„Wichtig ist, was wir auf dem Platz leisten, alles andere ist unnötig“

TSG-Torhüter Oliver Baumann blickt mit gemischten Gefühlen zurück aufs Baden-Derby
Hoffenheims Trainer Markus Gisdol möchte sein erstes Saisonfazit nach dem zehnten, Manager Alexander Rosen bereits nach dem sechsten Spieltag ziehen. Unabhängig davon, was die beiden Fußballentwickler für Schlüsse ziehen, die Kraichgauer haben nach fünf Spieltagen einen positiven Start im siebten Erstligajahr absolviert. Mit zwei Siegen und drei Unentschieden rangieren sie ungeschlagen auf dem vierten Tabellenplatz.
Wie wichtig es war, den Spielerkader breiter und qualitativ ausgeglichener aufzustellen, zeigt sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Saison. Einige der Etablierten konnten verletzungsbedingt problemlos ersetzt werden. Der Konkurrenzkampf auf allen Positionen ist zudem leistungsfördernd, in einer intakten und gut harmonierenden Truppe. Die sieben Neuzugänge haben sich schnell zurecht gefunden und wurden problemlos integriert.
Einer von ihnen ist Torhüter Oliver Baumann, der in den ersten Partien seine Klasse eindrucksvoll unter Beweis stellte. Das Derby gegen seine ehemaligen Freiburger war für ihn ein außergewöhnliches Match mit Happyend: „Das 3:3 Unentschieden war für uns gefühlsmäßig positiver, als für die Freiburger, weil wir in letzter Minute den Ausgleich erzielten. Ärgerlich nur, dass wir dem Gegner drei Mal die Vorlage zu seinen Toren gaben.“
Bei seine beiden Ausflüge in Manuel Neuer Manier bis Mitte der eigenen Spielhälfte, wo er in höchster Not per Befreiungsschlag klärte, stockte bei vielen kurz der Atem. Baumann: „Zum Glück war der Rasen nass und ich kam rechtzeitig vor dem Gegenspieler an den Ball. Ein Risiko ist da immer dabei.“
Bitter für den ehemaligen U21-Nationaltorhüter, dass er ausgerechnet gegen die Ex-Kollegen drei Treffer kassierte, nachdem er in den vier Spielen zuvor nur zwei Mal hinter sich greifen musste. Doch es waren nicht die Gegentore, die ihn nachdenklich stimmten, sondern vielmehr die Reaktionen der SC-Fans, die 14 Jahre lang hinter ihm standen und ihm seinen Wechsel nach Hoffenheim übel nehmen: „Die Stimmung war sehr emotional. Da wirst du in einem Spiel, das ständig hin und her geht, man pausenlos unter Druck steht, permanent ausgepfiffen. Am Ende war es für mich eine große Erleichterung, dass wir noch das 3:3 erzielten.“
Dass es im Profigeschäft oft keine Dankbarkeit gibt, davon konnte sich der 24-Jährige selbst überzeugen: „Viele sehen nicht, was ich für den Verein geleistet habe, mit wieviel Herzblut ich dabei war. Ich hatte in meiner Freiburger-Zeit die Fans voll hinter mir, sie haben mich immer unterstützt. Jetzt, wo ich mir eine neue Herausforderung gesucht habe und mich persönlich weiterentwickeln kann, bin ich der Buhmann, nur weil man beim SC meinen neuen Verein nicht toll findet. Ich fühle mich hier in Hoffenheim sehr wohl, habe mich prima eingelebt und das wollen einige nicht gut heißen.“
Seinen schnellsten und längsten Spurt legte er beim Last-Minute-Ausgleich zurück, als er in Rekordzeit jubelnd quer über den Platz sprintete und sich überglücklich auf die Spielertraube, die den Torschützen Jannik Vestergaard unter sich begrub, warf. „Warum sollte ich meine Freude über den Ausgleich nicht freien Lauf lassen, die Freiburger freuten sich auch, dass sie mir drei Tore reinhauten“, gab der gebürtige Breisacher zu verstehen.
Sorgen, dass sein ehemaliger Club, aufgrund der Abgänge seiner Leistungsträger Baumann und Matthias Ginter nach Dortmund, in bedrohliche Abstiegsnot geraten könne, sieht er nicht: „In Freiburg wird gute Arbeit geleistet. Sie arbeiten hart und haben jede Menge gute Ideen. Dies konnte man auch gegen uns erkennen, deshalb mache ich mir diesbezüglich keine Sorgen.“
Nach seinem ersten Spektakelerlebnis mit der TSG machte er unmissverständlich deutlich, dass er künftig gerne auf derartiges verzichte und eher ein kontrolliertes Spiel, wie es zuvor beim 2:0 Sieg in Stuttgart der Fall war, bevorzuge: „Für den Zuschauer sind solche torreiche Partien vielleicht toll, aber für uns Spieler heißt dies, dass wir Fehler gemacht und nicht so kontrolliert gespielt haben. Die Fehler werden am Tag nach dem Spiel analysiert und mit Hilfe von Videomaterial vom Trainer klar angesprochen, damit sie sich nicht wiederholen.“
Einen Blick auf die Tabelle verkneift er sich: „Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Wenn man zu sehr auf die Positionierung achtet, schadet man sich nur selbst. Wichtig ist, was wir leisten und auf den Platz bringen. Nur das zählt, alles andere ist unnötig.“
Für Baumann gibt es spielerisch im weiteren Saisonverlauf noch einiges zu verbessern: „Wir müssen hinten konzentrierter arbeiten und vorne unsere Konter sauberer zu Ende fahren. Wir lassen noch zu viele große Torchancen ungenutzt und fahrlässig liegen.“
Sollten diese Mängel abgestellt werden und „Hoffe“ weiter in der Erfolgsspur bleiben, dürfte sich ein Blick auf die Tabelle doch mal lohnen.

Fotos: BWA

HP-Oliver Baumann-3 und HP-Oliver Baumann-1

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