Kann der SVS seine positiven Vorbereitungsresultate auf die Liga übertragen?

Sandhausen gastiert zum Saisonstart beim euphorischen Aufsteiger Holstein Kiel

Freudig fiebern die Fans auf den kommenden Sonntag hin, wenn der SV Sandhausen zum Auftakt seiner sechsten Zweitligasaison beim Aufsteiger Holstein Kiel (15:30 Uhr) antritt. Der Spielplan wollte es, dass die erste Auswärtsfahrt der Kurpfälzer mit fast 680 km Entfernung nahe an die dänische Grenze bereits die Weiteste wird. Die Vorbereitung lief für den SV Sandhausen geradezu optimal, aber trotz der blütenreinen Weste nach sieben Siegen in sieben Testspielen mahnte SVS-Trainer Kenan Kocak, der in seine zweite Saison am Hardtwald geht, nach dem 3:2-Erfolg am vergangenen Sonntag gegen Bundesligist Bayer 04 Leverkusen: „Es geht vom ersten Spieltag an nur um den Klassenerhalt. Die Fans dürfen nicht den Fehler machen, nach den Ergebnissen der Vorbereitung zu euphorisch zu sein“.

Für Schork sind Philosophie und Handschrift des Trainers erkennbar

Euphorie wird auch in Kiel herrschen nach der erstmaligen Rückkehr der Schleswig-Holsteiner in die zweithöchste Spielklasse seit 1981. Bei allem Realismus fand Sandhausens Sportlicher Leiter Otmar Schork auch Worte des Lobes für Kocak, der im Vergleich zur Vorsaison die komplette Vorbereitung planen konnte: „Man sieht, dass die Mannschaft wesentlich weiter ist, und gerade im spielerischen Bereich macht sich die Philosophie und Handschrift des Trainers bemerkbar“.

Auf Tore von Stürmer Richard Sukuta-Pasu hoffen die SVS-Fans am Sonntag in Kiel

Was sind die positiven Testspielergebnisse letztendlich wert?

Die positiven Ergebnisse der Vorbereitungsspiele gegen die Bundesligisten Bayer Leverkusen (3:2) und SC Freiburg (3:0), den englischen Premier League-Aufsteiger Huddersfield Town (3:2), die Schweizer Erstligisten FC Zürich und FC Luzern (jeweils 2:1) sowie die unterklassigen TuS Mechtersheim (6:0) und den VfB St. Leon (3:0) haben bei den Kurpfälzern für zusätzliches Selbstvertrauen gesorgt. Was diese Ergebnisse letztendlich wert sind, wird sich erst im Liga-Alltag zeigen.

Zwei Neuzugänge fallen gleich länger aus

Mit insgesamt neun Neuzugängen, zu denen noch Testspieler Sahin Aygünes stoßen könnte, müssen die Abgänge von Daniel Gordon, Thomas Pledl, Marco Thiede, Moritz Kuhn und Jakub Kosecki kompensiert werden, doch der SVS scheint auf einem gutem Wege zu sein. Vom Pech blieb man am Hardtwald jedoch auch nicht verschont, so werden die Neuzugänge Robert Herrmann und Mirco Born wegen eines Mittelfußbruches bzw. eines Kreuzbandrisses dieses Jahr gar nicht mehr zur Verfügung stehen, und auch der letztjährige Toptorjäger Andrew Wooten wird wegen eines kleinen Muskelfaserrisses im Oberschenkel noch pausieren müssen. Lichtblicke gibt es dagegen bei den beiden Langzeitverletzten José Pierre Vunguidica und Maximilian Jansen, die in dieser Woche schon wieder auf dem Rasen zu sehen waren. Dennoch käme für beide die Hinrunde wohl noch zu früh.

Der Trainer hat die Qual der Wahl

Dennoch hat Kocak die Qual der Wahl, wen er zum Pflichtspielstart in der Offensive aufbietet, und auch in der Defensive ist die Experimentierphase zwischen der Dreier- und Vierer-Abwehrkette vorbei. Der erfahrene Markus Karl könnte in der Abwehr ebenso in die Rolle Gordons schlüpfen wie Marcel Seegert, der wie Ibrahimaj vom Waldhof kam. Zudem ist auf der Torhüter-Position zwischen Marco Knaller und dem von Hansa Rostock gekommenen Marcel Schuhen ebenso eine größere Konkurrenzlage entstanden wie auf der Position des Rechtsverteidigers zwischen Philipp Klingmann und Kocaks Wunschverpflichtung Ken Gipson von RB Leipzig. Überzeugen konnten die Zugänge bereits.

Begeisternde Stimmung bei den SVS-Fans beim 3:2-Erfolg im Testspiel gegen Leverkusen

"Wissen um die Schwere der Aufgabe"

SVS-Coach Kocak sieht Kiel als "eine eingespielte Mannschaft mit einer guten Mischung im Kader, die gerne spielerische Lösungen sucht". Dennoch gilt für Kocak, die Reise in die Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein anzutreten, um das Spiel zu gewinnen. Kocak: "Wir wissen um die Schwere der Aufgabe, müssen uns aber vor keiner Mannschaft in der Liga verstecken. Auch nicht vor Kiel. Wir gehen mit viel Demut in die Saison und wollen versuchen, eine sorgenfreie Runde zu spielen.“

Beim Team der Namenlosen herrscht große Begeisterung

Die Begeisterung beim Neuling ist groß. Natürlich wollen die Kieler bei ihrem Zweitliga-Comeback nach 36 Jahren vor heimischer Kulisse erfolgreich aus den Startlöchern kommen. In seinem ersten Jahr bei Holstein führte Trainer Markus Anfang die Kieler „Störche“ zum viel umjubelten Aufstieg in die Zweite Liga, der mit dem 1:0 in Sonnenhof Großaspach am vorletzten Drittligaspieltag perfekt gemacht wurde. Die Mannschaft ohne größere Namen, die das heimstärkste Team der Dritten Liga stellte, wird auch in der Zweiten Liga über ihren Teamgeist bestehen müssen.

Mittelfeld ist das Kieler Herzstück

Großen Anteil am Aufstieg hatte das brandgefährliche Kieler Mittelfeld, in dem Steven Lewerenz (11 Tore/6 Vorlagen), Dominick Drexler (7 Tore/15 Vorlagen) und der ehemalige Hoffenheimer Kingsley Schindler (12 Tore/7 Vorlagen) herausragten. Ebenso im Mittelfeld agiert Alexander Mühling, der erst letztes Jahr vom SVS zu Kiel wechselte und bis vor wenigen Monaten und seiner Heirat noch Bieler hieß. Abwehrchef ist Dominik Schmidt, der erst vor wenigen Tagen beim 5:3-Testspielsieg gegen den Hamburger SV Torhüter Julian Pollersbeck mit einem Schuss aus 70 Metern überwand.

In einer spannenden Liga ist alles möglich

Mehr noch als für den SV Sandhausen muss das Saisonziel für Kiel der Klassenerhalt sein, doch es wird sich zeigen, wer letztendlich für Überraschungen in der Zweitligasaison 2017/18 sorgen kann, die nach dem Aufstieg des VfB Stuttgart und von Hannover 96 ausgeglichener denn je sein dürfte. Hoch eingeschätzt werden die Mannschaften von Union Berlin, Eintracht Braunschweig sowie die Bundesligaabsteiger FC Ingolstadt und Darmstadt 98. Doch auch der VfL Bochum hat aufgerüstet, und für ausreichend Spannung ist gesorgt.

Fotos: BWA und Hans-Joachim Of

Sandhausen will sich in Kiel nicht verstecken und Leart Paqarada beim Flankenlauf

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