In der Bundeshauptstadt war deutlich mehr drin, als nur ein Punkt

Hoffenheim spielt 3:3 bei Hertha BSC Berlin

Die TSG Hoffenheim kann weiterhin am 12. Spieltag nicht gewinnen. Seit dem Bundesligaaufstieg 2008 blieb den Kraichgauern bei fünf Unentschieden und sechs Niederlagen ein Erfolgserlebnis verwehrt. Dabei sah es im Auswärtsspiel bei Hertha BSC Berlin bis zur 88. Minute nach dem fünften Saisonsieg in Folge aus, der den Rekord aus der Rangnick-Ära eingestellt hätte. Am Ende fühlte sich nach einer über weite Phasen dominanten Spielweise das 3:3 Unentschieden vor 44.508 Zuschauern im Berliner Olympiastadion wie eine gefühlte Niederlage an. Es war ein außergewöhnliches und höchst unterhaltsames Bundesligaspiel, indem beide Mannschaften mit starkem Umschaltspiel und schnellen Kontern sich viele hochkarätigen Torchancen erspielten. Auf beiden Seiten sorgten fehlerlästige Abwehrreihen für reichliche Torraumszenen, was für beste Zuschauer-Unterhaltung sorgte. Im Spiel der offenen Konterräume führten zudem immer wieder gefährliche Standardsituationen für Chancen in beiden Strafräumen.

Bicackic (re.) brachte die TSG per Kopfball 3:1 in Führung

TSG führt nach neun Minuten bereits 2:0

Das Torfestival begann bereits nach nur 42 Sekunden, als Berlins Grujic sich im Strafraum einen kapitalen Fehlpass leistet, der Ball dann über die Hoffenheimer Stationen Kaderabek, Joelinton und Szalai schließlich bei Demirbay landete, der mit seinem ersten Treffer nach 13 Monaten zum 1:0 vollendete (1.). Die TSG setzte nach und strafte die unsortierte Hertha-Abwehr eiskalt. Ein Befreiungsschlag außerhalb des Strafraums von Torwart Baumann landet beim Kroaten Kramaric, der Gegenspieler Lustenberger abschüttelte und den Ball mit Vollspann unhaltbar ins Netz jagte (9.). Während es für den Vize-Weltmeister der fünfte Saisontreffer war, feierte Baumann seine zweite Tor-Vorlage in seiner Bundesliga-Karriere. Entsprechend groß der Jubel bei den 300 mitgereisten Hoffe-Fans.

Offensivspektakel mit hohem Unterhaltungswert

Es ging nun hin und her, beide Mannschaften erspielten sich gute Möglichkeiten. Eine davon nutzte der ehemalige TSG-Torjäger Ibisevic, der einen abgefälschten Ball aus kurzer Distanz zum 1:2 vollendete (12.). Da Hoffenheim trotz der Führung bei seiner offensiven Ausrichtung blieb, entwickelte sich ein sehenswertes Spiel mit zahlreichen Möglichkeiten auf beiden Seiten. Aufregung nach 20 Minuten, als Demirbay im Strafraum unsaft zu Fall gebracht wird, aber der Unparteiische Welz  auf weiterspielen entschied. Hoffenheim erhöhte den Druck und kam immer wieder über die starke linke Seite zu gefährlichen Vorstößen.

Hoffenheim versäumt die vorzeitige Entscheidung

Vor allem dank des offensivfreudigen gebürtigen Berliners Schulz auf der linken Außenbahn, kamen Joelinton (25.) und Karderabek (29.) zu klaren Chancen im Angriffszentrum. Die TSG hätte in dieser Phase die Partie vorzeitig entscheiden können, versäumte es aber die Vielzahl an Möglichkeiten nicht entschlossen zu verwerten. So vergab Kramaric frei vor dem Tor, als er den Ball unkontrolliert weit drüber lupfte (33.). Im Gegenzug vergab Leckie, indem er knapp neben das Tor schoss (34.).

Vogt als Antreiber

Bicakcic stellt den Zwei-Tore-Vorsprung wieder her

Nach dem Seitenwechsel verlor die Begegnung etwas an Schwung. Während die Gastgeber nun deutlich aktiver wurden, ermöglichte deren anfällige Defensive den Gästen immer wieder Konterchancen. Dann die erneute Zwei-Tore-Führung für die Nagelmänner. Eine Demirbay-Freistoß-Flanke beförderte Bicakcic per Kopf zum 3:1 über die Linie (55.). Für den bosnischen Nationalspieler war es der erste Treffer seit Mai 2017. Doch dieses verrückte Spiel war noch längst nicht entschieden. Baumann rettete mit einer Glanzparade gegen Ibisevic (62.). Nachdem die Gäste kräftemäßig etwas nachließen, verkürzte Leckie aus drei Metern zum 2:3 (71.). Nachdem Kalou im Strafraum knapp neben das Tor zielte (78.) und Ibisevic frei vor Baumann vergab (85.), sah alles nach dem fünften Sieg in Folge für die Hoffenheimer aus, ehe doch noch der glückliche 3:3-Ausgleich für die „Alte Dame“ Hertha fiel.

Lazaro mit Last-Minute-Ausgleich

Demirbay hatte einen Plattenhardt-Freistoß aus dem Strafraum direkt vor die Füße von Lazaro geköpft, der mit einem Dropkick die Kugel aus 18 Metern unhaltbar für Baumann ins Tor hämmerte (88.). Glück noch in der Nachspielzeit, als Baumann mit toller Reaktion aus Unentschieden rettet. Während sich die Hauptstädter über den Last-Minute-Punkt ausgiebig freuten, schlichen die Kraichgauer enttäuscht vom Platz. Berlins Torschütze zum späten 3:3-Ausgleich Lazaro: "In der ersten Halbzeit war unser Defensivverhalten sehr peinlich, am Ende war der Punkt der Minimalverdienst." Weniger Grund zur Freude hatte TSG-Torschütze Bicakcic: "Wir haben das Spiel hergeschenkt. Wir haben nach einer Stunde viel zu wenig gemacht. Auswärts müssen normalerweise drei Tore reichen."
Schlussfazit: Die TSG hat die Chance liegen lassen, sich mit einem Sieg vor die Bayern auf Platz 5 zu setzen, punktgleich mit dem Vierten Leipzig. Während die angriffsfreudige Offensivabteilung es vor allem in der ersten Hälfte versäumte, die Partie vorzeitig zu entscheiden, sorgten Fahrlässig- und Unachtsamkeiten in der Hintermannschaft für zahlreiche Berliner Torchancen, die letztendlich zu drei Gegentreffern führten. Statt eines moralischen Auswärtserfolgs vor dem wichtigen Champions-League-Heimspiel am Dienstag (21 Uhr) gegen Donezk, kehren die Nagelsmänner mit einem dicken Hals aus der Bundeshauptstadt zurück. Am nächsten Samstag, dem 13. Bundesliga-Spieltag, gastiert der FC Schalke 04 um 18.30 Uhr in Sinsheim.

Erneut Schmährufe gegen Dietmar Hopp

Nicht unerwähnt sollen unschöne Szenen am Rande dieses tolles Fußballspiels bleiben: Erneut gab es wieder Beleidigungen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp. Einige Berliner Fans beleidigten ihn, trotz aufgehobenem Banner- und Fahnenverbots, mehrfach mit Schmähgesängen

Stimmen der Trainer:

"Bin mit unserem Auftritt nicht zufrieden"

Julian Nagelsmann (TSG Hoffenheim): "Das 3:3 war verdient, insofern kann man damit leben, weil der Gegner heute besser war. Es waren heute zwei sehr schlecht verteidigende Mannschaften. Wir haben in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viel investiert, waren zu platt auf einigen Positionen und haben nicht gewissenhaft verteidigt. Dann ist es so nicht verdient. Ich bin nicht zufrieden mit unserem Auftritt, denn wir wollten die Partie gewinnen."

"Alle sind happy, aber leider ist ein Punkt zu wenig"

Pal Dardai (Hertha BSC): "Für die neutralen Zuschauer war das ein geiles Bundesligaspiel. Meine Mannschaft hat auf Sieg gespielt, aber was wir zu Anfang an Toren kassiert haben, das darf man sich nicht leisten in der Bundesliga. Trotzdem können wir bei besserer Chancenverwertung zum Schluss den Lucky Punch noch machen und gewinnen. Moral, Charakter, alles war gut, alles war top. Die Mannschaft hat heute eine gute Atmosphäre gezeigt. Alle sind happy, aber leider ist ein Punkt zu wenig."

Statistik:

Hertha BSC: Jarstein - Lazaro, Luckassen, Lustenberger, Plattenhardt - Grujic, Maier - Leckie, Duda (62. Selke), Kalou - Ibisevic
1899 Hoffenheim: Baumann - Akpoguma, Vogt, Bicakcic - N. Schulz, Nordtveit (89. Nelson), Demirbay, Kaderabek - Kramaric (79. Bittencourt), Joelinton - Szalai (70. Belfodil)
Tore: 0:1 Demirbay (1.), 0:2 Kramaric (10.), 1:2 Ibisevic (13.), 1:3 Bicakcic (56.), 2:3 Leckie (71.), 3:3 Lazaro (87.).
Zuschauer: 44.508
Schiedsrichter: Tobias Welz (Wiesbaden)

Fotos: TSG Hoffenheim

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