Setzen Reibungspunkte im bevorstehenden „Abnutzungskampf“ zusätzliche Kräfte frei?

Hoffenheim erwartet tief im Westen ein stressiger Gegner

Die Bundesliga-Saison 2023/24 biegt auf die Zielgerade. Die TSG Hoffenheim eröffnet den 31. Spieltag am Freitagabend um 20:30 Uhr mit dem Auswärtsspiel im Bochumer Stadtteil Grumme. Der gastgebende VfL rangiert aktuell mit 27 Punkten auf dem Relegationsplatz, punktgleich mit dem Fünfzehnten FSV Mainz 05. Trotz eines Fünf-Punkte-Vorsprung auf den ersten direkten Abstiegsplatz, den der 1. FC Köln einnimmt, schrillen die Abstiegsglocken in der Castroper Straße 145 unüberhörbar. Die Bochumer sind seit zwei Monaten das schwächste Team der Liga, holten aus den letzten acht Partien nur zwei Punkte.

„Wir haben immer alles probiert, aber am Ende nie dort etwas feiern können“

Andrej Kramaric über den nächsten Gegner Bochum


Dennoch sind die Gäste aus dem Kraichgau, die von 800 Fans begleitet werden, gewarnt, zumal sie im altehrwürdigen „Bochumer Betonklotz“ in den vergangenen drei Spielzeiten punktlos blieben. Für Hoffenheims kroatischen Stürmerstar Andrej Kramaric ist es höchste Zeit, diesen Negativtrend zu beenden: Ich gehe davon aus, dass das Spiel genauso wird wie das letzte Auswärtsspiel in Mainz. Wir haben dort in den letzten Jahren nie einen Punkt mitgenommen. Deshalb ist der volle Fokus danach ausgerichtet, dies zu ändern. Wir haben in Bochum immer alles probiert, aber am Ende nie dort etwas feiern können.“

Hoffenheims Führungsspieler Wout Weghorst – hier umringt von Bochumer Gegenspielern – zeigte laut Aussage seines Trainers gegen Gladbach eines seiner besten Spiele im TSG-Dress.

Duell der beiden Schießbuden der Liga

Im Flutlichtspiel zwischen den beiden Blau-Weiß-Teams dürften Tore garantiert sein, zumal beide Mannschaften mit jeweils 60 Gegentoren zusammen mit Schlusslicht Darmstadt (72) zu den Schießbuden der Liga gehören. Für die Nordbadener war das letzte Spiel gegen Mönchengladbach das 25. Spiel in Folge, wo man ein Gegentor hinnehmen musste. Für Bochum sind es inzwischen (erst) zwölf Partien. Eine andere Statistik bescheinigt den Gastgebern eine gute Trefferquote: In den vergangenen 21 Bundesliga-Heimspielen erzielte der VfL immer mindestens einen Treffer und hat damit die längste Serie aller Klubs.

„Mir sind drei Punkte am Ende wichtiger“

Hoffenheims Cheftrainer Pellegrino Matarazzo

Für TSG-Coach Pellegrino Matarazzo spielt dieser statistische Wert eher eine ungeordnete Rolle: „Mir sind drei Punkte am Ende wichtiger, als die Null bei den Gegentoren“, sagte der 46-jährige Italo-Amerikaner nachdem man in den letzten beiden Partien sieben (!) Gegentreffer hinnehmen musste. Also lieber ein stressiges und nervenaufreibendes 4:3 wie gegen Gladbach, als der minimalste aller Siege, ein 1:0.

„Sie werden uns gegenüber ein hässliches Gesicht in ihrer Spielweise zeigen“

Matarazzo über den Gegner Bochum

Für Matarazzo ist die Vorfreude groß:„Die Stimmung in Bochum ist an einem Freitagabend in einem wahren Hexenkessel ganz besonders. Wir freuen uns darauf. Bochum steht mit dem Rücken zur Wand und ist erstmals auf den Relegationsplatz abgerutscht. Sie werden uns gegenüber ein hässliches Gesicht in ihrer Spielweise zeigen.“

Marius Bülter mit energischem Einsatz beim 3:1-Hinspielerfolg über Bochum. Der Schalke-Zugang befindet sich in einem Dreikampf mit Robert Skov und David Jurasek um die Startposition auf der linken Außenbahn.

Hier ist eine andere Herangehensweise gefordert

Spätestens seit dem enttäuschenden Auftreten in Mainz (1:4), für das die Kraichgauer zurecht reichlich Kritik einstecken mussten, dürfte allen Beteiligten klar sein, dass es gegen Gegner aus den unteren Tabellenregionen, deren Spielweise sich vor allem über Kampf und Einsatz definiert, nur mit voller hundertprozentiger Hingabe geht. Im Vonovia Ruhrstadion erwartet die TSG erneut ein Hexenkessel, spätestens dann, wenn über die Lautsprecher der Klub-Hit „Bochum“ von Herbert Grönemeyer, der einen Teil seiner Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet verbrachte und sein Album „4670 Bochum“ der Stadt gewidmet hat, gesungen aus 25.000 Kehlen ertönt.

800 TSG-Fans begleiten die Mannschaft am Freitagabend nach Bochum

„Wir können nur bestehen, wenn wir dagegenhalten“

Pirmin Schwegler – TSG Hoffenheim

Hoffenheims Leiter für Lizenzfußball und Fußballkooperationen Pirmin Schwegler erwartet einen Abnutzungskampf: „Es ist jetzt wichtig Konstanz für die letzten vier Spiele rein zu bringen. In Bochum geht es ums Gesicht, das wir zeigen. Es wird ähnlich werden wie in Mainz.“ Für den ehemaligen Schweizer Nationalspieler gilt deshalb nur eine Herangehensweise: „Wir können nur bestehen, wenn wir dagegenhalten.“

Grischa Prömel appelliert an die richtige Einstellung seiner Mitspieler in Bochum

„In Bochum wird man sehen, ob wir etwas aus dem Mainz-Spiel gelernt haben“

TSG-Profi Grischa Prömel

Auch Mittelfeldspieler Grischa Prömel weiß um die Schwere der Aufgabe und hofft auf die richtige Einstellung: „In Bochum wird man sehen, ob wir etwas aus dem Mainz-Spiel gelernt haben oder nicht. Dass wir uns gegen spielerische Mannschaften wie Gladbach leichter tun steht außer Frage. Wir hatten in der Vergangenheit eher Probleme mit unbequemen Mannschaften wie Augsburg, Mainz oder Bochum. Ich denke wir sind jetzt besser vorbereitet. Mein Ziel ist in der nächsten Saison international zu spielen. Dafür müssen wir jetzt alles rausholen.“

Für Andrej Kramaric ist die Europa League in weiter Ferne gerückt. Der Kroate glaubt eher an eine Conference League-Teilnahme.

Eher Conference- als Europa-League

Dieses Ziel vor Augen hat auch Mr. Hoffenheim und Rekordtorschütze Andrej Kramaric: „Eine Teilnahme an der Europa League ist bei sechs Punkten Rückstand auf Frankfurt zu viel. Wir wollen am Ende einen Punkt vor Augsburg und Freiburg sein. Platz 7 – 8 ist das realistische Ziel, was eine Qualifikation für die Conference League bedeuten würde.“

„Wir werden Gas geben und alles reinhauen“

Torjäger Andrej Kramaric

Der Kroate, der am vergangenen Spieltag sein 250. Bundesligaspiel für die TSG bestritt, ist richtig heiß auf die internationale Bühne: „Ich hatte in meinen über acht Jahren in Hoffenheim eine tolle Zeit und hoffe jetzt auch in der nächsten Saison hier international zu spielen. Ich hoffe wir schaffen das. Wir werden Gas geben und alles reinhauen, um das zu schaffen.“

Robert Skov (re.) enteilt seinem Bochumer Gegenspieler. Der Däne bekam zuletzt gegen Gladbach den Vorzug auf der linken Außenbahn.

Reibungspunkte im Training setzten eine Gruppendynamik frei

Mit der zurückliegenden Trainingswoche zeigte sich Hoffe-Coach Matarazzo nicht zufrieden: „Wir sind meiner Meinung nach nicht gut in die Trainingswoche gestartet, da gab es gewisse Reibungspunkte. Eine Mannschaft ist ein komplexes Organ, dann kann eine gewisse Gruppendynamik entstehen. Ich habe mein Unverständnis gegenüber den Spielern geäußert.“ Nähere Einzelheiten wollte Rino, trotz Nachfrage, nicht nennen. Vielmehr appellierte er in der Saisonendphase nochmals alles reinzuhauen: „Es sind noch vier Spieltage, es gibt keinen Grund, jetzt nicht jeden Tag alles auf dem Platz zu lassen. Wir entscheiden und für einen Weg und ziehen das gemeinsam durch. Die Reibung hat uns aber gutgetan, denn gestern war eine gute Reaktion zu spüren. Wir sind vorbereitet auf das Spiel morgen, es geht nun darum, es umzusetzen.“

TSG-Coach Pellegrino Matarazzo sprach bei der heutigen Pressekonfenz von Reibungspunkten im Mannschaftstraining zu Beginn der Woche.

„Sie sind in der Lage, eine gegnerische Mannschaft extrem zu stressen“

Matarazzo zur Bochumer Spielweise

Zur taktischen Herangehensweise sagte Matarazzo: „Das Entscheidende wird nicht die Taktik sein, sondern die Entscheidungen, die wir treffen. Ob wir in ihre Stärken reinspielen oder Lösungen finden, unsere Stärken einzubringen. Zudem müssen wir in die direkten Duelle Intensität bringen.“ Durch den Trainerwechsel zu Heiko Butscher hat sich beim Gegner in der Spielweise wenig verändert. Matarazzo: „Die Anlaufstruktur hat sich etwas verändert, aber es geht bei ihnen aktuell darum, Leidenschaft und Energie auf den Platz zu bringen. Sie sind in der Lage, eine gegnerische Mannschaft extrem zu stressen. Wir brauchen Reife, um dagegenzuhalten.“

Für Pavel Kaderabek ist in den noch ausstehenden vier Spielen alles möglich

„Es ist noch alles machbar“

TSG-Profi Pavel Kaderabek

„Es wird für Europa noch ganz eng. Augsburg und Frankfurt haben ein schweres Restprogramm. Wir müssen in den restlichen vier Spielen nochmal alles geben, um hier dabei zu sein. Es ist noch alles machbar“, zeigt sich Hoffenheims Defensivspieler Pavel Kaderabek optimistisch. Der in Sinsheim lebende Tscheche zeigt als Dampfmacher auf der rechten Außenbahn seit Wochen konstant gute Leistungen. Neben seinem Führungstreffer in Mainz verfehlte er zuletzt gegen Mönchengladbach zwei Mal nur knapp das gegnerische Tor.

Die bisherigen Duelle:

Die Bilanz der bisherigen neun Duelle ist bei fünf Bochumer- und vier Hoffenheimer Siegen nahezu ausgeglichen. Geteilt wurden die Punkte bislang noch nie. Die Partie am Freitagabend verspricht auf alle Fälle spannend und emotional zu werden.

 Fotos: Kraichgaufoto

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