Der Erfolg macht Lust auf mehr

Positives Resümee nach 11. Spieltagen

Bundesligist TSG Hoffenheim befindet sich derzeit dank einer außergewöhnlichen und von vielen nicht erwarteten Erfolgsserie im goldenen Herbst. Seit sechs Pflichtspielen eilt die TSG von Sieg zu Sieg. Nach anfänglich holprigem Saisonstart sind die Kraichgauer von Tabellenplatz 12 hoch in die internationalen Ränge auf Platz 5 geklettert. Bedingt durch den sportlichen Verlust wichtiger Stammspieler im Sommer, die das Festgeldkonto kräftig anwachsen ließen, kam die neuformierte Mannschaft unter dem neuen Cheftrainer Alfred Schreuder verständlicherweise etwas schwer in die Gänge.

Nachvollziehbare Startschwierigkeiten

Die Neuzugänge brauchten die nötige Eingewöhnungsphase und mussten sich erst noch an die Hoffenheimer Spielweise und Spielphilosophie gewöhnen. Hinzu kam noch das Dilemma, dass mit den Stürmern Andrej Kramaric und Ishak Belfodil, die in der vergangenen Saison das erfolgreichste Torjägerduo bildeten, wichtige Leistungsträger ausfielen bzw. noch ausfallen.

Trainer Alfred Schreuder gibt Anweisungen an Defensivspieler Ermin Bicakcic

Der Sieg bei den Bayern brachte die Wende

Die nötigen Automatismen im neuen Hoffenheim 2019/20 brauchten ihre Eingewöhnungszeit, was sich dann aber sehr schnell und unkompliziert verbesserte. Schlüsselspiel war der erstmalige Erfolg bei Rekordmeister Bayern München (2:1), der der Schreuder-Truppe reichlich Selbstvertrauen bescherte. Von da an ging es - auch mit einem nötigen Quäntchen Glück - steil bergauf. Gegen einen stark aufspielenden FC Schalke 04 stand die TSG vor heimischer Kulisse fast 70 Minuten lang unter Dauerdruck, verteidigte mit Glück und Geschick das torlose Remis, um dann in der Schlussphase gegen einen zunehmend müder werdenden Gegner mit schnellem Konterspiel und zwei Treffern den zweiten Saison-Heimsieg einzutüten.

Sieg in Berlin - Pfiffe beim 3:0 über Paderborn

Es folgte ein abwechslungs- und chancenreiches Gastspiel in der Bundeshauptstadt, bei dem die Hoffenheimer nach starker Anfangsphase sich eine 2:0-Führung erspielten. Nachdem die Berliner Hertha nach einem fulminanten Zwischenspurt auf 2:2 herankam, schlugen die Gäste erneut kurz vor dem Ende eiskalt zu und entführten drei wichtige Auswärtspunkte. Gegen Aufsteiger SC Paderborn reichte eine starke erste Hälfte, um eine ungefährdete 3:0-Führung herauszuspielen. Als die Mannschaft in der zweiten Hälfte auf Verwaltungsmodus schaltete und die klare Führung über die Zeit bringen wollte, quittierte  ein Teil der unzufriedenen Zuschauer dies mit Pfiffen, was bei den Akteuren auf wenig Verständnis und Gegenliebe stieß.

Später Siegtreffer in Köln

Im folgenden Auswärtsspiel beim zweiten Aufsteiger und ebenfalls im Abstiegskampf steckenden 1. FC Köln ging es deutlich härter zur Sache. Nach einer eher schwächeren ersten Hälfte und einem 0:1-Rückstand steigerten sich die Nordbadener im zweiten Abschnitt und drehten die Partie - auch dank eines Last-Minute-Treffers in der Nachspielzeit - zum glücklichen 3:2-Sieg am Niederrhein.

Hoffenheimer Torjubel gab es zuletzt des Öfteren

Durchwachsenes Restprogramm

Nach der Länderspielpause geht es in zwei aufeinanderfolgenden Heimspielen gegen die beiden Vereine aus den weiteren Karnevalshochburgen FSV Mainz 05 (24.11.) und Fortuna Düsseldorf (30.11.). Gegner, gegen die man gewinnen und sich in der Tabelle noch weiter nach oben katapultieren kann. Im anschließenden Restprogramm bis zur Winterpause heißen die Gegner RB Leipzig (auswärts am 7.12.), FC Augsburg (zu Hause am 13.12.), Union Berlin (auswärts am 17.12.) und Borussia Dortmund (zu Hause am 20.12.). Im DFB-Pokal sind die Kraichgauer erstmals seit fünf Jahren nach Erfolgen über die Würzburger Kickers und den MSV Duisburg ins Achtelfinale eingezogen. Das Los hat mit Rekordpokalsieger FC Bayern München im Februar nächsten Jahres die sicherlich schwierigste Aufgabe unter den verbleibenden 16 Mannschaften beschert.

Trainer hat großen Anteil am Erfolg

Großen Anteil am Hoffenheimer Aufwärtstrend hat zweifellos Trainer Schreuder, der rein statistisch gesehen aktuell im Schnitt mit zwei Punkten pro Spiel unter allen bisherigen Hoffenheimer Profitrainern die besten Werte vorweisen kann. Ob er diesen Wert langfristig über dem von Vorgänger Julian Nagelsmann (1,5) halten kann, wird sich zeigen. Schreuder ist ein ruhiger, besonnener, unaufgeregter und freundlicher Artgenosse, der nicht zuletzt durch seine Zeit als Co-Trainer beim holländischen Meister und Pokalsieger Ajax Amsterdam auf reichlich Fachwissen zurückgreifen kann. Der Niederländer setzt auf kontrollierten Angriffsfußball in Verbindung mit einer stabilen Defensive. Dabei vermeidet er im Gegensatz zu Nagelsmann die Risikovariante, geht lieber auf Nummer sicher, um dann - meist in der Halbzeit - entsprechend taktisch umzustellen.

Mannschaft verfügt über eine gute Physis

Auffallend bei dem Ganzen ist, mit welcher Ruhe und Abgeklärtheit die Blau-Weißen in den letzten Spielen an die Aufgaben herangegangen sind. Bestes Beispiel hierfür ist die intakte, gute Physis, die zu späten Treffern gegen München, Schalke, Berlin und Köln und am Ende zum Sieg führten. Für Trainer Schreuder sind hierfür „Wille und Glauben an die eigenen Stärken“ entscheidend. Deutlich besser als in der Saisonanfangsphase sind zudem die Chancenverwertung sowie das Defensivverhalten. Der Aufwärtstrend soll möglichst lange fortgesetzt werden, die Ansprüche sowie das Selbstvertrauen sind vorhanden. Kapitän Kevin Vogt: „Das ist der Spirit, den wir haben. Das ist jetzt eine tolle Serie, aber wir können es schon noch besser.“

Neuzugänge haben sich gut integriert

Der 47-jährige Hoffe-Coach legt viel Wert auf Disziplin, führt mit seinen Spielern viele Einzelgespräche, lässt Nachwuchsspieler beim Training Bälle tragen und verhängte ein Handyverbot beim gemeinsamen Essen. Der Spielerkader ist gut bestückt und in der Breite sehr gut aufgestellt. Die Neuzugänge Robert Skov, Sargis Adamyan, Jürgen Locadia und Ihlas Bebou konnten bereits mehrfach ihre fußballerischen Qualitäten unter Beweis stellen und haben allesamt bereits getroffen.

Bereicherung Samassekou?

Gespannt darf man noch auf die Bereicherung von Rekordtransfer Diadie Samassekou sein, der im Sommer für 14 Millionen aus Salzburg kam und aufgrund eines Muskelfaserrisses im rechten Oberschenkel noch nicht seine Fähigkeiten im defensiven Mittelfeld unter Beweis stellen konnte.  Das Vertrauen von Schreuder in die eigene Truppe ist groß: „Die Jungs haben unter Beweis gestellt, wie talentiert sie sind. Wenn wir so weitermachen, sind wir ein sehr gutes Team.“

Großer Ehrgeiz

Auch wenn die Kraichgauer vor Rundenbeginn zumindest öffentlich kein detailliertes, tabellarisches Saisonziel von sich gaben und eher auf die Weiterentwicklung der Mannschaft und jedes einzelnen Spielers verwiesen haben, so ist der Ehrgeiz nach wie vor groß. Die Aussage von Schreuder: „Wir sind noch nicht zufrieden. Wir wollen mehr“, ist vielsagend. Auch der Wunsch des österreichischen Nationalspielers Florian Grillitsch geht in diese Richtung: „Wir haben uns zuletzt viele Chancen herausgespielt und waren auch sehr effizient, was uns in den Spielen zuvor, als wir die Siege nicht eingefahren haben, oft gefehlt hat. Hoffentlich geht es so weiter.“

Fotos: Kraichgaufoto

Begeisterung bei den TSG-Fans und Grillitsch (Mitte) im Zweikampf

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