Die einen wollen nach oben, die anderen nicht nach unten

SV Sandhausen gastiert beim 1. FC Köln

In der Rolle des Außenseiters tritt der SV Sandhausen in der Partie des 23. Zweitliga-Spieltages am Samstag um 13 Uhr beim Tabellendritten 1. FC Köln an. Da mit Ingolstadt und Magdeburg zwei der Konkurrenten im Tabellenkeller zuletzt ihre Spiele gewannen, ist der SVS bei zwei Punkten Rückstand zum Relegationsplatz und vier Punkten zum ersten Nichtabstiegsplatz auf Platz 17 gerutscht. Nach dem Punkt aus dem Heimspiel gegen Darmstadt 98 schickte SVS-Präsident Jürgen Machmeier eine Kampfansage an die Konkurrenz und brachte die Stimmung auf den Punkt: „Wir werden den Ärger, den Zorn und die Wut am nächsten Samstag in Köln auf den Platz bringen. Wir sind stark genug, um für eine Überraschung zu sorgen“. Zorn machte sich wegen des ungerechtfertigten Darmstädter Strafstoßes, der zum 1:1-Ausgleich führte, breit.

Paqarada klärt entschlossen vor seinem Kölner Gegenspieler

An die eigene Nase fassen

Es war jedoch nicht alles auf die Ungerechtigkeiten im Fußball zu schieben – zwar verschlief der SVS diesmal die Anfangsphase nicht, wie Geschäftsführer Sport Otmar Schork betonte, doch in der 2. Halbzeit waren die Kurpfälzer oftmals nicht zwingend genug.  Auch Trainer Uwe Koschinat sparte nicht mit Selbstkritik: „Wir sind verdientermaßen mit 1:0 in Führung gegangen. Was wir uns danach aber ankreiden müssen ist, dass uns die Präzision im letzten Pass gefehlt hat, um die Partie möglicherweise bereits vorzuentscheiden. Den zweiten Vorwurf, den wir uns machen müssen ist, dass wir uns mit der Situation, die zum 1:1-Ausgleich geführt hat viel zu lange beschäftigt haben“.

Zum wiederholten Mal reicht eine Führung nicht zum Sieg

Die gesetzten Stürmer Fabian Schleusener und Andrew Wooten sind mit 16 Treffern bereits genauso erfolgreich,  wie alle SVS-Stürmer der letzten Saison, doch viel entscheidender ist, dass der SVS bereits siebenmal eine Führung nicht in einen Sieg ummünzen konnte – wenn auch diesmal mit Pech. Optimistisch stimmten die erneuten Vorstöße als Vorbereiter von Dennis Diekmeier – ebenso, dass Darmstadt fast nur über Standards Gefahr kreieren konnte und die Defensive durch die verbesserte Personallage weiter an Stabilität gewinnt. Bevor im März weitere „Endspiele“ im Tabellenkeller gegen Erzgebirge Aue und beim 1. FC Magdeburg anstehen, gilt es, im Spiel beim 1. FC Köln, neben dem Hamburger SV einer der beiden Ligakrösusse und großen Aufstiegsfavoriten, zur bestmöglichen Kompaktheit zu finden. Der ruhmreiche Klub aus einer der vier deutschen Millionenstädte den Einwohnern nach, und der erste deutsche Meister der 1963 gegründeten Bundesliga. Der zweite Meistertitel folgte in der Saison 1977/78.

Linsmayer schirmt den Ball geschickt ab vor FC-Torjäger Terodde

Köln stellt die Torfabrik der Liga

Schließlich haben die Kölner, die gemeinsam mit Paderborn und ebenso 53 erzielten Toren die Torfabrik der Liga sind, in jedem Heimspiel getroffen, wobei es aber bereits drei Heimniederlagen gab. Als Angstgegner erwies sich dabei jener SC Paderborn, welche die Domstädter am Samstag bereits das zweitemal in der laufenden Saison besiegten. Bereits beim 5:3-Hinspielerfolg in Köln wie auch beim nicht minder dramatischen 3:2 am letzten Spieltag, als die Ostwestfalen einen 0:2-Rückstand aufholten, zeigten sie, wie man den „Geißböcken“ am besten beikommt – indem man gegen die nicht immer sattelfeste Defensive, was auch der offensiven Ausrichtung unter Trainer Markus Anfang geschuldet ist, mutig vorgeht, ohne aber ins offene Messer zu laufen.

Geißböcke verfügen über enorm viel Qualität

Gegen Sandhausen wird Köln auf den gelbgesperrten Innenverteidiger Rafael Czichos - einer von zwei Schlüsselspielern neben Spielmacher Dominick Drexler (elf Torvorlagen), die Anfang vor der Saison von Holstein Kiel mitbrachte – verzichten müssen. Florian Kainz sah gegen Paderborn zudem die gelb-rote Karte und ist ebenfalls gesperrt. Doch bei der Qualität im Kader, die bereits der eines Erstligisten entspricht, kann der FC das auffangen, und vermutlich wird Lasse Sobiech, letzte Saison noch Abwehrchef beim FC St. Pauli, für Czichos in die Bresche springen. In der Winterpause kamen als Neuzugänge zudem Standardspezialist Johannes Geis vom FC Schalke 04 sowie der österreichische Nationalspieler Florian Kainz von Werder Bremen in die Domstadt. Beim letzten Heimspiel, das die Kölner vor 50.000 Zuschauern 4:1 gegen St. Pauli gewannen, zeigte sich Geis gleich als Denker und Lenker im defensiven Mittelfeld und äußerte sich angesichts der Atmosphäre: „Ich hatte Gänsehaut.“ Zum Spiel meinte er: „Nach Ballverlusten haben wir direkt nachgeschoben und kompakt gestanden“.

Mit Modeste jetzt noch stärker?

Die beiden Stürmer in Anfangs System 90 Minuten in Schach zu halten, wird wohl die anspruchsvollste Aufgabe für Tim Knipping und Co. Zum 17 Millionen-Einkauf Jhon Cordoba (11 Saisontore) und Simon Terodde (23 Saisontore) gesellt sich seit letztem Spieltag Anthony Modeste hinzu, der nach monatelangem Streit mit dem chinesischen Klub Tianjin Tianhai die Spielberechtigung für den 1. FC Köln bekam. 2017 war Modeste für über 30 Mio. Euro nach China gewechselt, doch nach dem einjährigen Intermezzo kehrt er zu den Domstädtern zurück, für die er bereits 40 Erstligatore erzielte.

Der Druck des unbedingten Aufsteigens zu müssen

Der Druck, aufsteigen zu müssen, scheint die Kölner bei drei Niederlagen in den letzten vier Spielen zu lähmen. Nach der jüngsten Niederlage in Paderborn berief Sportchef Armin Veh die Mannschaft und Anfang sogar zu einer Krisensitzung und sagte anschließend vor der Presse: „Unser Ziel ist gefährdet. Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn man so ein Spiel verliert. Wir haben die notwendige Souveränität vermissen lassen und dürfen uns am Ende nicht hinten rein stellen“. Nach dem Abrutschen auf Relegationsplatz 3 ist mit aggressiven Geißböcken zu rechnen, doch der SV Sandhausen kann beim FC nur überraschen.

Fotos: BWA

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