Für Heidenheim geht es nach oben – für Sandhausen nach unten

Ungleiche Voraussetzungen vor dem Nachbarschaftsduell

Nachdem am vergangenen Spieltag sportlich alles gegen den SV Sandhausen lief, ist der bittere Gang in die 3. Liga nach elf Jahren Zweitklassigkeit kaum noch abzuwenden. Arminia Bielefeld gelang nach der Heimniederlage des SVS gegen Hansa Rostock der Last-Minute-Auswärtssieg beim 1. FC Kaiserslautern und ist den Sandhäusern auf fünf Punkte Vorsprung davongezogen. Damit würden die Kurpfälzer im Kampf um Relegationsplatz 16 in den verbleibenden zwei Partien noch zwei Siege gegen die um den Aufstieg kämpfenden 1. FC Heidenheim und Hamburger SV benötigen, und die Bielefelder dürften aufgrund des besseren Torverhältnisses nicht mehr punkten.

Kleines Hintertürchen noch offen

Es könnte sich jedoch noch ein Hintertürchen für die Kurpfälzer öffnen: Falls der krisengeschüttelte Bundesligist Hertha BSC Berlin tatsächlich keine Lizenz für die 1. sowohl die 2. Liga bekäme, könnte wie schon 2013 Platz 17 für die Sandhäuser zum Klassenerhalt reichen, doch dafür muss Jahn Regensburg in der Tabelle überflügelt werden.

Alexander Esswein (re.) hat die Standfestigkeit im Duell mit Rostocks Ryan Malone verloren

Aufstieg fest im Visier

Die Rote Laterne des Tabellenschlusslichts abzugeben bedarf es auch noch ein ordentliches Stück Arbeit, denn am kommenden Samstag um 13 Uhr gastiert der SVS im Derby beim 1. FC Heidenheim, dem heimstärksten Zweitligisten. Die Heidenheimer haben das große Ziel erstmaligen Bundesligaaufstieg direkt vor Augen und werden voll auf Sieg spielen, um nicht noch vom Hamburger SV abgefangen zu werden und auf Relegationsplatz 3 abzurutschen.

"Die Tabelle lügt nicht"

Bei einem Vorteil von 17:8 Torschüssen und 64:36 % Ballbesitz zeigte sich bei der 1:2-Heimniederlage des SV Sandhausen gegen Hansa Rostock wieder das Manko, das sich wie ein roter Faden durch die Seuchensaison zog. Trainer Gerhard Kleppinger: „Wie wir uns in der Defensive anstellen oder Torchancen liegenlassen, ist haarsträubend. Die Unzulänglichkeiten in beiden Strafräumen müssen wir einfach ad acta legen. Ich kann der Mannschaft, was das Engagement betrifft, keinen Vorwurf machen. Wir stehen nun mit leeren Händen da, die Tabelle lügt nicht. Wir werden uns aufrichten, um die letzten beiden Spiele zu gewinnen.“ Doch selbst, wenn das Kleppinger-Team nochmal zum Stolperstein für die Favoriten wird, dürfte es zu spät sein, und man muss sich mit dem Szenario beschäftigen, das man unter allen Umständen abwenden wollte, für das man aber gewappnet ist. Geschäftsführer Volker Piegsa: „Wir haben eine Stabilität in der wirtschaftlichen Situation, wodurch wir einen Abstieg in die Dritte Liga vertragen würden.“

SVS-Coach Gerhard Kleppinger scheint der Zweitliga-Klassenerhalt aus den Händen zu gleiten

Fehler in der Kaderplanung

Dass mit Alexander Esswein der erfolgreichste Stürmer nur vier Tore erzielte, ist eines der Probleme, doch Präsident Jürgen Machmeier betonte schon vor Wochen: „Wir haben zwar gute Spieler, aber daraus ist nie eine Mannschaft geworden. Wir haben auch zu wenige Spieler mit der Sandhäuser Mentalität an Bord.“ Zu Fehlern in der Kaderplanung kommt dazu, dass zunächst in der Winterpause Tom Trybull und Cebio Soukou aus dem Kader aussortiert wurden und zuletzt die Kinsombi-Brüder ins zweite Glied rutschten, was alles für Unruhen spricht.

Nach Umbruch soll Wiederaufstieg angestrebt werden

Mit dem neuen Sportlichen Leiter, der vermutlich Matthias Imhof heißen wird und dem ein gutes Händchen für Talente nachgesagt wird, soll nun eine neue erfolgreichere Ära eingeleitet werden und ein Kader zusammengestellt werden, „mit dem die Möglichkeit besteht, gleich wieder aufzusteigen“, so Machmeier. Ein Umbruch ist unumgänglich, doch der Kapitän wird wohl an Bord bleiben, und der aktuell als einziger Akteur im Kader angeschlagene Dennis Diekmeier gab zu verlauten, dass er seinen bis zum 30. Juni 2024 laufenden Vertrag ligaunabhängig erfüllen will. Abu El-Zein und Christian Kinsombi haben zudem Verträge für die 3. Liga, und das Signal, bei einem Abstieg den Weg mitzugehen, kam bereits von fünf, sechs weiteren Spielern. Torhüter Patrick Drewes und Abwehrchef Aleksandr Zhirov werden allerdings den Verein verlassen.

Der Vorsprung schmilzt

Der 1. FC Heidenheim spielt bisher eine konstant starke Saison, was größtenteils auf die drittstärkste Offensive und zweitstärkste Defensive beim Torverhältnis von 63:34 zurückzuführen ist. Zuletzt zeigten die Ostälbler jedoch Nerven, und nach dem torlosen Remis gegen Magdeburg und der 2:3-Niederlage in Paderborn ist der Vorsprung auf Verfolger Hamburger SV von vier Punkten auf einen Punkt geschmolzen. Der erstmalige direkte Aufstieg in die Bundesliga schien dem FCH nicht mehr zu nehmen zu sein, nachdem man vor drei Jahren knapp in den Relegationsspielen an Werder Bremen gescheitert war.

Die Chance nutzen

Heidenheims Trainerlegende Frank Schmidt, der den Trainerposten bereits seit 2007 innehat, als der FCH in der Oberliga noch fünftklassig war, will sich die Chance diesmal nicht nehmen lassen: „Die Mannschaft ist natürlich enttäuscht nach der jüngsten Niederlage, aber allein die Tatsache, dass wir im Vergleich zu so einer Mannschaft wie dem SC Paderborn ein paar Punkte mehr haben, zeigt einfach, was für eine richtig grandiose Saison wir spielen. Wir haben die Aufgabe, die letzten beiden Spiele zu gewinnen. Daran glauben wir, dafür werden wir weiterhin gut arbeiten und dazu haben wir auch das Selbstbewusstsein. Dann kann sich jeder zusammenrechnen, was das für uns bedeutet.“ Stürmer Tim Kleindienst dürfte bei bisher 24 Treffern die Torjägerkanone der 2. Liga nicht mehr zu nehmen sein, Neuzugang Jan-Niklas Beste ist der „beste“ und effektivste Mittelfeldspieler der Liga und hat zehn Treffer erzielt sowie zwölf vorbereitet.

Mögliche Aufstellungen:

1. FC Heidenheim: Müller – Busch, Mainka, Siersleben, Föhrenbach – Maloney, Schöppner – Pick, Thomalla, Beste – Kleindienst
SV Sandhausen: Drewes – Dumic, Zhirov, Sicker – Ajdini, Zenga, Papela, Okoroji – Bachmann – Esswein, Evina

Fotos: foto2press

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