Kompaktheit und Effektivität waren die Schlüssel zum Erfolg

Sandhausen blickt zurück auf eine außergewöhnliche Saison, die es in sich hatte

Eine weitere turbulente Saison hat ein weiteres Happy End für den SV Sandhausen genommen. Die Endplatzierung 14 spiegelt nicht ganz die hervorragende Rückrunde wieder, in der die Kurpfälzer mit 27 Punkten ihren besten Wert seit der zehnjährigen Zweitligazugehörigkeit erspielten und verdientermaßen in die elfte Spielzeit in Folge in der 2. Liga gehen, die am 15. Juli beginnt. Nach einem enttäuschenden 17. Platz mit nur 14 Punkten in der Hinrunde lief es in der zweiten Saisonhälfte für die Kurpfälzer deutlich besser und mit 27 Zählern belegte man am Ende einen hervorragenden 5. Rückrundentabellenplatz.

Fehlstart nach großem personellen Umbruch

Nachdem der SVS in der verkorksten Vorsaison nur um Haaresbreite den Relegationsspielen gegen den Drittplatzierten der 3. Liga entgangen war, folgte für die Zweitligasaison 2021/22 ein gewaltiger personeller Kaderumbruch von 16 Neuzugängen bei 18 Abgängen, für den sich das Trainerduo Stefan Kulovits und Gerhard Kleppinger sowie der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca hauptverantwortlich zeichneten. Der Überzeugung, sich deutlich verstärkt zu haben, folgte die Ernüchterung mit einem Fehlstart in die Saison. Bei der 0:2-Heimniederlage zum Auftakt gegen Fortuna Düsseldorf und dem 0:3 bei Jahn Regensburg zeigte sich die neuformierte Dreier-Abwehrkette um die Neuzugänge Oumar Diakhite und Immanuel Höhn sowie Aleksandr Zhirov als sehr anfällig, zudem verletzte sich der von Erzgebirge Aue verpflichtete Hoffnungsträger im Sturm Pascal Testroet im ersten Spiel an der Achillessehne und fiel sechs weitere Spiele aus.

Trainerentlassung nach schlechter Entwicklung

Nach einem torlosen Remis gegen den Karlsruher SC schien es mit dem ersten Saisonerfolg und dem 3:1 beim späteren Absteiger Erzgebirge Aue aufwärts zu gehen, doch nach drei weiteren Niederlagen wurde bereits nach sieben Spieltagen die Reißleine gezogen und dem Trainerduo Kulovits/Kleppinger das Vertrauen entzogen. SVS-Präsident Jürgen Machmeier zu der unbefriedigenden Situation: „Wir haben in den vergangenen Wochen betont, dass wir erst am 10. Spieltag ein Zwischenfazit ziehen wollen, jedoch immer unter der Grundvoraussetzung, bis dahin von Spieltag zu Spieltag eine positive Weiterentwicklung der Mannschaft zu erkennen. Leider war insbesondere in den zurückliegenden drei Partien keine positive Entwicklung zu sehen“.

Trainer Schwartz (li.) und der Sportliche Leiter Kabaca formten eine schlagfertige Truppe, die in der Rückrunde voll einschlug

Trendwende unter Trainer Schwartz

Nur einen Tag später wurde am 22. September 2021 mit Alois Schwartz ein am Hardtwald altbekanntes Gesicht und erfahrener neuer Trainer präsentiert, der die Kehrtwende schaffen sollte. Der Coach hatte den SVS bereits von 2013 bis 2016 trainiert. Machmeier: „Wir sind absolut überzeugt von ihm. Alois hat uns in den Gesprächen eingefangen und uns gezeigt, wie motiviert er ist und dass sein Weg beim SVS noch nicht zu Ende ist.“ Drei Tage später stand das schwere Spiel bei Hannover 96 an, in dem die Schwarz-Weißen beim Schwartz-Debüt mit einem 2:1-Sieg überraschten. Schwartz nahm auf Anhieb sechs Änderungen in der Startelf vor und setzte von Anfang an auf eine Vierer-Abwehrkette, von der er nicht mehr abrückte. „Für uns war es wichtig, kompakt zu stehen und Konstanz in unsere Leistung zu bekommen“, so der Coach nach dem Erfolg. Eine Kompaktheit, die schon in seiner ersten Amtszeit ein Schlüssel zum Erfolg war.

Es gab Höhen und Tiefen

Dass jedoch nicht alles Schlag auf Schlag geht, wurde in den kommenden Wochen deutlich, als die Sandhäuser eine Berg- und Talfahrt mit drei ungeschlagenen Partien in Folge und dem 2:2 am Hardtwald, wo man Werder Bremen am Rande der Niederlage hatte, verzeichnen konnte, aber auch Rückschläge erlebte. Den drei Niederlagen in Folge gegen die Topteams aus Nürnberg, St. Pauli und Schalke gingen allerdings zwei spielfreie Wochen voraus, nachdem man beim SVS 18 Corona-Fälle zu beklagen hatte. Mit einem 1:0-Sieg bei Fortuna Düsseldorf, mit dem der wichtige Sprung von Platz 17 auf 16 gelang, wurde sich schließlich in die kurze Winterpause verabschiedet. Testroet war wie schon in Dresden der Siegestorschütze und trug mit seiner Abgeklärtheit maßgeblich zu wichtigen Punktgewinnen bei.

Mit 10 Treffern zählt Neuzugang Testroet zu den Saisongewinnern am Hardtwald

Sieg gegen Aue war der Knotenlöser

Doch der Weg zum Klassenerhalt war noch ein weiter, und für Schwartz sowie Kabaca galt es, noch an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Am Saisonende konnte Schwartz bilanzieren: „Wir haben im Winter die richtigen Schlüsse gezogen. Jetzt haben wir eine schlagkräftige Mannschaft für die nächste Saison.“ Zwar starteten die Sandhäuser mit einem herben Rückschlag und der 0:3-Heimpleite gegen Jahn Regensburg ins neue Jahr, doch bereits im nächsten Spiel folgten die Startelfdebüts der in der Winterpause verpflichteten Dario Dumic und Tom Trybull. Abwehrhüne Dumic und Mittelfeld-Organisator Trybull trugen wesentlich zur Stabilisierung der Mannschaft bei, und das 2:0 gegen den direkten Konkurrenten Erzgebirge Aue war nicht nur ein Knotenlöser im Abstiegskampf, sondern zugleich der erste Heimsieg der Saison im zehnten Heimspiel.

SVS machte es den Topteams sehr schwer

Der SVS blieb bis zum Spiel gegen Hansa Rostock sieben Spiele in Folge ungeschlagen und kassierte dabei nur vier Gegentore. Für die Aufstiegsaspiranten Hamburger SV, Darmstadt 98, Werder Bremen und FC St. Pauli wurde das Schwartz-Team zum Stolperstein und spielte jeweils 1:1-Unentschieden. Der 4:2-Sieg beim 1. FC Nürnberg, der zugleich der sechste Auswärtserfolg für die unter Schwartz äußerst auswärtsstarken Kurpfälzer war, bedeutete die Vorentscheidung im Kampf um den Klassenerhalt. Der Erfolgscoach zum Erfolgsrezept: „Wir als kleiner Verein müssen immer an die Leistungsgrenze gehen und zusammenhalten.“ Zudem ist der SVS wesentlich effektiver bei der Chancenverwertung geworden, wozu Schwartz sagt: „Wir spielen nicht wie Bayern München, aber Effizienz ist auch eine Fähigkeit. Um aus wenig viel zu machen, braucht es in entscheidenden Situationen Konzentration.“ Nach dem Überraschungserfolg in Nürnberg folgte für Schwartz sein persönlicher Triumph mit der Vertragsverlängerung bis 2024 und einer weiteren langfristigen Zusammenarbeit nach seiner ersten Amtszeit.

Neuzugänge erwiesen sich als Volltreffer

Nach einer Anlaufzeit stellten sich mit Torhüter Patrick Drewes, Bashkim Ajdini, Dumic, Chima Okoroji, Christian Kinsombi, Trybull, Cebio Soukou und Testroet mindestens acht Neuzugänge als Volltreffer heraus, die auch allesamt Verträge über die Saison hinaus haben und für eine nächste erfolgreiche Ära stehen können. Den acht Abgängen Julius Biada, Tim Kister, Rick Wulle, Felix Wiedwald, Maurice Deville, Ahmed Kutucu, Nils Seufert und Alou Kuol werden weitere Verstärkungen entgegenstehen, die den Kader-Altersschnitt etwas senken dürften. Mit 27, 28 Jahren verfügt der SVS über das höchste Durchschnittsalter aller Zweitligavereine. Drewes ist zu den stärksten Torhütern der 2. Liga zu zählen und kann genauso wie Zhirov, Okoroji, Erik Zenga und Janik Bachmann 33 Einsätze in dieser Saison aufweisen. Es folgen Bashkim Ajdini mit 31 Spielen, Cebio Soukou und  Testroet mit 27 Einsätzen sowie Kapitän Dennis Diekmeier und Alexander Esswein, in in jeweils 25 Spielen zum Einsatz kamen.

Torjäger Testroet - Laufwunder Bachmann - Vorlagenkönig Okoroji

Erfolgreichster Torschütze mit 10 Treffern in 27 Einsätzen ist Testroet vor Bachmann mit sechs Saisontreffern und Soukou, der viermal erfolgreich war. Bachmann machte hierbei laut Schwartz einen großen Sprung nach vorne und wurde in einer offensiveren Rolle eingesetzt, in der er in den letzten zehn Spielen viermal traf. Zudem ist Bachmann bei einer Distanz von 324 Kilometern deutlich Sandhausens laufstärkster Akteur vor Zhirov mit 309 absolvierten Kilometern. Mit sechs Torvorlagen kann Okoroji die meisten aufweisen, dahinter folgen Zenga und Soukou mit fünf Assists.

Fotos: foto2press

Imposante Sandhäuser Gesamtleistung und Ein glücklicher SVS-Präsident Machmeier

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