„Ich will immer gewinnen – Unentschieden gehen mir voll auf den Sack“

Nagelsmann verteidigte seine große Risikobereitschaft

Die TSG Hoffenheim musste nach der 2:3-Heimpleite gegen den ukrainischen Meister Schlachtar Donezk erneut auf internationaler Bühne teures Lehrgeld bezahlen. Die Kraichgauer haben sich nach dem fünften Spieltag in der Gruppe F nach drei Unentschieden und zwei Niederlagen durch eigenes Verschulden selbst um den Lohn gebracht und sich vorzeigt auf der europäischen Fußballbühne verabschiedet. Auch wenn noch am letzten Spieltag bei Manchester City am 12. Dezember eine kleine theoretische Chance aufs Weiterkommen im rangtieferen Europa-League-Wettbewerb besteht, so glauben selbst die kühnsten Optimisten nicht mehr daran.

Aus den Fehlern nicht ausreichend gelernt

Zu groß ist die Enttäuschung nach den letzten Resultaten in der Königsklasse, in denen die Kraichgauer vor allem bei den Punkteteilungen gegen Olympique Lyon (3:3 und 2:2) und im Hinspiel gegen Donezk (2:2) trotz guter Leistungen und vielen vergebenen Chancen sich am Ende um den verdienten Lohn brachten. Bei durchschnittlich mehr als zwei Gegentoren pro Partie ist es schwer Argumente zu finden, um das Scheitern im internationalen Vergleich zu erklären. Hoffenheim musste bereits in der Premieren-Saison im vergangenen Jahr bitteres Lehrgeld bezahlen. Aus den Fehlern scheint man nicht ausreichend gelernt zu haben, zumal sich vieles wiederholte. Vor allem späte Gegentreffer, wie zweimal gegen Donezk und zu Hause gegen ManCity kosteten wertvolle Punkte.

Bei der Pressekonferenz brachte der TSG-Coach (Bildmitte) nochmals deutlich zum ausdruck, dass für ihn nur das Gewinnen zählt.

"Der Nackenschlag zum 2:3 war brutal intensiv"

Trainer Julian Nagelsmann gab bei der Pressekonferenz einen  tiefen Einblick in seine Gemütslage: "Wir haben zu wenige Tore gemacht. Ich glaube nicht, dass man in Unterzahl viel besser Fußball spielen kann. Vor den beiden Pfostentreffern von Donezk müssen wir 4:2 führen durch die Chancen von Schulz und Nelson. Die gelb-rote Karte für Szalai war aus meiner Sicht ein Witz. Ich glaube, es hat noch nie eine deutsche Mannschaft in der Debüt-Saison in der Champions League zehn Tore geschossen, aber wir haben halt kein Spiel gewonnen. Den Nackenschlag in der 92. Minute zu bekommen ist brutal intensiv.“

"Die beste Verteidigung ist der Angriff"

Auf die Frage, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, anstatt des unbedingten Siegeswillen am Schluss vielmehr mit dem 2:2 den Verbleib in der Europa League zu sichern, entgegnete der TSG-Coach: „Wie würde die Alternative aussehen? Hätten wir uns hinten reinstellen sollen und uns sagen: „Jetzt machen wir alles ganz dicht und bekommen kein Tor mehr? Das ist uns auch in Donezk nicht gelungen. Klar hätte ich im Nachhinein lieber 2:2 gespielt, als 2:3 verloren. Es war ja nicht so, dass wir in der Situation, wo wir das dritte Gegentor bekommen hinten nur einen Mann stehen hatten. Wir hatten sieben Spieler hinten, es war eine einfach zu verteidigende Situation. Dennoch ist die beste Verteidigung der Angriff. Es wäre ein Trugschluss gewesen, wenn wir uns mit zehn Mann hinten reingestellt hätten. Dass diese Frage kommt war klar, ich hätte sie als Journalist auch gestellt."

"Ich will immer gewinnen, immer - egal bei was!"

Schon einmal in Rage, setzte der 31-Jährige noch einen drauf und machte seiner Gemütslage freien Lauf: "Ich will immer gewinnen. Diese Unentschieden gehen mir voll auf den Sack. Ich will gewinnen, immer gewinnen, jedes Scheiß-Spiel. Egal, ob im Dart gegen den Analysten, ich will alles gewinnen. Auch heute wollte ich gewinnen. Und ich werde auch gegen Manchester City gewinnen wollen, das verspreche ich."

Enttäuschung bei den TSG-Profis nach Abpfiff der 2:3-Heimpleite gegen Donezk

Schlechtestes Abschneiden aller Bundesligisten

Die TSG-Profis selbst taten sich kurz vor Mitternacht nach dem Europapokal-Aus in der Nachspielzeit schwer, ihre Gemütslage in Worten zu beschreiben. Zu groß waren Enttäuschung und Wut über die verpasste Chance sich für die nächstjährige Endrunde im europäischen Vergleich zu messen. Unter allen deutschen Europapokalteilnehmern bleibt der aktuell Tabellensechste der Bundesliga bislang noch sieglos. Besonders angefressen war Abwehrspieler Ermin Bicakcic, der wütend mit den Worten "Was soll ich den erzählen? Fucking Spiel" seinen Rollkoffer hinter sich herziehend das Weite suchte.

"Wir wollten unbedingt den Siegtreffer"

Kapitän Kevin Vogt ärgerte sich vor allem über den frühen Zwei-Tore-Rückstand: „Donezk war gefühlt nicht im Spiel und führt dann 2:0. Das war natürlich bitter. Und wenn ich sehe, wie wir dann in Unterzahl Druck entfachen, da müssen wir einfach die Chancen nutzen und das Spiel gewinnen. Dass uns das nicht gelingt und wir dann am Ende sogar verlieren, ist sehr enttäuschend. Wir haben alles nach vorn geschmissen und wollten unbedingt den Siegtreffer."

"Waren in Unterzahl besser als der Gegner"

Torhüter Oliver Baumann: „Es ist extrem schade. Wir haben gut angefangen und kämpfen uns nach den beiden Gegentoren wahnsinnig gut zurück. Auch in Unterzahl waren wir besser, machen so viel Druck und müssen das 3:2 erzielen. Dann das dritte Tor zu bekommen, ist so bitter. Wir hatten definitiv genug Zeit und genug Chancen, selbst das dritte Tor zu erzielen und wollten unbedingt gewinnen."

"Die Marschroute war klar definiert"

Der eingewechselte Vincenzo Grifo über die Vorgabe in der hektischen Schlussphase: "Dass das Spiel am Ende offen ist und Donezk auch Chancen bekommt, ist klar. Wir wollten das Spiel in der Schlussphase noch unbedingt gewinnen. Die Marschroute vom Trainer war klar dahingehend vorgegeben, alles dafür zu tun, um in der Königsklasse weiterzukommen. Klar kann man sich im Nachhinein fragen, ob nicht ein 2:2 zum Weiterkommen in der Europa League ausgereicht hätte?“

"Werden unsere Spielweise nicht ändern, auch wenn wir dafür bestraft werden"

Nationalspieler Nico Schulz, der mit einem Fehlpass das 0:2 einleitete und eine Großchance vergab, rechtfertige die risikoreiche Herangehensweise: "Wir haben uns für den hohen Aufwand mal wieder nicht belohnt. Wir haben wieder lange in Unterzahl gespielt und hatten dennoch die klareren Chancen. Dann will man auch auf das 3:2 gehen und nicht das Unentschieden verwalten. So spielen wir immer, da werden wir uns auch nicht ändern, auch wenn wir manchmal dafür bestraft werden."

Den Glauben noch nicht ganz verloren

Mittelfeldspieler Havard Nordtveit war der einzige, der öffentlich zum Ausdruck brachte, dass man noch nicht ganz verloren sein: "Ich bin sehr enttäuscht. Platz drei ist noch möglich, wir geben niemals auf. In Manchester haben wir nichts zu verlieren. Wir wissen, dass sie eine der besten Mannschaften der Welt sind, aber sie haben in Lyon 2:2 gespielt und es ist auch nicht unmöglich, dort zu gewinnen."

Fotos: Kraichgaufoto

Es war vorerst das letzte Mal, dass in Sinsheim die CL-Hymne erklang, Die TSG-Fans waren vor dem Anpfiff noch zuversichtlich, Wütend geigt Nagelsmann den Unparteiischen seine Meinung, Nordtveit bedankt sich bei den Fans für den tollen Support, und Oli Baumanns Gruß an die blau-weiße Anhängerschaft

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