wir später gewinnen müssen. Wir haben den Fehler gemacht, den Schalter zu spät umzulegen.“
Ein etwas enttäuschter Kevin Volland: „Es war ärgerlich, dass wir unsere Möglichkeiten nicht besser genutzt haben. Frankfurt hatte in der zweiten Hälfte nicht eine Torchance gehabt.“ Auf BAZ-Nachfrage, ob der Allgäuer den nächsten Elfmeter schießen möchte, da zuletzt Salihovic und Firmino innerhalb von sechs Tagen zwei Mal scheiterten: „Oh, lieber nicht, denn ich bin kein guter Strafstossschütze.“
Andreas Beck, der nach einem Zweikampf mit einer aufgeplatzten, dick geschwollen, blutigen Lippe spielte: „Es war ein typisches Frankfurt-Spiel, sehr umkämpft, zerfahren und emotional. Nach der Systemumstellung zur Halbzeit dominierten wir das Geschehen.“ Der Blick des Kapitäns, der wenige Tage zuvor seinen Vertrag um drei Jahre verlängert hatte, richtete sich bereits auf die nächste reizvolle Aufgabe am Samstag bei Borussia Dortmund: „Wir freuen uns auf das Duell mit der deutschen Nummer zwei. Wir haben in Dortmund nie schlecht ausgesehen. Die Spannung fällt in der Saisonschlussphase etwas ab und ich bin froh, dass wir mit dem Abstiegskampf nichts mehr zu tun haben, auch wenn wir gerne noch etwas weiter nach oben gekommen wären. Ein Sieg aus den letzten beiden Spielen gegen Dortmund und Braunschweig wollen wir auf alle Fälle noch holen.“

Fotos: Kraichgaufoto
 

Eine der vielen vergebenen Chancen von Anthony Modeste, Jens Grahl rettet in höchster Not, Kai Herdling (re.) im Zweikampf mit Martin Lanig, Duell zwischen Roberto Firmino (re.) und Joselu, Jens Grahl hält sicher, Niklas Süle (li.) beim Kopfballduell, Packender Zweikampf zwischen Modeste und Zambrano, Kraftvoll setzt sich Kevin Volland gegen zwei Frankfurter durch, Stimmungsvolle Hoffenheimer Südkurve, und Die Trainer Gisdol (li.) und Veh (re.) waren mit der Punkteteilung zufrieden

Artikel teilen

WERBUNG